Sich dynamisch verändernde Marktanforderungen an Unternehmen reduzieren sich schon längst nicht mehr nur auf branchen- oder produktionsspezifische Herausforderungen. Zunehmend werden gerade auch Optimierungen in der ICT zu einem strategischen Vorteil im Markt und haben das Potential, dass sich KMU einen Vorsprung verschaffen können. Entsprechend befindet sich auch die ICT in KMU in einem dynamischen Wandel und in einem stetigen Zustand strategischer Transformation.
Um für diese Veränderung gerüstet zu sein, braucht es eine durchdachte und langfristige Betrachtung sowie eine von der Firmenstrategie abgeleitete ICT-Planung. Ein Teilaspekt dieser Strategie muss auch der gesamte IT-Support-Prozess mit Komponenten wie Service Level Agreements (SLA) und Supportorganisation sein, gehört Support doch zu einem grundlegenden Aspekt der ICT.
Tatsache ist allerdings, dass sich die Support-Strategie in vielen KMU darauf beschränkt, definiert zu haben, welcher interne Mitarbeiter sich zwischendurch und so gut er es kann um die ICT kümmert. Der interne ICT-Ansprechpartner, der sich neben seinen Hauptaufgaben und Kernkompetenzen semiprofessionell mit den Firmen-Systemen beschäftigt (teilweise sogar ausserhalb der Arbeitszeit), hat sich über Jahrzehnte in vielen Firmen zum Standard gemausert. Doch dieser Standard reicht aufgrund der Komplexität der Anforderungen, Schnittstellen, Systemabhängigkeiten und Verfügbarkeiten gepaart mit den extrem schnellen Lebenszyklen von neuen Technologien, Clouds und Produkte-Versionen zunehmend nicht mehr aus. ICT ist kein «Nebenbei-Job» mehr, auch nicht in kleineren Firmen. Denn die Halbwertzeit von ICT-Wissen wird immer kürzer, und es ist heute praktisch unmöglich, mit einem internen Teilpensum nebenbei und vor allem ohne externe Erfahrungen mitzuhalten. Gerade diese Quer-Erfahrung, das Generalisten-Wissen von anderen Organisationen und anderen Systemen, ist ein wichtiger Faktor für die Weiterentwicklung einer ICT-Landschaft. Ebenfalls kritisch ist der meist gegebene Umstand, dass der Teilzeit-ICT-Supporter noch nie oder zumindest nur sehr selten beispielsweise echte Business-Recovery-Vorfälle und Komplett-Ausfälle lösen musste und ihm darum das Wissen und die Erfahrung fehlt, wie er mit solchen Situationen umgehen muss.
Ein-Mann-Support ist nicht zukunftsgerichtet
Es gibt aus der Entwicklung dieses einleitend beschriebenen, lange Jahre (mitunter bisher auch gut) funktionierenden Systems einige branchen-bekannte Typologie-Bezeichnungen, beispielsweise den «Turnschuh-Supporter, welcher von Baustelle zu Baustelle rennt», oder das «Hey-Joe-Prinzip». Das «Hey-Joe-Prinzip» beschreibt die meist negativen Auswirkungen der gutgemeinten, im IT-Support aber problematischen «Nachbarschaftshilfe» – auch als Peer Support bekannt. Dabei erbittet der Anwender Hilfe für eine Problemlösung über eine inoffizielle Anfrage in seinem firmeninternen Mitarbeiter-Kreis, anstatt den eigentlich dafür vorgesehenen internen oder externen Service Desk zu kontaktieren. Er umgeht damit also den vorgesehenen Support-Prozess, und in einer Gesamtkosten-Betrachtung lässt sich meist nachweisen, dass dieser IT-Support auf Zuruf teuer, nicht immer nachhaltig und vor allem nicht kostentransparent ist.
Dass es diese Art von Support überhaupt noch gibt, liegt zum einen in der verdankenswerten Hilfsbereitschaft der IT-Mitarbeiter beziehungsweise der Personen, die sich nebenbei um die IT kümmern. Zum anderen wurden diese Personen über Jahre hinweg von der Führungsebene auch entsprechend beauftragt, und die so entstandene Support-
Organisation, die mitunter zu einer fahrlässigen Ein-Personen-Abhängigkeit führt, wurde auch seitens dieser Führungsebene, aber auch den Kontrollorganen wie dem Verwaltungsrat, dem Controlling oder einem Internem Kontrollsystem (IKS) mit halb-verschlossenen Augen geduldet.
Die Liste der Probleme, die aus einer solchen «Support-Strategie» resultieren können, ist lang. Der gute Joe kämpft mit Terminkollisionen aufgrund seiner anderen Aufgaben und Projekte, bekundet zunehmend Zeitprobleme, die entsprechende Dokumentation und den Know-how-Transfer aufrechtzuerhalten oder implementiert Workarounds und betreibt Symptombekämpfung anstelle von Ursachenbehebung. Und wendet sich die Firma mit den gerade drängenden IT-Problemen dann auch noch während der Freizeit, dem Wochenende und der Ferienzeit an die Ein-Person-Supportorganisation, drohen irgendwann eine dann auch systemtechnisch spürbare Demotivation oder im schlimmsten Fall gar eine Erschöpfungs-Depression. Doch es muss noch nicht einmal so weit kommen. Allein schon eine Kündigung oder der altersbedingte Abgang des Ein-Mann-Supports ohne eine saubere Übergabe des Know-hows und der Dokumentationen kann ein so organsiertes KMU in arge Nöte bringen. Denn die Chance, auf dem ausgetrockneten Markt einen passenden Mitarbeiter zu finden, der auch noch bereit und flexibel genug ist, solche Teilbereichsaufgaben kompetent zu übernehmen, dürfte mehr als nur schwierig werden.
Dass eine solche Support-Organisation nicht zukunftsgerichtet und schon gar nicht strategisch ist, dürfte somit klar sein. Die Lösung in einem solchen Szenario lautet, auf einen externen ICT-Dienstleister zu setzen, der die umfassende Betreuung und das Coaching übernimmt und der sowohl eine Compliance- als auch Controlling-taugliche Hilfestellung bietet. Allerdings bringt das Hinzuziehen eines ICT-Dienstleisters auch neue Herausforderungen und Basis-Vorarbeiten mit sich.
Gemeinsam Fachwissen konsolidieren
Die Agilität und die grosse Einsatzbereitschaft des internen Teilzeit-
ICT-Supports war bemerkenswert und jahrelang eine wertvolle ICT-Rückversicherung im KMU. Nach dem Entscheid für einen externen Dienstleister muss es zuerst also darum gehen, gemeinsam das mächtige interne Fachwissen zu konsolidieren und in zukunftssichere ICT-Prozesse sowie in intern/extern aufgeteilte ICT-Supportorganisationen weiterzuentwickeln. Dieser Prozess hat den Vorteil, dass die Erfahrungswerte aus der internen und externen Sicht mit gemeinsamen Interessen zu massgeschneiderten Support-Organisationen und Lösungs-Ansätzen nach dem «Best Practices»-Prinzip führen. Wichtig dabei ist, die Ziele nicht zu hoch anzusetzen. Es muss in KMU-Organisationen nicht immer gleich von ITIL, COBIT und so weiter gesprochen werden, sondern es können durchaus auch adaptierte und bewährte Ansätze übernommen werden, die dann KMU-tauglich weiterentwickelt werden können.
Durch diese neu entstehenden Partnerschaften oder ganz anders gestalteten ICT-Supportorganisationen entsteht eine komplett neu ausgerichtete Basis für vorher schwer realisierbare ICT-Anforderungen wie beispielsweise (Hybrid)-Cloud-Umgebungen, mobile Arbeitsplätze und Home Office, Bring-your-own-Device (BYOD)-Ansätze, People Centric IT (PCIT), Single Sign On, Consumerization oder Identity Management. Und es können andere Wege begangen werden – etwa bei der Gewaltentrennung, beim Datenschutz und der Datenhoheit, im Bereich Schulung oder ganz generell auch beim Know-how-Transfer.
Die Prozessmessbarkeit in einer solchen Reorganisation und Transformation ist zudem ein weiterer Faktor einer solchen Konzeption, in der quasi das «Beste von Allem» oder «Best out of the Clouds» übernommen wird. Dass durch eine solche Gesamtlösung mit internem und externem Fachwissen beispielsweise auch die zunehmend strategische System-Migrationstauglichkeit und die Homogenisierung bei optimierter Standardisierung für eine künftige Transformations-Flexibilität ermöglicht wird, liegt auf der Hand und ist ein weiterer entscheidender Vorteil in einer längerfristigen Strategie unter der Wahrung der optimierten Anbieter-Unabhängigkeit.
Externe Hilfe schafft Perspektive
Die Entscheidung über eine solche Support-Reorganisation ist natürlich immer auch eine Frage nach der Perspektive. Fakt ist, dass die zunehmend regulatorischen oder branchenüblichen Anforderungen – Stichworte sind hier Behörden, Revision, Audit, Verwaltungsrat, Führung, Internes Kontrollsystem (IKS), Cobit oder ITIL – immer mehr Prozessoptimierungen bei Risikominimierungen verlangen, und dass diese vielfach bei KMU ohnehin nur noch mit externer Teil- oder Vollunterstützung abdeckbar sind. Aber auch abgesehen davon: Langjährige Erfahrungen aus der Praxis zeigen eindeutig den Nutzen und vor allem auch das Innovations-Potential solcher extern unterstützten Support-Organisationsformen bei KMU. Dies allein schon aufgrund der dadurch zurückgewonnenen Konzentration auf das Kernbusiness, was unter anderem nachvollziehbar die Gesamtkosten reduziert und letztlich auch Wettbewerbsvorteile generiert.
Viele KMU – zwingend gestützt durch die Führungsebene – packen zunehmend diese Chance, durch Transformation auch zu neuen Innovationen und erweiterter Business-Unterstützung durch ICT zu gelangen. Dass dabei die betriebswirtschaftlichen Aspekte bezüglich budgetierbaren Kosten, Prozess-Messgrössen bezüglich Qualität, Mitarbeiterzufriedenheit mit der ICT und tiefe Kapitalbindung positiv sind, sind weitere Kriterien, die für den Entscheid einer partnerschaftlichen Verbindung mit einem externen ICT-Dienstleister sprechen.
Fridel Rickenbacher ist Mitgründer, Partner und Verwaltungsrat der MIT-Group, einem Totalunternehmen für Informations- und Kommunikationsmanagement.