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Niklaus meint: Weg mit den ideologischen Scheuklappen


Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2011/04

     

Von Daniel Niklaus

In der Schweiz gibt es zwei, drei Reizwörter, die, sind sie einmal ausgesprochen, bei den Bürgern und Bürgerinnen automatisch den Verstand abschalten und das Land in zwei Lager teilen. Eines dieser Reizwörter bekam mit Fukushima neue Brisanz: Atomstrom. Statt Lösungen umzusetzen, fliegen derzeit die Fetzen. Reden wir in drei Jahren nochmals über ein Atomkraftwerk, dann ist in der Zwischenzeit bestimmt nichts passiert. Darum mein Vorschlag: Legen wir die Frage zur Seite und reden wir darüber, wie jeder einzelne ohne Komforteinbussen Strom sparen kann. Ob aus Umweltgründen oder fürs eigene Portemonnaie, spielt dabei eine untergeordnete Rolle.

Was kann man tun?

Hans-Peter Fricker vom WWF meinte in der Arena zur Atomausstiegsdebatte Ende März auf SF1, wir könnten mit dem konsequenten Ausschalten von Geräten ein halbes Atomkraftwerk Mühleberg sparen. Zugegeben, ich schalte auch nicht immer alles ab, das ist viel zu mühsam. Aber es gibt verschiedene andere Möglichkeiten. Im Büro kann das ein Zeitschalter für das automatische Abschalten von Geräten sein oder Sie setzen Hilfsmittel wie Click – den Stand-by-Killer ein, ein Energieverbrauchmessgerät inklusive Fern-Abschalter. Wissen Sie erst einmal, welche Geräte wie viel Strom verbrauchen, können Sie die Verschwender bei der nächsten Neuinvestition auch gleich gezielt ersetzen.
Im Vorfeld dieser Kolumne fragte ich auch bei den IT- und CE-Händlern Brack, Digitec und Steg nach, was sie ihren Kunden empfehlen, um Strom zu sparen. Bei TVs und Monitoren setzen alle auf LED-Hintergrundbeleuchtung. Bei Netzteilen empfehlen sie auf den 80+-Standard zu achten. Energie kann aber auch mit den richtigen Prozessoren und deren Einstellungen gespart werden. Ein Intel-Prozessor der S-Familie verbraucht im Vergleich zu einer normalen, aktuellen Sandy-Bridge-CPU beispielsweise 30 Watt weniger. Gute Nachrichten also für Tüftler, die ihre eigenen PCs zusammenstellen. Es gibt von den Händlern aber auch komplette Silent-Green-PCs, die durchaus auch bis zu 20 Prozent Strom sparen.
Aber Achtung: Nicht immer ist grün, was als grün angeschrieben ist. Ist ein Thema aktuell, springen auch gleich die Marketing-Hengste auf den Zug auf. So wird manches für grün verkauft, was sich im Tageseinsatz als leeres Marketing-Blabla herausstellt. Asus beispielsweise propagiert für seine Motherboards eine Energiesparfunktion namens EPU, die unterm Strich wenig bis gar nichts bringt. Auch werden vereinzelt SSDs als besonders stromsparend angepriesen, in Tat und Wahrheit spart man damit aber nur etwa 1 Watt im Vergleich zu Eco-Green-Festplatten.

2,8 Milliarden Franken liegen drin

Für diese Kolumne fragte ich nicht nur bei Händlern nach, sondern telefonierte mit dem Bundesamt für Energie, las Expertenberichte von Stromkonzernen und hakte bei den Grünen nach. In seltener Einigkeit sind alle der Überzeugung: Allein durch den Einsatz der heute besten verfügbaren Technologie lässt sich ein Drittel des heutigen Stromverbrauchs einsparen – bei gleichem Komfort. Die letzten gesicherten Zahlen zu den Stromausgaben in der Schweiz sind aus dem Jahr 2008. Damals gaben Herr und Frau Schweizer 8,5 Milliarden Franken für Strom aus. Wir könnten pro Jahr also 2,8 Milliarden Franken sparen.
Bin ich jetzt für oder gegen Atomstrom? Wenn ich mir anschaue, wie viel Geld wir sparen können, ist die Frage überflüssig. Warum sollten wir uns mit endlosen Diskussionen aufhalten? Weg mit den ideologischen Scheuklappen! Treffen Sie beim nächsten Mal eine energieeffiziente Kaufwahl.


Autor: Daniel Niklaus


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