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Editorial

Editorial: Entscheid zwischen Funktionalität und Design


Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2014/04

     

Am Anfang vielleicht noch belächelt, sind etablierte Hardwarehersteller, aber auch zahlreiche Start-ups nach der Ankündigung von Google Glass ebenfalls auf den Wearable-Devices-Zug aufgesprungen – wohl auch aus Angst, den Anschluss zu verpassen (Apples iPhone lässt grüssen) – und propagieren die tragbare Technologie als das nächste grosse Ding. So sollen etwa Datenbrillen oder Armbanduhren mit Handy-Funk- tionalität als Alternative zum gesättigten Smartphone-Markt positioniert werden und die Konkurrenz in die Schranken weisen.

Doch werden die Wearable Devices tatsächlich erfolgreich sein und sich dauerhaft und vor allem im Massenmarkt etablieren? Ich wage es zu bezweifeln, sind in Vergangenheit doch bereits erste Versuche in diese Richtung kläglich gescheitert – man denke etwa an die vor rund zwei Jahren lancierte Sport-Smartwatch Moto- ACTV von Motorola, die ebenso rasch wieder in der Versenkung verschwand wie sie auftauchte. Und sind wir doch ehrlich: Was bislang an tragbarer Technologie gezeigt wurde, mochte vielleicht von der Funktionalität her bis zu einem gewissen Grad zu überzeugen, aber sicher nicht bezüglich Design. Für mich jedoch sind gerade Armbanduhren oder -bänder primär Schmuckstücke, mit denen ich mich zu Dekorationszwecken behänge und von denen ich praktischerweise auch noch die Zeit ablesen kann. Ich habe also einen gewissen Anspruch an das Aussehen solcher Accessoires – sie müssen mir gefallen.

Auf einem guten Weg ist hier Google, das anscheinend erkannt hat, dass nicht nur die Funktionalität bei einem solchen Gadget zählt und künftig mit dem italienischen Brillen-Hersteller Luxottica – bekannt für seine Ray-Ban- und Oakley-Brillen – zusammenarbeiten will. Denn die Masse wird eine smarte Uhr nicht primär aufgrund ihrer Funktionalität oder der neuesten darin verbauten Technologie kaufen. Hässliche Uhren werden folglich auch künftig Ladenhüter bleiben und nicht getragen werden – egal wie viele Funktionen sie beinhalten. Auch hier lässt Apples iPhone grüssen. Aber auch mit tollem Design wage ich zu bezweifeln, dass Datenbrillen wie etwa Google Glass je etwas für den Massenmarkt sein werden. Am ehesten sehe ich noch Potential für den Einsatz in spezifischen Bereichen. So eignen sich die Brillen vielleicht für Menschen, die für ihre Arbeit freie Hände brauchen, gleichzeitig aber auch auf Informationen aus dem Computer zugreifen müssen. Oder aber für gewisse Einsatzgebiete im Sport. Ein Mountainbiker könnte damit etwa die gefahrene Strecke via GPS erfassen, erfahren, wie viele Kilometer oder Höhenmeter er hinter sich gebracht hat und im Notfall, wenn er sich verirrt hat, herausfinden, wo er sich gerade befindet. Solange er aber auch noch ein Smartphone zur Smartwatch mitführen muss, damit die Uhr funktioniert, bleibt dieses Szenario noch Zukunftsmusik.

Und schliesslich drängt sich mir die Frage auf, ob eine noch engere Verbindung von Mensch und Computer wirklich notwendig ist. Bereits jetzt gehören Gadgets wie Smartphones oder Tablets zu unseren ständigen Begleitern. Doch noch können wir sie bei Bedarf jederzeit beiseite legen und ignorieren. Mit einer Uhr am Handgelenk oder einer – gar noch korrigierten – Brille ist die Verknüpfung enger. Zudem lassen sich gewisse Datenschutz-Einwände nicht von der Hand weisen. Will ich tatsächlich eine Uhr, die sämtliche Vitaldaten wie den Blutdruck und in Zukunft vielleicht sogar gar den aktuellen Körperfettanteil oder Blutalkoholwert speichert? Und was passiert mit diesen Daten, wenn sie in die Hände meiner Krankenkasse gelangen? Wie stellen die Hersteller also sicher, dass meine irgendwo in der Cloud gelagerten Daten auch tatsächlich sicher sind?
Für mich sind das eindeutig zu viele Punkte, die gegen Wearable Devices als das nächste grosse Ding für die Massen sprechen. Aber ich lasse mich gerne eines Besseren belehren.
(abr)


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