Sei es bei der Kartenzahlung an der Supermarktkasse, einem Aktienkauf oder bei der Börsenberichterstattung im Fernsehen: Fast jedermann konsumiert täglich Dienstleistungen von SIX, vielfach ohne es überhaupt zu wissen. Das Unternehmen SIX, das im Besitz von 150 nationalen und internationalen Finanzinstituten ist, erbringt Dienstleistungen rund um den Wertschriftenhandel, die Aufbereitung von Finanzinformationen und den bargeldlosen Zahlungsverkehr. Dazu gehören der Betrieb, die Regulierung und die Überwachung des elektronischen Börsenhandels sowie die Berechnung von Indizes. Weiter stellt SIX die dem Handel nachgelagerte Abwicklung und Verwahrung von Wertschriften sowie den Vertrieb von Referenz- und Marktdaten sicher. Die Verarbeitungsprozesse rund um die Herausgabe und Akzeptanz von Kredit- und Debitkarten, die Abwicklung von elektronischen Rechnungen sowie der Interbank-Zahlungsverkehr in Schweizer Franken und Euro gehören ebenfalls zum Dienstleistungsportfolio. Täglich verarbeitet SIX im Durchschnitt sieben Millionen Kartenzahlungen und 160’000 Börsenabschlüsse. Im Rechenzentrum werden pro Tag 73 Terabyte an Backup-Daten gespeichert.
Vom Kochherd bis zum Notstrom
Ein Ausfall des Rechenzentrums von SIX hätte verheerende Folgen für die Schweizer Wirtschaft. Entsprechend sind die Systeme mehrfach gesichert. Herr über die Infrastrukturprojekte der Rechenzentren bei SIX ist Thomas Frei. Der gelernte Elektrozeichner und dipl. Gebäudetechniker sorgt als Head Maintenance dafür, dass die Infrastrukturprojekte optimal ablaufen. «Seit dem Bau der Liegenschaft vor 23 Jahren ist es zu keinem nennenswerten Ausfall gekommen», erklärt Frei.
Unter der Verantwortung von Frei und seinem Team steht nicht nur die Infrastruktur des Rechenzentrums, das bei SIX an der Hardturmstrasse in Zürich mehrere tausend Quadratmeter Fläche einnimmt: «Vom Ersatz eines Kochherds über eine neue Kälte-Anlage bis hin zur Notstromversorgung verantwortet unser Team Projekte bei SIX. Die Kosten variieren von ein paar Tausend Franken bis hin zu Millionen.»
Neue Kältemaschinen
In den letzten Jahren wurde in die Kältetechnik des Gebäudes investiert. Die neuen Kältemaschinen kommen sowohl der Büroraumklimatisierung als auch der Kühlung der Rechenzentren zugute. Die Investition ist langfristig ausgelegt. «Der Ersatz der Kältetechnik war ein sehr grosses, auf fünf Jahre ausgelegtes Projekt. Diese Maschinen sind rund 25 Jahre in Betrieb und aus dem Ersatz resultieren nun jährliche Einsparungen beim Energiebedarf von mehreren hunderttausend Franken», so Frei. Die neuen Kältemaschinen für das Rechenzentrum sind der Grundstein der umgesetzten Massnahmenpakete. «Entscheidend ist nicht nur der Wirkungsgrad der Kältemaschine. Die Vor- beziehungsweise Rücklauftemperaturen der Kälteversorgung sind genauso wichtig. Heute kommen wir mit viel höheren Temperaturen aus. Ein um ein bis zwei Grad Celsius höheres Niveau führt zu einem erheblich geringeren Energiebedarf», erklärt Frei.
Zauberwort Containment
Die kontinuierliche Einhausung von Kaltluftgängen im Rechenzentrum ist ein grosser Fortschritt. Eine flächendeckende Einhausung der gesamten Rechenzentrumsfläche auf einmal ist aber nicht möglich, so Frei, da zugleich der reguläre Betrieb sichergestellt werden muss. Stattdessen testet man bei SIX bereits seit einiger Zeit neue Technologien, die im Serverraum den Energiebedarf noch weiter reduzieren. Angetan hat es Frei dabei die aus den USA kommende Containment-Technik. «Hohe Applikationsleistungen und eine enge Vernetzung der Server führt dazu, dass an gewissen Orten eine sehr hohe Wärmelast vorherrscht. In diesen Bereichen können wir mit dem Containment (Warmgangeinhausung) Abhilfe schaffen.» Es handelt sich, so Frei, vereinfacht gesagt um Serverräume innerhalb des Serverraums. Die Kühlung ist hierbei bereits in den einzelnen Rack-Reihen eingebaut. So kann vor Ort Warmluft eingefangen und runtergekühlt werden. Die Kaltwasserproduktion ist zwar nach wie vor nötig, jedoch entfällt in diesen Räumen der Bedarf an grossen Kühlungsanlagen. Mit einem Pilotprojekt auf 170 Quadratmetern hat SIX Anfang des Jahres die neue Technologie in Betrieb genommen. Frei ist mit dem Ergebnis sehr zufrieden: «Für hohe Belastungen auf kleinen Flächen ist die Technologie bestens geeignet. Auch für KMU mit kleinen Serverräumen wäre diese Technologie eine lohnenswerte Alternative.»
Janick Tagmann ist Inhaber der Agentur Tag und Mann.
«Wir starten jeden Januar wieder bei null»
«Swiss IT Magazine»: SIX betreibt nicht nur ein Rechenzentrum, Sie vermieten auch Rechenzentrumsfläche. Haben Sie ein wachsames Auge auf den Energieverbrauch Ihrer Mieter?
Thomas Frei: Wir beraten und unterstützen unsere Mieter. Der nachhaltige Umgang mit den Ressourcen ist uns wichtig, da der Stromverbrauch in einem Rechenzentrum sehr hoch sein kann. Mit einfachen Massnahmen wie zum Beispiel der richtigen Luftführung kann man viel Energie einsparen.
SIX ist seit 2002 bei der Energie-Modell-Gruppe Zürich der Energie-Agentur (EnAW) aktiv. Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit?Die Energie-Modell-Gruppe Zürich gibt es bereits seit 26 Jahren. Unsere Gruppe Dienstleistung besteht aus grossen Finanz- und Versicherungsdienstleistern. Der thematische Schwerpunkt sind unsere Bürogebäude. Alle Fragen rund um die Rechenzentren werden in einer separaten Expertengruppe behandelt. Wir treffen uns regelmässig zum Gedankenaustausch.
Thomas Frei, Head Maintenance, SIX Management (Quelle: SIX Management)
Wie gestaltet sich ein solcher Austausch zwischen teilweise konkurrenzierenden Unternehmen?
Der Austausch wird durch EnAW-Moderator Thomas Bürki organisiert. Jeder Teilnehmer stellt seine wichtigsten Energie-Effizienzprojekte vor. Die anschliessende Diskussion zwischen den Spezialisten ist für mich sehr hilfreich. Wir führen einen transparenten und offenen Dialog und helfen uns untereinander mit Unterlagen zu erfolgreich durchgeführten Projekten oder mit Studien, die ein Mitglied der Gruppe zu einem Thema bereits erarbeitet hat. Über den Zeitraum von 26 Jahren, seit es diesen Austausch gibt, ist ein grosses Vertrauensverhältnis zwischen den teilnehmenden Fachspezialisten und den involvierten Unternehmen entstanden.
Kommt SIX in den Genuss von Fördermitteln für ihre bisherigen Leistungen?
Erfüllen wir das Ziel einer Effizienzsteigerung von jährlich zwei Prozent, das wir im Rahmen einer Zielvereinbarung mit der EnAW abgeschlossen haben, gewährt das Elektrizitätswerk der Stadt Zürich (EWZ) einen Effizienzbonus von 10 Prozent auf die Stromkosten. Das macht bei uns mehrere hunderttausend Franken pro Jahr aus.
Wird es nicht jedes Jahr schwieriger dieses Ziel zu erreichen?
Bis jetzt haben wir das Ziel jedes Jahr erreicht. Erfüllt man es in zwei aufeinanderfolgenden Jahren nicht, fliegt man aus dem Bonussystem raus. Natürlich wird es immer schwieriger, da wir bereits viel getan haben – vor allem im letzten Jahr mit dem Ersatz der Kältemaschinen. Wir starten jeden Januar sozusagen wieder bei null, was für mich und meine Kollegen eine persönliche Herausforderung ist. Wir sind aber mit der EnAW und dem Kanton in einem guten Austausch, damit die Ziele auch in den nächsten Jahren erreicht werden können.
Welche Massnahmen lohnen sich an den Arbeitsplätzen selbst?
LED ist beispielsweise im gesamten Gebäudekomplex ein wichtiges Thema. Eine LED-Stehleuchte mit 60 bis 120 Watt ersetzt heute sechs 72 Watt Leuchtstofflampen. Wir können hier teilweise vierfach Strom einsparen. In den Technikräumen setzen wir bereits flächendeckend auf LED.
Welche Ihrer Massnahmen, die Sie umgesetzt haben, empfehlen Sie auch einem KMU?
Im Gebäudebereich ist die richtige Steuerung von Lüftung und Licht zentral. Bei alten Lüftungsanlagen empfehle ich den Einbau von neuen, sparsamen, frequenzgesteuerten Motoren. Und bei alten Kältemaschinen lohnt es sich, mit wenig Geld die Pumpen zu ersetzen. Alte Pumpen sind richtige Stromfresser. Auch in kleinen Rechenzentren lassen sich viele unserer Ideen einfach übernehmen. Die Erhöhung des Temperaturniveaus ist der erste Schritt. Eine Einhausung des Servers lässt sich bereits bei zwei Racks mit einer einfachen Plexiglasscheibe vornehmen.
Energie-einsparungen bei SIX
- Ersatz Kältemaschinen: 4700 Megawattstunden pro Jahr (MWh/a)
- Optimierung Lüftungsanlagen mit Frequenzumformer und neuen Ventilatoren-Motoren: 445 MWh/a
- Nutzung Containment (Warmgangeinhausung): 330 MWh/a
- Ersatz Steuerung Wärmerückgewinnung inklusive den Antrieben bei diversen Lüftungsanlagen: 20,7 MWh/a
- LED-Beleuchtung in den Technikräumen: 15,5 MWh/a