Social-Media-Lösungen für Unternehmen werden von Helpdesks, egal ob unternehmensintern oder durch einen Dienstleister bereitgestellt, immer häufiger als neues Kommunikationsmittel eingesetzt. Dass es sich bei dieser Form von Consumerisierung nicht um eine leere Behauptung von Software-Herstellern handelt, ist schnell erklärt: Es fehlt wie überall in der IT auch beim Support an Geld. Die Service Level Agreements sind bereits seit langem auf Effizienz verdammt, und die Dienstleister unterstehen einem dennoch stetig steigenden enormen Kostendruck. Hinzu kommt, dass die Probleme der Anwender nicht etwa weniger werden, im Gegenteil. Das Support-Aufkommen nimmt stetig zu, was oft zu Überschreitungen der im Liefervertrag vereinbarten Anzahl Tickets führt. In den sauren Apfel beissen müssen jeweils die Helpdesk-Anbieter, deren Kunden nicht bereit sind, die Mehrkosten zu tragen. Nicht selten kommt es für die Anbieter noch dicker: Sie müssen sogar Strafgebühren bezahlen, wenn beispielsweise die Qualität der Tickets aufgrund zu langer Reaktionszeiten nicht wie vereinbart ausfällt.
Die Nachfrage nach sozialen Unternehmensmedien ist deshalb nicht etwa ein herstellergetriebener Hype, sondern kommt vielmehr von den Support-Anbietern selbst. Es ist schlicht und einfach nicht mehr zu bezahlen, dass ein Ticket für Probleme gelöst wird, die durch die Mitarbeiter auch selbst gelöst werden können. Welche Rolle spielt nun die vielzitierte Consumerisierung der IT in Form der sozialen Medien dabei? Es ist heute eine Selbstverständlichkeit, private Fragen im Internet zu klären. Soziale Medien sind hier das Mittel der Wahl, weil die Recherche in statischen Websites zeitaufwendig und oft unbefriedigend ist. Aber anstatt einen Freund um Rat zu bitten, gibt man besser die Frage in eine Suchmaschine ein und findet pfeilschnell eben genau in sozialen Medien wie Blogs, Wikis oder Chat-Foren die erhofften Lösungen. Oder man wirft die Frage bei Facebook in die Runde und hat damit sehr gute Chancen, im Handumdrehen eine Antwort zu bekommen. «Trick 77» liefert heute sehr oft nicht mehr die eigene Mutter, sondern
www.frag-mutti.de.
Kosten runter, Qualität hoch
Bei den gängigen, am häufigsten auftretenden Nutzerproblemen handelt es sich meist aber nicht um solche, die im Internet gelöst werden können. Anmeldeprobleme, Passwortrücksetzung, fehlende Verbindung zum Server oder schwache Performance bei den Anwendungen sind unternehmensinterne Hindernisse, die Mitarbeiter nicht nur von der Arbeit abhalten, sondern auch zu viel Frust führen. Abgesehen davon: Welches Unternehmen ist schon daran interessiert, dass die Mitarbeitenden IT-Probleme in die Welt hinaus posaunen? Probleme aber, die bei Kollegen bereits bekannt sind, beziehungsweise sogar selbst neue und selten auftretende, können in unternehmensinternen Social-Media-Anwendungen aufgeworfen, diskutiert und beantwortet werden. Der Nutzer kommt damit sehr zeitnah zur Lösung und verbraucht obendrein nicht unnötig eines der teuren
Tickets. Der Kostendruck ist mittlerweile so gross, dass ein Helpdesk-Mitarbeiter aus Rentabilitätsgründen in den ersten Sekunden entscheiden muss, ob er das Problem selbst lösen kann oder an den Second-Level-Support weiterreichen muss. Erhält er aber erst gar keinen Anruf wegen einer simplen Frage, kann er mehr qualifiziertere Calls abwickeln. Die positiven Folgen: Die Effizienz wird optimiert, die Kosten gehen runter, und die Qualität der Tickets steigt. Aber rechnet sich die Beschaffung einer entsprechenden Software in der Praxis auch wirklich?
Die Lösung darf nichts kosten
Weder ein Support-Anbieter noch ein CIO mit eigenem Helpdesk sind in der Lage, zusätzliche Kosten für die Beschaffung einer Software zu generieren. Jeder Finanzer wird sagen: «Interessante Idee, die Möglichkeiten der Arbeit mit den bereits bekannten und partiell vertrauten Komponenten aus sozialen Netzwerken auch für den IT-Support mit zu nutzen – klar, mach das. Aber die Kosten dafür müssen durch den laufenden Betrieb gedeckt werden.» Oder kurz gesagt: Es darf nichts kosten. In der Praxis ist das tatsächlich möglich, mehr noch: Initialaufwand, Schulung der Mitarbeiter und Miete der Software eingerechnet, können die Gesamtbetriebskosten um rund zehn Prozent gesenkt werden. Die Erfahrung aus bereits realisierten Projekten hat nämlich gezeigt, dass mit dem Einsatz von sozialen Medien im IT-Support enorm Mitarbeiterressourcen gespart werden können. Denn die Anzahl Calls kann massiv, um bis zu 15 Prozent, eingeschränkt werden, wenn nicht wegen jeder Kleinigkeit angerufen wird. Die Kosten für die Nutzung der Software von 5 bis 10 Franken pro Monat fallen im Vergleich zu den Einsparungsmöglichkeiten verschwindend klein aus. Es spricht also alles für den Einsatz solcher Lösungen im IT-Support. Helpdesk-Anbieter haben auch gar keine Wahl und müssen von veralteten Helpdesk-Lösungen mit Entscheidungsbäumen und Ordner-Strukturen Abschied nehmen. Egal ob der Helpdesk intern bereitgestellt oder der Support von einem Lieferanten kommt, der Kostendruck ist zu gross – weil mehr Tickets gelöst als budgetiert werden, braucht es ganz einfach neue Lösungen.
Einsatz unausweichlich
Das Naheliegendste sind zusätzliche Kanäle, die modernes Wissensmanagement einbeziehen und so gut wie gratis im Einsatz sind. Mittlerweile ist es bereits so, dass Unternehmen von Anbietern verlangen, vermehrt auch mit Komponenten der sozialen Netzwerke zu arbeiten. Diese lassen sich schliesslich auch firmenübergreifend einsetzen, so dass den Mitarbeitenden der Kunden auch Antworten von komplexeren Fragen zugänglich sind und sie im Idealfall auch hierfür kein Ticket lösen müssen. Der durch das Internet ermöglichte und sehr wertvolle Wissenstransfer ist definitiv auch im IT-Support angekommen, so dass sich die Frustrationsrate der Nutzer infolge endlos langer Warteschleifen und der Arbeitszeitverlust – Supporter garantieren im Normalfall eine Lösungszeit innerhalb von 12 Stunden – deutlich senken lassen. Daher spricht alles für den Einsatz von sozialen Medien im Support, sonst würden nach aktuellen Einschätzungen nicht bereits heute, seit Aufkommen des Themas im letzten Jahr, ein Drittel der Helpdesks mit entsprechenden Lösungen arbeiten und 70 Prozent über eine Einführung in den nächsten paar Jahren nachdenken.
Bei der hohen Fluktuation in den Callcentern und dem bisher sträflich vernachlässigten Know-how-Transfer bei Abgängen – jeder muss erst wieder neu herausfinden, wie das geht – auf die vielen Vorteile des Mediums nicht zurückzugreifen, wäre sträflich. Der Durchbruch zur Stufe «Zerolevel zum Nullpreis» mit sozialen Medien beim IT-Support für Unternehmen aller Branchen und ab rund 500 Mitarbeitenden hat bereits begonnen und lässt sich nicht mehr aufhalten. Und was sich bei solch mittelgrossen Unternehmen durchsetzt, lässt meist auch in kleineren Firmen nicht lange auf sich warten.
Roland Zeilbeck ist als Social Collaboration Expert DACH bei Atos zuständig für die hauseigene Social-Media-Software Bluekiwi, die bei Atos selbst im Einsatz ist. Die Lösung ist wichtigster Bestandteil der Zero-E-Mail-Strategie des Unternehmens, mit welcher der interne E-Mail-Verkehr in Firmen reduziert und so der Wissenstransfer verbessert und Kommunikationsabläufe effizienter gestaltet werden sollen.