Erste Schritte in die Cloud

Mit einem Hosted Service, der Spam-Nachrichten abfängt, bevor sie das Firmennetzwerk erreichen, wagt der Stanser Flugzeughersteller Pilatus erste Schritte in der Cloud.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2011/03

     

Seit vergangenem August werden sämtliche E-Mails an Pilatus Aircraft, einem weltweit tätigen Hersteller von einmotorigen Turboprop-Flugzeugen mit Hauptsitz in Stans, durch ein Rechenzentrum von Symantec geroutet. Dabei werden Spam sowie mit Viren verseuchte Nachrichten direkt dort abgefangen. Möglich macht dies der Hosted Service Symantec.cloud E-Mail Security.
Dabei hatte man beim Flugzeughersteller gar nicht aktiv nach einer Cloud-Lösung gesucht, wie Martin Näpflin, Leiter IT-Infrastruktur bei Pilatus, erklärt. Vielmehr habe die bislang inhouse eingesetzte E-Mail-Filtering-Lösung das Ende des Wartungsvertrages erreicht. Während der Evaluationsphase für das nächste System sei man von Symantec-Partner Ontrex, mit dem man in der Vergangenheit bereits mehrfach zusammengearbeitet habe, auf die Möglichkeit des Cloud-Services aufmerksam gemacht worden.

Skepsis am Anfang

«Am Anfang waren wir eher skeptisch», erinnert sich Näpflin. «Die IT-Mitarbeiter konnten sich nicht vorstellen, etwas aus den Händen zu geben, auch, weil wir mit dem eingesetzten System eigentlich zufrieden waren.» Ebenfalls für Zweifel sorgte der potentielle Verlust des internen unternehmerischen Know-hows: «Wir haben diesen Bereich aufgebaut und die Mitarbeiter entsprechend ausgebildet», erklärt der Leiter IT-Infrastruktur. Auch eine mögliche Abhängigkeit vom Dienstleister sorgte erst für Kopfschmerzen. Man sei dann aber zum Schluss gekommen, dass man den Spamschutz relativ schnell wieder inhouse betreiben könnte, falls Symantec den Service nicht mehr anbieten würde. «Es ist nicht so, dass erst ein grosses Projekt lanciert werden müsste, sondern wir müssten lediglich den E-Mail Filtering Service bei unserem Firewall-Hersteller abonnieren und die E-Mails auf unsere Firewall umrouten», so Näpflin, «natürlich rechnen wir aber nicht damit, dass dieser Fall eintritt.» Ein weiterer Punkt, der das IT-Team am Anfang zögern liess, war die Erfahrung, die man mit Auslagerungen in anderen Bereichen gesammelt hatte. So seien Änderungen oft nicht mehr so schnell möglich, wenn man etwas extern gebe. Man müsse also genug Vorlaufzeit einplanen.

Referenzen zwingend nötig

Im Rahmen der sechs Monate dauernden Evaluation habe man dann unter anderem auch den Hosted Service von Symantec getestet, der schlussendlich das Rennen gemacht hat. «Überzeugt hat uns vor allem die hohe Spam-Filterquote», so Näpflin. Habe er vorher trotz der Firewall-basierten Lösung pro Tag ein bis zwei Spam-Nachrichten erhalten, so sei es momentan lediglich eine pro Monat. Ein weiterer Vorteil der Cloud-Lösung besteht laut dem Leiter IT-Infrastruktur darin, dass das Firmennetzwerk gar nicht erst durch Spam belastet wird: «Vorher kamen alle Spams bis zu unserer Firewall, was unsere Bandbreite der Internetleitung belastete.»
Nebst dem Test des Cloud-Services in der Pilotphase hat man sich bei Pilatus auch erkundigt, welche grossen, weltweit in der Industrie tätigen Firmen ebenfalls auf diesen Dienst setzen. «Wir haben verschiedene, renommierte Industrieunternehmen gefunden, was uns zusätzlich Vertrauen gegeben hat», so Näpflin. Ebenfalls wichtig für die Entscheidung für Symantec war dessen Marktführung. «Wir setzen auf global auftretende Unternehmen, die uns bezüglich Schnittstellen eine gewisse Garantie geben können und die es auch in einem Jahr auf dem Markt noch geben wird.» Hierbei spricht Näpflin aus Erfahrung. In anderen Bereichen traten in der Vergangenheit Kompatibilitätsprobleme auf, weil man sich auf Nischenprodukte und nicht auf die Marktführer beschränkt habe. «Wir sind oft wieder auf die Big Player im Markt zurückgekommen», bilanziert der Leiter IT-Infrastruktur. «Wichtig für uns ist, dass die in Betracht gezogenen Produkte entsprechende Referenzen aufweisen. Vor allem bei den businessrelevanten Systemen können wir es uns nicht erlauben, als Pilotunternehmen für einen Anbieter aufzutreten. Ein IT-Projekt ohne entsprechende Referenzen hätte bei unserer Firma schlechte Karten.»

Datenrouting im Ausland kein Problem

Nun werden die unerwünschten Nachrichten vom Symantec-Rechenzentrum in Frankfurt abgefangen. Das Backup-Rechenzentrum steht in Amsterdam. Für Näpflin ist es allerdings kein Problem, dass die Daten im Ausland zwischengelagert werden, damit eine E-Mail, die fälschlicherweise als Spam gekennzeichnet wurde, doch noch empfangen werden kann. «Die Rechenzentren verfügen über einen hohen Sicherheitsstandard. Das eigentliche Risiko sind die vielen anonymen Router, die die E-Mails auf ihrem Weg vom Absender bis zu den geschützten Rechenzentren von Symantec passieren», führt er aus. Für ihn überwiegt der Mehrwert des Cloud-Systems gegenüber möglichen Bedenken über ausländische Datenhaltung. Man könne das E-Mail-Filtering lokal im Unternehmen nie auf ein solches Niveau bringen, wie es mit dem Cloud-Dienst möglich sei. Zudem sei man so bezüglich Technologie immer auf dem aktuellsten Stand. «Für uns als Firma sind derweil Technologie-Updates immer eine relativ grosse Sache, sind kostenintensiv und brauchen viele Ressourcen. Nun müssen wir uns nicht mehr darum kümmern.» Dies sei auch eine Entlastung für die eigenen IT-Mitarbeiter, die ihre Ressourcen auf andere Projekte fokussieren könnten. «Auch die Administration von Symantec.cloud können wir selbst über das Web durchführen», führt Näpflin weiter aus. «Die Abhängigkeit von einem externen Dienstleister und die befürchteten möglichen Reaktionsverluste konnten wir so vermeiden.»
Und selbstverständlich spielen auch die Kosten respektive die Ersparnisse eine Rolle. So bezahlt Pilatus für die Symantec-Cloud laut Näpflin rund 30 Prozent weniger als für die vorherige Lösung.

Gesamter Webtraffic in der Cloud kontrollieren

Für dieses Jahr steht bei Pilatus ein weiteres Cloud-Projekt an. «Das E-Mail-Filtering aus der Cloud war für uns ein erster Schritt, um Erfahrungen im Cloud-Bereich zu sammeln», so Näpflin. Mittlerweile sei Symantec.cloud E-Mail Security etabliert und die Mitarbeiter würden weitere Cloud-Services befürworten. Deshalb will man bei Pilatus in diesem Jahr das Webtraffic-Filtering prüfen. Im August 2011 laufen nämlich auch hier die Wartungsverträge aus. «Dies bietet uns die Chance, zu prüfen, ob das bestehende System weiterhin das richtige ist», führt Näpflin aus. Deshalb werde man im April mit der Evaluation beginnen und hierbei selber gehostete Dienste Cloud-Services gegenüberstellen. «Falls der Cloud-Dienst unseren Anforderungen entspricht, dann sehe ich weiteres Potential, um auf die Cloud umzusteigen», so der IT-Infrastrukturleiter. Dadurch könnte Pilatus auch den Mobile-Usern unabhängig vom Standort eine höhere Sicherheit bei der Internetnutzung bieten.
Trotz der Begeisterung für die Cloud, ist ihr Einsatz in anderen IT-Bereichen bei Pilatus momentan aber noch kein Thema. «Hosted Services sollten meiner Meinung nach vor allem in Bereichen eingesetzt werden, die eine hohe Sicherheit und Qualität verlangen, welche intern nicht oder nur mit einem unverhältnismässig grossen Aufwand sichergestellt werden können», meint Näpflin. Und dies sei bei Pilatus primär im IT-Security-Bereich der Fall. (abr)


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