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Meierhans meint: Druckkostenoptimierung? It’s about productivity stupid!

von Daniel Meierhans

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2011/09

     

Papier ist unnötig. Ich kann alles elektronisch lesen, ablegen und versenden. Tatsächlich hat sich mein persönlicher Briefpostausstoss in den letzten Jahren auch auf Happening-Seltenheit reduziert. Die Korrespondenz läuft fast ausschliesslich per E-Mail. Bei der täglichen Arbeit ist das allerdings ganz anders. Da beherrschen nach wie vor Papierberge mein Pult und auch die Bodenfläche darum herum. Meine Mitarbeiter witzeln immer wieder, dass ich jeden Morgen das Internet ausdrucke. Jawohl, antworte ich dann jeweils: «Mein Internet!»

Google macht doof

Und das ist genau der Punkt. Ich drucke mein Internet aus, weil ich dann besser mit den Quellen arbeiten kann. Sie lesen, sortieren, anstreichen und dreidimensional auf einem der Haufen platzieren. Diese Arbeitsvorgänge sind eng mit meinem Denken gekoppelt. Das Ausdrucken und von Hand Bearbeiten ist ein integraler Bestandteil des Memorierens und der Auseinandersetzung mit dem Inhalt. Habe ich kein Papier mehr, stürzt das ganze System zusammen. Wenn Sie mich deswegen als Analog-Fossil abstempeln, haben Sie wahrscheinlich sogar Recht. Wobei ich dann einwenden würde, dass mein Verhalten jetzt sogar Rückendeckung aus der Wissenschaft erhält. Wer Informationen nur noch elektronisch verwaltet und alles nur noch per Google und Wikipedia nachschlägt, erinnert sich viel weniger an das Gelesene, wie Betsy Sparrow von der Columbia Universität nachgewiesen hat. Oder wie der amerikanische IT-Publizist Nicolas Carr bereits 2008 konstatierte: Google macht uns doof.

Sparen heisst nicht, dass es sich rechnet

Wie dem auch sei, auf alle Fälle hat jeder Mensch seine individuellen Arbeitsmethoden. Wenn Sie diese im Namen von Prozessdefinitionen oder eines Drucker­managements in ein Korsett zwängen, mag sich dies vielleicht auf einzelne KPI positiv auswirken. Produktiver werden Ihre Mitarbeiter dadurch aber sicher nicht. Die Druckkostenoptimierung ist wie viele Kennzahlenverbesserungen in den meisten Fällen eine typische Milchbüchlein-Rechnung. Genau so wenig wie Sie pro Raucher und Tag 4 mal 10 Minuten Arbeitszeit sparen, wenn Sie die Rauchpausen streichen, rechnen sich unter dem Strich auch Prozess-Zwangsjacken für eine Druckkostensenkung nur in Spezialfällen. Um Sinn und Unsinn einer solchen Massnahmen erkennen zu können, reicht eine einfache Abschätzung: Wie vielen Mitarbeiterstunden entsprechen Ihre gesamten Druckausgaben? Lohnt es sich wirklich, für diese Infrastruktureinsparungen Produktivitätsverluste zu riskieren? Damit die Leistung stimmt, braucht es unbestreitbar ein wenig Druck. Schliesslich ist der Mensch tendenziell bequem. Zusätzlich sind aber vor allem auch persönliche Gestaltungsmöglichkeiten nötig, damit sich Ihre Mitarbeiter überdurchschnittlich einsetzen.

Schmerzensgeld für die Optimierung

Das gilt übrigens für KMU genauso wie für Grosskonzerne. Bei diesen addieren sich die Gesamtdruck­kosten zwar zu gewaltigen Summen auf. Aber das Gleiche gilt auf der Gegenseite auch für die Lohnkosten. Im Gegensatz zu einem vernünftigen geführten KMU können Grosskonzerne dem Optimierungsdrang allerding praktisch nie widerstehen. Und das kostet die Konzerne unter dem Strich Unsummen. Oder glauben Sie ernsthaft, Herr Grübel zahle seinen Mitarbeitern freiwillig markant höhere Löhne, als diese bei einem KMU für eine vergleichbare Aufgabe erhalten würden? Er muss mehr bezahlen. Seine Angestellten (und die der anderen überdurchschnittlich zahlenden Grosskonzerne) nennen das im Vertrauten dann Schmerzensgeld für den ganzen Prozesswahnsinn, den sie tagtäglich zu erdulden haben. Sie wollen Ihren Mitarbeitern sicher kein Schmerzensgeld bezahlen müssen! Und schon gar nicht wegen einer Druckkostenoptimierung, oder?
Dr. Daniel Meierhans beschäftigt sich als Technologie- und Wissenschaftsjournalist mit dem ICT-Einsatz in Unternehmen. In seiner regelmässigen Kolumne wirft er einen kritischen Blick auf die Schwerpunkt-Themen
des Swiss IT Magazine.
Daniel.Meierhans@Inhalte.ch


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