Mobile Business für den VR
Quelle: Sherpany

Mobile Business für den VR

Von Luzius Rickenbacher

Verwaltungsräte wollen einen flexiblen Datenzugriff. Das Extranet ist auf den ersten Blick die naheliegende Lösung. Als Alternative etablieren sich aber vermehrt Board-Portale.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2014/03

     

Die Sitzungsunterlagen für die Unternehmensführung sind in den letzten Jahren immer umfangreicher geworden. Durch Powerpoint-Präsentation mit 30 bis 50 Seiten pro Traktandum und einem Anhang, der nochmals zwei bis dreimal so gross ist, umfasst eine Verwaltungsratssitzung schnell einige hundert Seiten.
Obschon die Durchdringung der IT in allen möglichen Unternehmensprozessen stark fortgeschritten ist, hat die Digitalisierung bislang vor dem Verwaltungsrat halt gemacht. Heute drucken noch viele Firmen die Unterlagen wenige Tage vor einer Sitzung mit grossem Zeitaufwand aus. Das Generalsekretariat stellt die Sitzungsunterlagen in Bundesordner zusammen und stellt diese den Verwaltungsräten kurzfristig via Kurier zu. Es liegt auf der Hand, dass dies weder besonders effizient noch zeitgerecht ist. Zudem sind Mobilgeräte wie etwa Tablets immer mehr verbreitet. Vor allem bei Führungskräften erfreuen sie sich grosser Beliebtheit. Tablets sind leicht handhabbar und perfekt geeignet, Dokumente mobil zu lesen und zu bearbeiten. Immer mehr Verwaltungsräte äussern deshalb den Wunsch, diese Mobilgeräte in ihren beruflichen Alltag zu integrieren. Sie wollen die Unterlagen digital erhalten. Für das Generalsekretariat eine optimale Chance, um der zunehmenden Papierflut Herr zu werden.

Gleichzeitig versendet das Generalsekretariat die Unterlagen für Sitzungen auch per E-Mail. Dabei verwenden die einzelnen Verwaltungsräte oft keine Firmen-Domains oder lassen sich diese auf private E-Mail-Konten bei GMX oder Gmail weiterleiten. Dieses Verfahren kann die Datenvertraulichkeit der Verwaltungsratsdokumente nicht gewährleisten. Der Versuch, die E-Mail-Anhänge mittels Verschlüsselung und passwortgeschützten ZIP-Files zu sichern, scheitert, weil es auf der Empfängerseite für Verwaltungsräte zu wenig einfach und benutzerfreundlich ist.

Warum nicht ein Extranet für die Verwaltungsräte?


Im ersten Moment kommt meistens die Idee auf, die bestehende IT-Infrastruktur zu erweitern und dem Generalsekretär und den Verwaltungsräten einen dezidierten Bereich des Extranets zur Verfügung zu stellen. In der Vergangenheit hat sich jedoch gezeigt, dass erweiterte Extranets nicht den Bedürfnissen der Unternehmensführung entsprechen. Während das Extranet mit seiner firmeneigenen IT- und Serverinfrastruktur auf die Kollaboration zwischen operativen Mitarbeitern ausgelegt ist, bietet es den Verwaltungsräten nicht die Funktionalität, die diese in ihrem Arbeitsprozess brauchen.
Sinnigerweise bietet ein Portal bereits dem Generalsekretär Unterstützung beim Erstellen eines Meetings und dem Zusammenstellen der Sitzungsunterlagen. Zudem unterstützt es den Verwaltungsrat in seinen Bedürfnissen: Er möchte die Sitzungsunterlagen einfach beziehen können, egal wo er sich auf der Welt befindet, und sich schnell und einfach auf die nächste Sitzung vorbereiten. Das heisst, er will die Unterlagen elektronisch lesen, diese mit Notizen versehen und wichtige Textpassagen markieren können. Zudem soll das Portal Zugriff auf vergangene Unterlagen bieten, die dank einer automatisierten Suche schnell gefunden werden können. Gefragt ist daher eine Applikation, die den ganzen Prozess einer Sitzung abbildet.

Die VR-Lösungen, die auf einem erweiterten Intranet basieren, fokussieren normalerweise lediglich auf den sicheren Zugriff von Unterlagen und vernachlässigen die vor und nachgelagerten Prozesse, wie die Sitzungserstellung durch den Generalsekretär und die Sitzungsvorbereitung durch die VR-Mitglieder sowie die eigentliche Durchführung der Sitzung. Erweitert man den Fokusbereich auf die vor- und nachgelagerten Prozesse, steigt die Komplexität. Einfachheit und die intuitive Handhabung einer Lösung sind aber gerade bei Verwaltungsräten wichtig, da von ihnen nicht erwartet werden kann, dass sie sich die Zeit nehmen, eine komplizierte Software zu lernen. Ist die Lösung nicht VR-freundlich genug, ist deren Akzeptanz gering.
Deshalb haben sich in den letzten Jahren einige Anbieter von Board-Portalen bewährt, die heute eine valable und sehr sichere Alternative zu einem Extranet bieten. Dabei werden exakt die Bedürfnisse und die Sitzungsprozesse von Generalsekretären und Verwaltungsräten abgedeckt.

Unabhängig von Client-Software und Unternehmens-IT

Ein Board-Portal ist ein sicherer Datenraum, auf dem Sitzungsunterlagen abgelegt werden können. Diese Daten können dann weltweit via Web-Oberfläche oder Apps abgerufen werden. Der Generalsekretär lädt die Sitzungsunterlagen auf das Board-Portal. Hierauf können diese durch den einzelnen Verwaltungsrat in Form eines individualisierten Board-Books auf seinem Endgerät abgerufen werden. Gibt es an einem Dokument kurzfristig eine Änderung, so wird dieses einfach ersetzt, so dass alle Verwaltungsräte immer die neueste Version haben. Ein Board-Portal dient ebenfalls als Archiv für Protokolle und alte Sitzungsunterlagen. Dank der Volltextsuche und Labels können Dokumente zu einem späteren Zeitpunkt schnell durchforstet und rasch gefunden werden.
Der Zugang zum Board-Portal kann zentral vom Kunden selbst administriert werden und erlaubt das Abbilden von kundenseitigen Strukturen wie zum Beispiel dem Audit Committee oder dem Compensation Committee. So können Inhalte den Benutzern nach Komitee-Zugehörigkeit zur Verfügung gestellt werden. Die Benutzersteuerung funktioniert auch unabhängig vom firmeneigenen Active Directory, so dass auch Personen aufgeschaltet werden können, die keinen Zugang zur Firmen-IT-
Infrastruktur haben.

Tablet-Unterstützung für den mobilen Verwaltungsrat


Seit dem Siegeszug von Apples iPad haben auch Tablets in den beruflichen Alltag Einzug gehalten. Aufgrund dieser Verbreitung ist eine sinnvolle Tablet-Unterstützung seitens aller Board-Portale üblich. So können die Benutzer eines Board-Portals die Dokumente und Sitzungsunterlagen direkt auf dem Tablet herunterladen und sich darauf direkt für die Sitzung vorbereiten, indem sie die Sitzungsunterlagen mit Handnotizen versehen und sich wichtige Textpassagen anstreichen können. Da die Dokumente auch offline verfügbar sind, kann das Tablet zum Beispiel noch kurz vor dem Flug oder der Zugsreise synchronisiert werden, so dass die neuesten Dokumente auch unterwegs gelesen und bearbeitet werden können. Bei einzelnen Produkten wird sogar Unterstützung bei Telefonkonferenzen angeboten, sodass man innerhalb eines Dokumentes immer sieht, auf welcher Seite sich der Gesprächspartner gerade befindet.

Sicherheit auf E-Banking-Standards


Verwaltungsratsdokumente enthalten häufig sehr sensitive Informationen, die speziell geschützt werden müssen. Deshalb entspricht die Sicherheitsarchitektur eines Board-Portals in punkto verschlüsselte Datenspeicherung und -Übertragung sowie Benutzerauthentifizierung jener von E-Banking-Lösungen. Üblich ist eine Zwei-Weg-Authentifizierung, einerseits über Benutzername und Passwort und andererseits über einen SMS-Code auf das Mobiltelefon. Aber nicht nur der Zugang zu einem Board-Portal wird speziell geschützt, sondern auch die Daten selbst. So können Dokumente durch den Administrator ganz einfach mit einem personalisierten Wasserzeichen versehen werden oder der Ausdruck kann sogar komplett deaktiviert werden. Dadurch kann für spezifische Dokumente verhindert werden, dass Hardcopys erstellt werden. Zudem wird auf einem Board-Portal jede Aktion protokolliert. So kann ein Administrator zu einem späteren Zeitpunkt genau feststellen, wer wann welche Dokumente heruntergeladen, geöffnet oder auch ausgedruckt hat. Diese saubere nachträgliche Überprüfbarkeit wird vor allem seitens Buchprüfungsgesellschaften gerne gesehen.

Server-Standort bestimmt anwendbares Recht

Bei der Auswahl eines Board-Portals sollte nicht nur auf den Funktionsumfang geachtet werden, sondern ebenfalls auf den Standort der Server. Spätestens seit den Abhöraktivitäten durch die National Security Agency (NSA) ist bekannt, dass die NSA auf ausländische Kundendaten von amerikanischen Konzernen wie Google oder AT&T zugreifen kann, ohne dass eine Straftat vorliegen muss. Um dieses Einfallstor für die Wirtschaftsspionage zu schliessen, ist es ratsam, einen Anbieter mit Sitz und Infrastruktur in der Schweiz zu wählen. Damit wird zwar nicht zwingend die technische Sicherheit erhöht, zumindest aber die rechtliche Berechenbarkeit, weil ausschliesslich Schweizer Recht auf die Daten Anwendung findet. Zudem sind die inländischen Behörden kalkulierbarer.

Einfache Implementierung eines Board-Portals


Die meisten Board-Portale werden als Software as a Service (SaaS) angeboten. Dies setzt bei der Einführung keine Implementierung und Veränderungen in der kundenseitigen IT-Infrastruktur voraus. Die eigenständige Wartung und Benutzerbetreuung entfällt für den Kunden ebenfalls. Ein seriöser Anbieter wird sich zudem regelmässig externen Sicherheitskontrollen unterziehen, die einen Penetrationstest der Infrastruktur des Anbieters durch eine professionelle Sicherheitsfirma umfassen.
Im Vergleich dazu ist das Bereitstellen eines eigenen Extranets deutlich aufwendiger: Zu Beginn müssen Server, Netzwerk und Software installiert und konfiguriert, die Veränderungen dokumentiert und die Benutzer geschult werden. Zudem muss im operativen Betrieb der First Level Support und eine regelmässige Wartung sichergestellt werden. Bei einem Board-Portal übernimmt das alles der Anbieter für den Kunden. Hierbei kann der Anbieter dank der Skalierung mit anderen Kunden meist eine bessere Qualität bieten.

Einige Anbieter auf dem Schweizer Markt

• Sherpany Boardroom: Gemäss IFZ-Umfrage das meistverwendete Board-Portal in der Schweiz mit schweizerischer Serverinfrastruktur
• Brainloop: Weite Verbreitung in Deutschland und der Schweiz mit einer Serverinfrastruktur in beiden Ländern
• Swisscom Trustroom: Dritter nationaler Anbieter mit lokaler Infrastruktur
• Dilligent Boardbook: Quasi die Erfinder von Board-Portalen mit weltweit vielen Abnehmern, jedoch ohne Schweizer Infrastruktur
Die meisten Anbieter ermöglichen zeitlich beschränkte Testzugänge. Eine detaillierte Übersicht über zahlreiche Anbieter gibt es auf www.vr-wissen.ch.

Kommentare
Wo kann die oben benannte IFZ-Umfrage eingesehen werden? Gruss Fabio
Freitag, 21. März 2014, Fabio Izzo



Artikel kommentieren
Kommentare werden vor der Freischaltung durch die Redaktion geprüft.

Anti-Spam-Frage: Wie hiess im Märchen die Schwester von Hänsel?
GOLD SPONSOREN
SPONSOREN & PARTNER