Editorial

Editorial: 2013 oder das Jahr, in dem Apple (für mich) starb


Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2013/10

     

Nokia sei eine Erinnerung daran, was passiere, wenn man in der Technologiebranche nicht innovativ sei, erklärte Tim Cook jüngst in einem Interview. Angesichts dieses Bewusstseins, das bei Apple vorhanden ist, wundert man sich schon, was sich Mr. Cook und Co. dabei gedacht haben, das ein Jahr alte iPhone 5 zu nehmen, es in eine farbige Plastikhülle zu stecken, und es der Welt dann als brandneues iPhone 5C zu verkaufen.
Doch ganz ehrlich: Ich glaube nicht, dass Apple Gefahr läuft, wie Nokia quasi von der Landkarte der relevanten Technologiehersteller zu verschwinden und dann von Microsoft gekauft zu werden. Ich glaube aber, dass es Apple sich nicht lei-sten kann, gewisse Geschäftsgebaren an den Tag zu legen, die man von Apple schlicht nicht erwartet. Ich persönlich war noch nie ein Apple-Jünger, aber ich habe einige Apple-Produkte über die letzten Jahre mit Enthusiasmus genutzt und sie innig geliebt – iTunes zum Beispiel, und natürlich mein iPhone. Doch in diesem Jahr hat mir Apple den Spass an seinen Produkten weitgehend genommen. Drei kurze Episoden:

Ich habe Anfang dieses Jahres meinen Heimrechner ersetzt. Dabei musste ich auch meine fein säuberlich in iTunes organisierte Musiksammlung zügeln. Haben Sie schon einmal probiert, iTunes auf einen neuen Rechner mitzunehmen? Vor allem dann, wenn Sie sich die Frechheit erlaubt haben, eine eigene Ordnerstruktur anzulegen? Ich sage nur soviel: Viel Spass damit! Mich hat die Zügelaktion an den Rande des Wahnsinns getrieben und mich letztlich dazu gezwungen, eine Dritthersteller-Software zu kaufen, um das Projekt zumindest einigermassen stemmen zu können.
Einige Monate später hat mein iPhone 5 – berufsbedingt war ich ein Early Adopter – zu zicken begonnen. Einer der zwei Haupt-Buttons wollte nicht mehr so, wie ich gern wollte. Ein Besuch im Apple Store in Zürich (und etwas Recherche mit Google) haben dann offenbart, dass ich mit dem Problem längst nicht alleine war. Offenbar hat Apple massive Probleme mit der ersten Serie des iPhone 5 und musste bereits Geräte zu Tausenden austauschen.
Schwerfällige, unflexible und anwenderfeindliche Software sowie defektanfällige Hardware? Solches würde man von vielen Unternehmen aus unserer Branche erwarten, aber sicher nicht von Apple.

Wie dem auch sei: Seit einigen Wochen weile ich im Ausland. Dabei ist mir mein Lightning-Kabel – sagen wir mal – «abhanden» gekommen. Kein Problem, Elektronik-Shops gibt’s ja schliesslich fast überall auf der Welt, das Ladegerät hatte ich noch und so ein USB-Kabel ist rasch ersetzt. Denkste! Das neue iOS 7 mag mein im Schwellenland gekauftes Kabel nicht, denn alle «nicht zertifizierten» – sprich bezahlbaren – Zubehörprodukte werden mit dem neuen Betriebssystem blockiert. Die Sicherheit des Nutzers soll damit sichergestellt werden – als hätte ein USB-Kabel schon mal etwas zum Explodieren gebracht. Und so kann ich nur noch zusehen, wie die letzten 13 Prozent meines Akkus dahinschmelzen.

Und ich frage mich, ob es Apple wirklich so nötig hat, auch am hinterletzten Käbelchen noch mitzuverdienen, und deshalb nun die Verantwortung dafür trägt, dass Millionen von Zubehörprodukten rund um den Globus im Elektromüll landen. Und ich frage mich, ob die eingeführte Prüfung auf zertifiziertes Zubehör nicht allenfalls sogar der wahre Grund dafür war, dass Apple den «revolutionären» Lightning-Anschluss erfunden hat und sich gegen den einheitlichen Micro-USB-Anschluss wehrt.
Sicher bin ich mir, dass ich solches Geschäftsgebaren, solchen Protektionismus, von vielen Firmen erwartet hätte, von Microsoft in früheren Jahren, oder von Game-Herstellern wie EA und Ubisoft, die zum Schutz vor Raubkopierern die Gamer mit den unmöglichsten Schikanen konfrontieren – aber sicher nicht von der coolen, hippen Apfel-Firma!
(mw)

Kommentare
Bravo, besser kann man es nicht sagen - für mich galt schon immer: "i-Verweigerer, ich waiss worum"
Mittwoch, 9. Oktober 2013, Jean Michel



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