Office im Paket vs. Office in der Wolke

Von Andrea Flühmann

Office on Premise oder in der Cloud? Mit dem aktuellsten Release von Microsofts Bürosuite stellt sich diese Frage mehr denn je. Einige wesentliche Punkte sind zu bedenken.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2013/09

     

Mit der Lancierung der aktuellsten Version von Office hat Microsoft seine Verkaufs- beziehungsweise Vertriebsstrategie grundlegend angepasst. Anstatt Software im Paket zu verkaufen, versucht der Konzern, seine Kunden als Abonnenten zu gewinnen. Das Resultat dieser Bemühungen heisst Office 365 und verspricht Unternehmen eine Reihe von Vorteilen. Der wohl wichtigste: Office 365, gemeinhin auch als Office aus der Cloud bezeichnet, ermöglicht es KMU, jederzeit die aktuellsten Versionen der Microsoft-Produktivitätslösungen im Einsatz zu haben, und dies ohne umfangreiche Anfangs- und Erneuerungsinvestitionen. Microsoft plant zudem, dass zukünftig eine Cloud-First-Strategie zum Tragen kommt. Das bedeutet, dass neue Funktionalitäten und Versionen zuerst in der Cloud und erst zu einem späteren Zeitpunkt on Premise verfügbar sein werden. Doch welche Kriterien sprechen sonst noch für einen Einsatz von Office 365 im Unternehmensumfeld und welche Faktoren sollten dabei überprüft werden?
Die Cloud-Lösung von Microsoft verbindet die bekannten Office-Anwendungen mit zahlreichen Online Services wie Business E-Mail, Collaboration, Videokonferenzen oder Instant Messaging. Um den Umfang von Office 2013, der On-Premise-Variante, mit demjenigen von Office 365 vergleichen zu können, bietet die untenstehende Tabelle einen Überblick.
Das Arbeiten mit Office 365 bedeutet nicht, dass jederzeit eine Verbindung zum Internet vorhanden sein muss. Sofern die Variante mit Client-Installation von Office abonniert wird, können Dokumente jederzeit offline erstellt oder bearbeitet werden. Mittels Skydrive Pro werden die Dokumente in die gewählte Sharepoint Library synchronisiert, sobald das nächste Mal eine Verbindung zum Internet besteht. Die Installation von Office Proplus auf dem Client ist in wenigen Minuten erledigt, der Funktionsumfang der Client-Version ist identisch mit der On-Premise-Version.

Schlanke Infrastruktur mit zusätzlichem Funktionsumfang

Primär sollten Unternehmen, die alte Serverversionen (z.B. Exchange 2007) betreiben, deren Anwender mit alten Office-Versionen arbeiten und die eine Migration auf die aktuellste Version in Betracht ziehen, einen Wechsel in die Cloud anstreben. Wenn die Versionen der einzelnen Produkte aufeinander abgestimmt sind, ist die Integration am höchsten und der volle Funktionsumfang kann optimal genutzt werden. Bei On-Premise-Installationen ist selten ein Unternehmen in der Lage, gleichzeitig Office, Exchange, Lync und Sharepoint auf dem aktuellsten Stand zu halten. Die Produkte werden meist abgestuft in einem Zyklus von vier bis acht Jahren abgelöst. Office 365 löst dieses Problem auf einen Schlag und ermöglicht so das ideale Zusammenspiel der Lösungen. Hinzu kommt: Stets die neueste Version im Einsatz zu haben, steigert nicht zuletzt die Attraktivität des Unternehmens für neue Arbeitskräfte. Wer möchte schon in einem Unternehmen arbeiten, dessen Software zehn Jahre alt ist?
Durch den Einsatz von Office 365 lassen sich aber auch die Betriebskosten sowie die Aufwände für Security, Datenschutz und die Sicherstellung von Betriebszeiten einsparen. Und durch die Office-365-Admin-Konsole behält das Unternehmen jederzeit die Kontrolle über die aktiven Services und User.
Bei kleinen und mittleren Unternehmen gibt es zunehmend Bedürfnisse, Dokumente teilen zu können und diese auch ausserhalb des Unternehmens sowie auf mobilen Geräten verfügbar zu machen. Auch hier kann Office 365 helfen. Mit Sharepoint Online, welches in Office 365 enthalten ist, lassen sich die internen File-Shares ablösen. Die Benutzer verfügen über den beinahe kompletten Funktionsumfang von Sharepoint und können intern und extern zusammenarbeiten. Die nahtlose Integration mit Lync, Office und Exchange ermöglicht zusätzliche Einsatzszenarien, die on Premise nur mit einer umfangreichen und kostenintensiven Infrastruktur möglich wären.
Ein weiterer Vorteil von Office 365 ist die gesteigerte Flexibilität für die Anwender. Die Office-Applikationen lassen sich auf bis zu fünf Geräten pro Benutzer installieren, unabhängig ob auf PC, Mac oder einem mobilen Tablet. Die Office Web Apps, die Web-basierte Version der Office-Programme, erlauben den Zugriff auf Dokumente auch von Geräten, auf denen kein Office installiert ist. Die Dokumente lassen sich dabei direkt im Browser bearbeiten.
Office 365 ist zudem gerade auch für schnell wachsende Unternehmen mit mehreren Niederlassungen ideal. Die Lösung ist einfach skalierbar und lässt sich im Vergleich zur On-Premise-Variante günstig an die sich ändernden Bedürfnisse anpassen. Und ein letzter grosser Vorteil, der nicht zu vernachlässigen ist: Die interne IT kann sich dank frei werdenden Ressourcen auf wertsteigernde Aktivitäten konzentrieren, anstatt dass sie sich um Office kümmern muss.

Regelmässige Upgrades – Fluch oder Segen?


Neben den regelmässigen Updates, die kleinere Verbesserungen liefern, werden bei der Einführung von neuen Produkteversionen in Office 365 automatisch Service Upgrades durchgeführt. Das bedeutet, dass die Unternehmen sich diesem schnellen Zyklus anpassen müssen. Updates und Upgrades werden vorgängig angekündigt und können auf Wunsch etwas hinausgezögert werden. In den meisten Fällen ist ein Upgrade problemlos durchführbar. Bei stark angepassten Lösungen kann es jedoch zu Zusatzaufwänden zur Sicherstellung der Service- und Applikationsverfügbarkeit kommen. Nicht vergessen darf man zudem, dass es nicht alle Mitarbeitende schätzen, sich laufend auf neue Versionen und Funktionen einzustellen. Die regelmässigen Upgrades können daher zusätzlichen Schulungsaufwand mit sich bringen.

Wann ist der Einsatz von Office 365 weniger sinnvoll?


Office 365 ist nicht für jedes Unternehmen beziehungsweise Anwendungsszenario zwingend die optimale Lösung. Einige Beispiele: Für den Fall, dass alle Mitarbeitenden eines Kleinunternehmens in denselben Räumlichkeiten arbeiten und weder das Bedürfnis nach Home Office noch nach mobilem Zugriff besteht, ist der Einsatz des herkömmliche Office 2013 ausreichend. In Szenarien, in denen mehrere Personen an einem PC arbeiten, ist der Einsatz von Office 365 ebenfalls nicht ratsam, da das Abo stark an den User und nicht an den PC gebunden ist.
Zu beachten ist auch, dass durch den Bezug von Office-365-Diensten der Internet-Datenverkehr des Unternehmens meistens erhöht wird. Um eine gute Performance zu gewährleisten, ist es wichtig, über genügend Bandbreite zu verfügen. Diese ist abhängig von mehreren Variablen, wie der Anzahl gleichzeitiger Client-Zugriffe, dem Netzwerk und der Internet-Anbindung.
Erwähnen muss man rund um Office 365 und Cloud zudem die Themen Sicherheit und Datenschutz, zu denen gerade in der heutigen Zeit oft Bedenken geäussert werden. Office 365 ist ISO 27001 zertifiziert und konform mit allen weltweiten Branchenstandards. Allerdings werden die Daten nicht in der Schweiz abgelegt. Es gibt Branchen wie Healthcare, Finance, Behörden oder Justiz, wo in Teilbereichen Richtlinien den Einsatz einer Cloud-Anwendung nicht zulassen, da die Daten beispielsweise in der Schweiz gelagert werden müssen. Eine Klassifizierung der Daten zeigt auf, wo eine Cloud-Lösung Sinn macht und wo sie aus rechtlichen Gründen nicht in Frage kommt. In vielen derartigen Fällen kommen Hybridszenarien zum Einsatz, welche On-Premise-Lösungen mit Cloud-Anwendungen verbinden und so für jeden Einsatzbereich das richtige Mass an Datensicherheit gewährleisten. Anzumerken ist, dass vermutlich kaum ein kleines oder mittleres Unternehmen in der Lage ist, für seine On-Premise-Anwendungen ähnliche Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, wie diese in den Microsoft-Datencenter erfüllt werden.

Kosten und Migration

Ein Thema bei der Beschaffung von Software sind natürlich immer auch die Kosten. Während Office 2013 wie gewohnt mit einer einmaligen Zahlung pro User-Lizenz in den Besitz des Unternehmens übergeht, wird Office 365 abonniert und lässt sich auch jederzeit wieder kündigen. Die zahlreichen Lizenzmodelle von Office 365 (siehe auch Übersicht auf Seite 36) mögen auf den ersten Blick etwas umständlich erscheinen, auf den zweiten Blick offerieren sie jedem Unternehmen eine Lösung nach den individuellen Bedürfnissen. Primär wird bei der Wahl des richtigen Lizenzmodells zwischen drei Unternehmensgrössen entschieden (von Small Business bis Enterprise). Zudem wird berücksichtigt, ob die Office-Anwendungen auch lokal als Desktop-Lösungen installiert werden sollen oder ob Dokumente nur via Online Web Apps im Browser angesehen und bearbeitet werden können. Ein Mix der Varianten ist ebenfalls möglich.
Den Aufwand für eine Migration in die Cloud generell zu beziffern, ist derweil schwierig. Daher ist es wichtig, zu Beginn eine Bestandesaufnahme der implementierten Lösungen vorzunehmen und eine IT-Unternehmens-
vision zu formulieren. Im Anschluss wird der Migrationsaufwand für die einzelnen Produkte (Mail, Messaging, Fileshare) geschätzt. Sinnvollerweise werden die beiden Varianten on Premise und Cloud in einer Gesamtkostenbetrachtung über drei bis fünf Jahre verglichen. In komplexeren Umgebungen wird empfohlen, anhand eines Pilotprojektes die Migration und den Betrieb von Office 365 zu testen. Je nach Ist-Umgebung und Zielplattform können Migrationsprodukte wie zum Beispiel Metalogix oder Avepoint den Prozess massiv beschleunigen und die Kosten senken.
Abschliessend kann festgehalten werden, dass Office 365 im Vergleich zur On-Premise-Variante eine ganze Reihe von Vorteilen mit sich bringt. Gerade für Umgebungen, in denen von veralteten oder stark divergierenden Office-Installationen auf einen neuen, einheitlichen Office-Release migriert werden soll, bringt Microsoft mit Office aus der Cloud eine Lösung ohne grossen Investitionsbedarf, die zudem noch die IT-Abteilungen entlastet. Bei all den Vorteilen darf aber nicht ausser Acht gelassen werden, dass man mit Office 365 auch etwas Kontrolle abgibt – sei es über die Updatezyklen oder aber über die Datenhaltung. Umso wichtiger ist es, die Migration wohl überlegt, mit einem klaren Konzept und verpackt in einer ganzheitlichen Vision anzunehmen.


Andrea Flühmann ist Business Consultant bei Allgeier Schweiz.



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