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Ende und Zukunft der IT-Abteilungen
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Ende und Zukunft der IT-Abteilungen

Mit dem Einzug von Cloud Computing zeichnet sich in den Firmen ein organisatorischer Paradigmenwechsel ab. Denn die Cloud verändert nicht nur den Bezug von IT-Ressourcen.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2011/03

     

Unternehmen benötigen in Zukunft keine eigene IT-Infrastruktur mehr – ganz zu schweigen von einer eigenen IT-Abteilung. Stattdessen wird die gesamte Unternehmens-IT als Service aus der Steckdose bezogen. Was der bekannte amerikanische Vordenker Nicolas Carr 2005 noch als Zukunftsszenarium beschrieben hat, wird heute Realität. Wie Carr vorausgesehen hatte, dringt die neue Art des Ressourcen-Bezugs über die Cloud in die Unternehmen und alle anderen Lebensbereiche ein. Immer seltener baut und betreibt man selber eigene Infrastrukturen. Die IT-Versorgung, so schon Carr, wird wie Strom und Wasser sichergestellt und damit zu einem ganz gewöhnlichen Gebrauchsgut. Immer mehr Konsumenten und Unternehmen beziehen ihre Rechenleistungen, Applikationen und alle sonstigen IT-Komponenten als Service von einem darauf spezialisierten externen Dienstleister.
Allerdings zeichnet sich mit diesem technischen Paradigmenwechsel unter anderem auch eine organisatorische Transformation ab. In den Unternehmen werden frühere IT-Betriebs-Crews durch einzelne Prozess-Manager ersetzt und ganze IT-Abteilungen konsolidiert. Damit stehen die betroffenen Spezialisten vor der Herausforderung, die sich mit der Cloud vollziehenden Veränderungen aktiv zu begleiten und neu entstehende Aufgaben anzupacken. Andere als die bisher gewohnten Qualifikationen bekommen Gewicht und heute noch bekannte IT-Management-Strukturen werden ganz anders gearteten Unternehmensfunktionen weichen.

Das Paradox der unglaublichen Schrumpfung

Unabhängig davon, ob ein Wechsel des IT-Bezugs sofort oder sukzessive erfolgt, irgendwann erkennen die Unternehmenslenker, dass die Grösse ihrer internen IT-Abteilungen gemessen an der Mitarbeiterzahl kontinuierlich sinkt. Das Paradoxe daran ist, dass gleichzeitig die Wertschöpfung der IT für das Unternehmen zunimmt. Bekannt ist das Phänomen als «die unglaubliche Schrumpfung» (the incredible shrinking): Während die Informatiker einen massgeblichen Beitrag zum Umsatzwachstum in den Unternehmen leisten, werden immer weniger von ihnen benötigt.
Wenn heute immer mehr Unternehmen überlegen, ob und wie sie Cloud-Angebote von Drittanbietern nutzen können, wissen sie, dass Cloud-Services flexibel und weitgehend als Self-Service zu beziehen sind. Zudem ist klar, dass sie meist einfach nach Nutzung verrechnet werden und die Ausgaben transparent, planbar und oft tiefer sind als bei selbst betriebenen Infrastrukturen. Dedizierte Angebote für die Nutzung von Daten- und Security-Zentren adressieren ausserdem heute bereits die meisten Bedenken in Sachen Sicherheit, Compliance und Datenhoheit.

Aber die Problemanalyse in den Unternehmen sollte sich nicht allein in solchen Faktoren erschöpfen. Vielmehr sind insbesondere auch organisatorische Fragen zu diskutieren, die häufig die IT-Spezialisten selbst betreffen. Was beispielweise geschieht mit der vorhandenen IT-Betriebs-Crew? Das ist noch genauso selten ein Thema, wie die Frage, welche neuen Aufgaben der IT-Leiter übernimmt, dessen früherer Hauptfokus obsolet geworden ist.

Neue Aufgaben in Unternehmen und bei Providern

Wenn Unternehmen auf Cloud-Services wechseln, werden sie keine eigenen oder nur noch im Einzelfall IT-Angestellte beschäftigen. Das heisst aber nicht, dass sich niemand mehr um die IT kümmert. Ganz im Gegenteil, die Aufgaben sind geblieben, grösstenteils aber verlagert und in ihrer Bedeutung verändert.
Für den Cloud-Nutzer werden plötzlich das Lieferanten-Management sowie die kontinuierliche Verbesserung von Prozessen entscheidend. Die operative Arbeit nimmt ab. Konzeptionelle und strategische Aufgaben wie das Architekturdesign oder die Entwicklungsplanung werden bedeutsamer. Zudem müssen die IT-User in den Unternehmen an eine gewandelte Art des Arbeitens gewöhnt werden. Prozess-Anpassungen und sonstige Änderungen, die früher einfach abgerufen wurden, müssen jetzt beantragt werden. Solche formalen Prozesse und den Umgang mit Service-Levels muss man verstehen und sich daran anpassen. Auch die plötzliche Kostentransparenz muss adaptiert werden. Ganz ohne interne IT-Spezialisten wird es also kaum gehen, allerdings müssen diese neue Anforderungs- und Rollenprofile ausfüllen können. Dass sich darüber hinaus der eine oder andere zweifellos einen neuen Arbeitgeber suchen muss, dürfte aber klar sein.

Einen attraktiven Stellen-Pool mit oft besseren Karrierechancen als früher bilden die Service-Provider. Denn neben dem blossen technischen Funktionieren der IT wird für sie die vertrauensvolle, transparente und vor allem professionelle Zusammenarbeit mit dem Kunden wichtiger, als sie es bisher schon ist. Kommt hinzu, dass die Komplexität des Managements steigt, wenn beispielsweise vom Kunden gewünschte Applikationen oder Plattformen eingebunden werden müssen. Hier muss entsprechendes Know-how aufgebaut werden. Je nach adressierter Branche und Industrie sind spezifische Kenntnisse unumgänglich. Noch fehlen vielen Providern gerade in diesen Bereichen die Mittel, Management-Tools und oft auch Softskills einer Branche.

Der CIO - vom Operator zum Innovator

Aufgrund dieser Situation ist unschwer zu erkennen, dass kaum ein Provider auf spezielles Branchen-Know-how verzichten kann. Bringen IT-Spezialisten aus Unternehmen solche Kenntnisse mit, finden sie in jedem Fall bei den Service-Anbietern neue Stellen. Bekanntlich wechseln heute schon bei Outsourcing-Projekten ganze IT-Abteilungen den Arbeitgeber. Auch wenn sich der Cloud-Transformationspfad durchaus differenzierter gestaltet, ohne IT-Spezialisten kann ihn kein Provider gehen. Allerdings wird den daran Beteiligten abverlangt, ihn in konstruktiver Weise mitzugestalten. Blosses Standardwissen wird dazu nicht ausreichen, ohne spezifische Qualifikationen und Lust an der Erarbeitung neuer Job-Profile wird es bei den IT-Spezialisten für das Cloud-Computing nicht gehen. Capgemini hat für die Ebene des CIO eine interessante Typologie veröffentlicht. Sie zeigt, wie eine Transformation der internen IT zu strukturieren ist. Je nach Fokus ergeben sich ganz unterschiedliche Rollenmodelle für interne IT-Leiter und CIOs (siehe Grafik).

Will ein Unternehmen nur bestehende Business- und IT-Prozesse standardisieren, um Kosten zu sparen, wird im klassischen Operator-Modell weiterhin der bekannte IT-Leiter beschäftigt. Geht es aber darum, durch die IT Wettbewerbsvorteile zu erreichen, wird ein CIO in der Rolle des Innovators gesucht. Gefragt sind dafür Spezialisten, die technologische Trends in einen Mehrwert für das Unternehmen umwandeln können.
Hinzu kommt, dass mit den Cloud-Services ein Service-Provider die Operator-Rolle übernimmt. Bisher damit beschäftigte interne Mitarbeiter müssen für neue Aufgaben bereit sein oder scheiden aus. Denn die einzige Daseinsberechtigung für die IT-Abteilung wird neben dem Management der IT-Provider und der Kontrolle der IT-Gesamtarchitektur das Thema Business-Mehrwert sein.



Transformation ist möglich

ür den Wandel bedarf es Mitarbeiter, die sich nicht nur einspurig aus- und weitergebildet haben, sondern etwa einen wirtschaftlichen und prozessorientierten Background mitbringen. Und den Wandel vom technikgetriebenen IT-Leiter klassischer Prägung zum Prozess-Manager sollte man rechtzeitig planen. Es ist ein Unterschied, geschäfts- und prozessrelevante Anforderungen für technische Systeme zu bearbeiten oder Prozesse und Projekte als CIO zu initiieren.
Für die Unternehmen ist es ausserdem zentral, den Platz der IT im Unternehmen aufgrund des Cloud-Einsatzes neu zu definieren. Für manche Firmen wird es notwendig sein, die Rolle des CIO grundlegend anzupassen. Andere werden sich mit einem Prozess-Manager oder Controller zufrieden geben. In wieder anderen Fällen kümmert sich der CEO selbst um das Thema Innovation durch IT. Basis dafür ist in jedem Fall, die vielfältigen Möglichkeiten der Cloud-Bezugsmodelle für das Unternehmen sichtbar zu machen und abzubilden.

Die Spaltung des Marktes in Unternehmen mit und ohne eigene IT-Abteilung hat begonnen und verläuft schleichend. Es zahlt sich also aus, rechtzeitig zu überlegen, wie man in Zukunft aufgestellt sein will. Die Chancen der IT-Spezialisten, die sich auf Cloud-Computing einlassen, stehen jedenfalls gut. Von Charles Darwin, dem Begründer der Evolutionstheorie, stammt der Satz: «Nicht die Stärk-sten oder die Intelligentesten werden überleben, sondern diejenigen, die sich am schnellsten anpassen.»

Ralph Wieser und Giorgio Mini sind Senior Product Manager bei Swisscom Grossunternehmen.
Prozess-Manager statt IT-Leiter bei Lerch Bau
Das Winterthurer Unternehmen Lerch Bau beschäftigt 200 Mitarbeiter und hat keine dedizierte IT-Abteilung und keinen klassischen IT-Leiter mehr. Stattdessen hat das Bauunternehmen einen Prozess-Manager eingestellt, dessen einziges Ziel es ist, die Geschäftsprozesse zu monitoren und kontinuierlich zu optimieren.
Ihm zur Seite steht der Service-Manager des Outsourcing-Providers, an den Lerch die gesamte ICT-Infrastruktur ausgelagert hat. Er stellt die benötigten IT-Ressourcen in seinen Daten-Zentren bereit. So laufen bei Lerch selber keine eigenen Server mehr. Die IT wird praktisch aus der Steckdose bezogen. Stephan Gürtler, CEO von Lerch Bau, ist froh, diese Entscheidung frühzeitig getroffen zu haben: «Mit der Auslagerung der gesamten IT konnten wir uns finanziell und organisatorisch entlasten. Wir haben auf diesem Weg unsere Flexibilität gesteigert und sind besser als zuvor in der Lage, unsere Kernkompetenz zu fokussieren.»


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