Beschaffung - ein Thema für sich
Quelle: Swiss ICT Magazin

Beschaffung - ein Thema für sich

Von Marc Leutenegger

Was zeichnet eine gute Ausschreibung von IT-Projekten der öffentlichen Hand aus? Welche Leitsätze helfen? Ein Diskussionsbeitrag über agile Beschaffung.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2013/12

     

In letzter Zeit sind erneut IT Projekte der öffentlichen Hand in die Schlagzeilen geraten, was das Thema der Beschaffung nach wie vor aktuell macht. Die 2. IT-Beschaffungskonferenz (mitorganisiert von swissICT) vom August 2013 hat auch gezeigt, wie gross das Interesse am Thema IT-Beschaffung in der öffentlichen Hand ist. An der Konferenz wurden die ersten Resultate der Arbeitsgruppe «Agile Beschaffung» von swissICT präsentiert und Beschaffer konnten mit Anbietern auf neutralem Boden über Themen diskutieren wie «Was macht eine gute Ausschreibung aus».
Es zeigte sich: Gerade bei WTO-Ausschreibungen mit kleinem Volumen ist der Verfahrensaufwand auf beiden Seiten enorm gross. Entsprechend müssen Anbieter die Chancen auf Erfolg jeweils genau abschätzen können. Es zeigte sich ebenfalls, dass die Gestaltung der Bewertungskriterien für beide Seiten von grossem Interesse ist.

Perspektiven einer Ausschreibung


Der Einkäufer benötigt im Rahmen der Ausschreibung eine messbare Beurteilung der Angebote, zum Beispiel in Form einer Checkliste. Zusätzlich pocht der Jurist auf eine klare Grundlage für einen künftigen Vertrag. Die Fachabteilung hingegen hat den Bedarf, möglichst viel Gestaltungsfreiraum zu haben und will bei der Lösungsfindung respektive -realisierung involviert sein.
Zu guter Letzt die Interessen des Anbieters: Er benötigt eine Ausschreibung, in welcher klar ersichtlich ist, was gefordert wird. Gleichzeitig ist für ihn auch die Nach-
vollziehbarkeit des Entscheids durch die Beschaffungsstelle, die Mitwirkung des Auftraggebers im Projekt und eine klare Abgrenzung notwendig.
Diese Perspektiven muss das Lastenheft abdecken.

Was ich will, muss ich beschreiben


Entscheidend ist also, wie das Vorhaben vor der Beschaffung gestartet wird. In der Schweiz wird meist der Begriff des «Pflichtenhefts» als Synonym für sowohl das Lastenheft, als auch das Pflichtenheft verwendet. Doch ist eine Unterscheidung der Inhalte der beiden Dokumente erforderlich: Im Lastenheft wird das «WAS» und im Pflichtenheft das «WIE» beschrieben. Anhand des «WAS» werden die Bewertungskriterien für den Beschaffungsgegenstand definiert. Des Weiteren schaffen gute Bewertungskriterien eine transparente Grundlage für die Beurteilung der Angebote.
Eine Priorisierung des «WAS» ist für den Beschaffenden von Nutzen wenn es darum geht, Wichtiges von Unwichtigem zu trennen (s. Abbildung 1).
Das «WIE» wird in einer ersten groben Form durch den Anbieter im Angebot beschrieben. So bekommt der Beschaffer ein Bild, wie der Anbieter das «WAS» lösen will und kann anhand seiner Bewertungskriterien entscheiden.

Leitsätze eines guten Lastenhefts


Als Fazit lassen sich vier Leitsätze für ein gutes Lastenheft festhalten:
1. Beschaffen heisst Entscheiden.
2. Entscheiden heisst, eine klare Entscheidungsgrundlage zu haben, indem ich beschreibe «WAS» ich will.
3. Bei Projektstart kann nicht alles im Detail beschrieben werden, deshalb erstellt der Lieferant nach dem Zuschlag ein Pflichtenheft, welches mit dem Auftraggeber abgesprochen ist.
4. Auf Änderungen reagiere ich flexibel. Die Priorisierung hilft mir.
Nur wenn diese Leitsätze eingehalten werden, kann zu einem späteren Zeitpunkt auch mit einer agilen Vorgehensweise entwickelt werden (Abbildung 2).

Leitfaden geplant

Die Arbeitsgruppe «IT Beschaffung» hat sich im November neu formiert und arbeitet am Leitfaden für agile Beschaffung. Dieser soll 2014 unter dem Patronat von swissICT publiziert werden.


Marc Leutenegger ist Mitglied der AG «IT Beschaffung» und Geschäftsführer der Ximiq AG



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