Keine erfolgreichen agilen Projekte ohne agile Kollaboration

Von Martin Kropp, Andreas Meier und Stephanie Greiwe In einer Interviewstudie befragte ein Team der Fachhochschule Nordwestschweiz agil arbeitende Unternehmen über Erfolgsfaktoren der Kollaboration und Kommunikation in Agilen Teams. Die Resultate stellten sie hier vor.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2014/07

     

Agile Entwicklung ist mehr als Scrum. Natürlich unterstützt ein klar definiertes Vorgehen nach Scrum die Softwareentwicklung. Für eine erfolgreiche agile Entwicklung sind jedoch verschiedene Kompetenzen auf verschiedenen Ebenen erforderlich. Engineering Praktiken bilden quasi das Fundament der agilen Arbeit und auch Management-Praktiken wie iterative und inkrementelle Entwicklung sind unabdingbar. Zentral für den Erfolg sind jedoch agile Werte wie Vertrauen, Motivation oder Selbstorganisation.


Kommunikation und Kollaboration sind essentielle Bestandteile des Agilen Manifestos, das Individuen und Interaktionen vor Prozesse und Werkzeuge stellt und Zusammenarbeit intern und extern propagiert. Zusammenarbeit und Kultivierung sind denn auch die bevorzugten Organisationskulturen in agilen Teams (Spayed 2010).

Aber wie kommunizieren und arbeiten agile Teams erfolgreich zusammen? Diese Frage stellte eine Interviewstudie, die ein interdisziplinäres Projektteam der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) in der Deutschschweiz durchgeführt hat. Dafür wurden Gruppeninterviews in elf agil arbeitenden Unternehmen durchgeführt und 44 agil arbeitende Mitarbeitende befragt.

Die Auswertung bestätigt: Keine erfolgreichen agilen Projekte ohne agile Kollaboration. Agile Kollaboration bedeutet – wenn irgend möglich – face-to-face, regelmässig und oft, informell und offen und ohne Hierarchien. Zudem sind Fokussierung, Transparenz, Flexibilität und Respekt zentrale Elemente.

Wesentliche Erfolgsfaktoren für die Agile Zusammenarbeit und Kommunikation sind:

• Leute zusammenbringen
• Teams dazu bringen, sich selbst zu organisieren
• Kontinuität realisieren
• Formelle und informelle Meetings fördern
• Informationen transparent gestalten
• Und die geeigneten agilen Zusammenarbeits-
Tools einsetzen

Leute zusammenbringen
Konkret helfen z.B. offen gestaltete Arbeitsräume, Leute zusammenzubringen – und dies zum Arbeiten oder zum Kaffee. Dieses Zusammenbringen wird als förderlich für die Kollaboration und Kommunikation erlebt. Dort, wo dies aufgrund der räumlichen Verteilung des Teams nicht so einfach ist, sollte zumindest versucht werden, die Mitarbeitenden durch Video-Konferenzen, Skype u.ä. in die Daily Stand-ups zu integrieren und regelmässige längere Face-to-Face-Arbeitsphasen zu organisieren.

Teams dazu bringen, sich selbst zu organisieren

Als zentral wird die Selbstorganisation der Teams erlebt, es sollte also im Team keine "hidden leader" geben. Das kann besonders schwer fallen, wenn der Teamleiter auch Mitglied des agilen Teams ist. Gerade dann sollte man darauf achten, dass sich z.B. beim Daily Stand-up die Teammitglieder gegenseitig über den Fortschritt informieren und nicht dem Scrum Master rapportieren.

Kontinuität realisieren
Zur Kontinuität gehört, dass Iteration Planning, Dailys, Reviews und Retrospectives als Standard Meetings etabliert sind, an denen alle Teammitglieder teilnehmen. Diese Meetings sollten fokussiert und möglichst kurz sein. Es hat sich gezeigt, dass die Teams in den verschiedenen Unternehmen durchaus Anpassungen vornehmen und die Meetings entsprechend ihrer Bedürfnisse adaptieren. Eine weitere Erkenntnis: Retrospektiven werden als extrem wertvoll für die kontinuierliche Verbesserung empfunden. An ihnen sollte auch bei länger dauernden Projekten festgehalten werden. Dabei hat es sich bewährt, mit verschiedenen Variationen von Retros zu arbeiten.

Formelle und informelle Meetings fördern

Regelmässige formelle und informelle Meetings sind zentral, damit die kollaborative Arbeit reguliert und begutachtet wird, sei es in klassischen Meetings wie Sprint Planning und Daily Scrum, in multiplen Team-Meetings wie Scrum of Scrum oder technischen Meetings oder User Story Grooming Sessions. Eine klare Agenda und klare Ziele, ein striktes Time Boxing und der Einsatz der richtigen Tools gelten als essentiell. Auch die Meetingstruktur an sich sollte institutionalisiert sein, Entscheidungsträger sollten dabei sein und Entscheidungen nicht aufgeschoben werden.


Informationen transparent gestalten
Informationen sollten transparent und für alle Mitglieder zugänglich sein. Dabei helfen physische Pinnwände oder Whiteboards oder auch digitale Boards. Sie gewährleisten einen unmittelbaren Zugang zu den notwendigen Informationen. Idealerweise können die zentralen Informationen auf einen Blick erfasst werden.

Geeignete agile Zusammenarbeits-Tools einsetzen

Ebenfalls deutlich wurde: Die Palette der agilen Zusammenarbeits-Tools ist sehr umfassend. Sie reicht von physischen Tools über E-Mail, Chat, Instant Messenger, gemeinsamen Laufwerken und Kooperationsplattformen wie Wiki, Confluence und SharePoint bis zu agilen Tools wie Greenhopper und TFS. Wichtig ist, die für das Team und die Aufgaben geeigneten Tools einzusetzen.

Gerade der Einsatz von digitalen agilen Tools wird zum Teil sehr kontrovers betrachtet. Häufig wird er als zusätzlicher Aufwand und Kompromisslösung angesehen. Nach wie vor fehlen geeignete digitale Tools, welche die Kommunikation und Kollaboration von agilen Teams wirklich fördern können. Die FHNW wird deshalb die Erkenntnisse aus der Studie nutzen, um Konzepte und Prototypen für eine Multi-Touch Agile Project Management Plattform weiter voranzutreiben.


Prof. Martin Kropp ist Dozent für Software Engineering, Institut für Mobile und Verteilte Systeme / FHNW; Andreas Meier ist Dozent für Informatik, ZHAW; Stephanie Greiwe ist Wiss. Mitarbeiterin, Hochschule für Wirtschaft FHNW


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