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ITIL in der Praxis wirkungsvoller nutzen

Nutzeneffekte lassen sich fast überall signifikant steigern. Viele Unternehmen verlaufen sich jedoch in Konzeptionen, statt sich den praktischen Verbesserungspotenzialen zu widmen.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2011/07

     

Von Michael Busch

Die Leistungsverbesserungen durch «Implementierung ITIL von IT-Prozesse» bleiben nach meiner Erfahrung in vielen Unternehmen weit unterhalb der realisierbaren Möglichkeiten. Die Ursachen liegen insbesondere in einem zu theoretischen Umgang mit ITIL – «ITIL sagt»-Syndrom – und der unzureichenden Transformation des Regelwerks auf die realen Praxisbedingungen in der eigenen Organisation. Aus meiner Praxis kann ich die folgenden Anregungen zur Anwendung von ITIL – unabhängig von der Version V2 oder V3 – geben:
1. Die Details stellen die Stolpersteine dar: Die meist von strategischen Ansätzen dominierten Themen beherrschen die Diskussion in den Unternehmen. Dabei wird vielfach übersehen, dass die Schwierigkeiten der IT-Prozesse häufig im täglichen Detail liegen. Denn nur wenn diese geklärt sind, lassen sich die Prozesse effektiv und effizient leben. Aus meiner praktischen Erfahrung kann ich nur berichten, dass die in der Regel komplexen ITSM-Strukturen und Zusammenhänge einen hervorragenden Nährboden für eine Vielzahl operativer Probleme bieten. Wird dies übersehen, lassen sich die nutzbringenden Best-Practices des ITIL-Frameworks nicht ausschöpfen. So bleiben häufig umfangreiche Potenziale ungenutzt, abgesehen von den davon ausgelösten Reibungsverlusten.

2. ITIL sollte als Impulsgeber und nicht als Kochbuch verstanden werden: Der Prozessrahmen und die Prozessinhalte kann man aus ITIL herauslesen. Wie diese jedoch im einzelnen Unternehmen umzusetzen sind, muss jede Organisation für sich entscheiden, entwickeln und in der Praxis optimieren. Daran scheitert es jedoch häufig, weil das Regelwerk als «strikt zu befolgende Vorlage» verstanden wird. Den Anspruch, als Vorgabe für alles und jedes zu dienen, hat ITIL aber nie verfolgt. Das Selbstverständnis seit der ersten Version war, ein Ideengeber zu sein, welcher Organisationen aufzeigt, was andere getan haben und welche Überlegungen man anstellen sollte, um selber erfolgreich zu sein.


3. Konzepte ersetzen nicht das Handeln: Wie überall im Leben ersetzt ein Konzept nicht die Umsetzung in der Praxis. Trotzdem fühlen sich viele Unternehmen oder ITSM-Verantwortliche zufriedener, wenn sie auf jede Schwierigkeit mit einer ausführlichen theoretischen Antwort reagieren können. Dabei wird häufig aber die reale Problemstellung übersehen. Nicht jedes Problem lohnt den Aufwand, um es dauerhaft zu lösen – oder der Problemstellung eine signifikante Relevanz zu geben. Stattdessen sollte der Blick eng auf das reale Kernthema gerichtet und mit operativem Ansätzen eine pragmatische Problemlösung gesucht werden.
4. Mitarbeiter werden aussen vor gelassen: Ist nicht jedem Beteiligten klar, wohin die Reise mit den unternehmenseigenen ITSM-Prozessen geht, ist es schwer, diese zu verstehen, zu leben und umzusetzen. Gleich schlecht ist es, wenn Redundanzen und Unklarheiten in den Aufgabenzuordnungen gegeben sind. In letzter Konsequenz findet sich dann zwar immer eine Lösung, nur diese ist in der Regel nicht gewünscht und Ausgangspunkt für die Veränderung gewesen: der «Hey Joe» Prozess. Es ist also wesentlich, dass man für Transparenz sorgt, damit Mitarbeiter selbstständig und zielgerichtet arbeiten können und so die Prozesse effizient ausgestalten und zum Leben erwecken.

5. Organisatorische Silos werden durch prozessuale Silos ersetzt: In einer arbeitsteiligen Organisation, welche entlang eines Prozesses arbeitet, ist es zwingend notwendig, dass der Informationsfluss dem Prozess folgt: Dies bedingt allerdings auch, dass dieser gemanagt wird. Gegen diesen Grundsatz wird aber immer wieder verstossen. Als Konsequenz wird die Organisation mit Doppelarbeit belastet. Insbesondere an den Berührungspunkten zwischen einzelnen Prozessen oder Aufgabenabschnitten muss mit festgelegten und überwachten Verfahren sichergestellt werden, dass es zu keinem Informationsverlust kommt.


6. Das Zusammenspiel zwischen Projekten und dem IT Service Management klären: Eine besondere Ausprägung unzureichender Aufgabenabgrenzungen zeigt sich zwischen Projekten und den IT Service Management Prozessen. Hier werden aufgrund unzureichender Aufgabenabgrenzung und nicht ganzheitlicher Planung erhebliche Doppelspurigkeiten zugelassen. Projekte entwickeln so häufig eine ganz eigene Dynamik, welche dazu führt, dass die ITSM-Organisation nicht darauf vorbereitet ist, wenn das Projekt dann – hoffentlich in Time und Budget – seine Ergebnisse abliefert, welche hoffentlich nicht im Rahmen einer anderen Initiative in der Organisation auch geliefert wurden, aber in einer anderen Art und Weise. Nicht selten zu beobachten sind konkurrenzierende Lösungen der gleichen Aufgabenstellung. Solch ein Vorgehen bindet unnötig Personal und finanzielle Ressourcen.


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