Swiss IT Magazine: Im Dezember wurde in der Presse vermeldet, dass Sunrise seine KMU-Abteilung auflöst und in die Geschäftskundensparte integriert. Was ist an dieser Geschichte dran? Jon Erni: Die KMU-Abteilung war schon immer ein integrierter Bestandteil des Geschäftskundensegments von
Sunrise. Es ist einzig so, dass wir das Product Management der verschiedenen Abteilungen zusammengefasst und die KMU-Leiterposition nicht mehr besetzt haben.
Warum dieser Schritt?Ich wollte die Struktur flacher machen und näher zu den Verkäufern rücken. Ich führe lieber eine breitere Spanne von Mitarbeitern und spüre deren Puls so besser. Die geschaffenen Ressourcen kann ich zudem im Sales-Bereich einsetzen, was wiederum den Kunden zugutekommt.
Sunrise will 2011 wieder stärker auf Geschäftskunden fokussieren. Was planen Sie?Die Positionierung von Sunrise ist heute sehr stark auf Privatkunden ausgerichtet. Diesen geben wir als Sunrise zwei Hauptversprechen ab: Ein attraktives Preis-/Leistungsverhältnis und die Einfachheit der Produkte. Im Geschäftskundenbereich reichen diese beiden Versprechen jedoch nicht, um Kunden zu gewinnen. Für Geschäftskunden ist die persönliche Betreuung wichtig, die hohe Qualität und die Flexibilität in der Ausführung von Kundenprojekten. Dem Fokus auf diese Punkte – nebst den bestehenden Werten Preis und Einfachheit – soll in einem neuen Sub-Brand Ausdruck verliehen werden: Business Sunrise.
Welche Pläne verfolgen Sie mit Business Sunrise bezüglich Wachstumszielen?Der Geschäftskundenbereich war für Sunrise schon seit jeher sehr wichtig. Wir zählen auch viele Grossfirmen zu unseren Kunden. Aber ich bin überzeugt, dass wir noch viel mehr Potential haben. Im Privatkundengeschäft haben wir rund 23 Prozent Marktanteil, bei den Geschäftskunden liegt der Anteil unter 10 Prozent. Als einziger alternativer Full-Service-Provider der Schweiz können wir damit nicht zufrieden sein. Bereits im letzten Jahr hat TDC – der ehemalige Besitzer – entschieden, den Business-Bereich auszubauen. Dazu wurde ich auch ins Unternehmen geholt. Inzwischen gehört Sunrise einem anderen Eigentümer und auch das Management-Team hat teils gewechselt – die Ziele sind aber dieselben geblieben. Der Geschäftskundenbereich soll vergrössert werden.
Welcher Marktanteil wird denn per Ende Jahr angestrebt?Ich kann nur sagen, dass wir ambitiöse Ziele anstreben.
Was können Sie zum neuen Auftritt, zum neuen Kleid, von Business Sunrise erzählen?Mit dem neuen Versprechen, mit dem wir die Business-Kunden adressieren möchten, geht auch ein neues Kleid einher. Wir haben dazu ein eigenes Logo geschaffen – das bewährte Sunrise-Bild in blau. Blau soll Ruhe, Langfristigkeit und Zuverlässigkeit zum Ausdruck bringen.
Ein neues Logo allein reicht aber nicht, um einen Neustart nach aussen zu kommunizieren.Das stimmt. Wir werden eine intensive Kampagne fahren, um am Markt unsere Werte zu vermitteln. Dazu konnten wir eine Reihe bestehende, zufriedene Kunden gewinnen, welche die eingangs erwähnten Werte – persönliche Betreuung, Flexibilität und hohe Servicequalität – zusammen mit uns kommunizieren.
Sie haben zuvor selbst erwähnt, dass Sunrise vor allem im Consumer-Bereich wahrgenommen wird. Sunrise hat ja in den letzten Jahren primär auf diesen Bereich fokussiert. Jetzt soll der Geschäftskunde wieder vermehrt in den Vordergrund rücken. Warum verfolgt Sunrise einen solchen Zickzack-Kurs in einem Geschäft, in dem Nachhaltigkeit so wichtig wäre?Sunrise hat immer grossen Wert auf Geschäftskunden gelegt und hier gute Arbeit geleistet. Doch es stimmt: Die Kommunikation nach aussen – die Werbung, die gemacht wurde – war vor allem auf den Residential-Bereich ausgerichtet. Wenn man aber wachsen und neue Kunden gewinnen will, muss man die gute Arbeit auch nach aussen kommunizieren. Ich spüre heute in Gesprächen mit potentiellen Geschäftskunden, dass vielfach nicht bekannt ist, dass Sunrise eine Alternative zu Swisscom darstellt.
Also fehlt Sunrise die nötige Wahrnehmung im Business-Bereich?Entscheidend für mich ist, dass sowohl Eigentümer wie auch Verwaltungsrat und unser CEO eine sehr klare Sicht der Dinge haben. Und diese Sicht ist dieselbe wie auch meine, nämlich, dass wir im Business wachsen wollen. Dass die Organisation zuerst noch einen Wandel durchlaufen muss, ist mir auch klar. Ich bin aber überzeugt, dass die Organisation diese Neuausrichtung auch mitmachen wird.
Welche Rolle spielt CEO Oliver Steil bei der Business-Ausrichtung?Er spielt eine matchentscheidende Rolle. Denn die ganze Neuausrichtung mit dem neuen Brand ist stark geprägt von der Konstellation mit neuem Verwaltungsrat, neuem Eigentümer, neuem CEO und von meiner Person. Ich spüre den 100-prozentigen Support von Oliver Steil, ohne ihn wäre das Ganze nie in so kurzer Zeit umsetzbar gewesen.
Unter Christoph Brand wäre dies also nicht möglich gewesen?Unter Herrn Brand waren die Pläne ähnlich, jedoch war eine neue Marke kein Thema. Aber die stärkere Fokussierung auf Geschäftskunden war auch unter Christoph Brand bereits ein Thema, schliesslich war er es, der mich für diese Aufgabe an Bord geholt hat.
Wie wollen Sie gegen den übermächtigen Konkurrenten Swisscom bestehen? Was bieten Sie?Swisscom macht einen guten Job, hat über 80 Prozent Marktanteil. Doch verschiedene Szenarien lassen Platz für uns. So gibt es Grosskunden, die nicht nur auf einen Provider setzen wollen, als Fallback-Lösung bei Problemen. Ausserdem wissen wir, dass viele Kunden eine Alternative zu Swisscom wollen. Wir sind diese Alternative, und das müssen wir dem Markt bewusst machen. In der Angebotsgestaltung gehen wir weg vom Produktverkauf, hin zu Nutzerwelten. Kunden sollen sich nicht über ein Produkt angesprochen fühlen. Wir haben fünf Welten mit typischen Unternehmen beziehungsweise Problemstellungen kreiert: Unternehmen mit einer Filialstruktur in der Schweiz, international tätige Unternehmen, Unternehmen aus dem Industrie- und Gesundheitswesen, Unternehmen mit vielen Aussendienstmitarbeitern und Unternehmen aus dem Dienstleistungssektor. Wir haben versucht, die typischen Ansprüche solcher Unternehmen zu skizzieren und wollen so die Kunden ansprechen. Im Verkaufsgespräch wollen wir dann als Berater des Kunden auftreten und basierend auf der geschaffenen Grundausgangslage aus diesen Welten aufzeigen, was für sie wichtig sein kann und wo die Vorteile liegen. Ausserdem ist es mir wichtig, dass die Kunden einen direkten Draht in die Geschäftsleitung von Business
Sunrise erhalten. Ich will nicht, dass ein Call Center zwischen dem Management-Team und den Kunden liegt – wir müssen selbst für unsere Kunden erreichbar sein. Haben Kunden ein Thema, das sie beschäftigt, werde ich mich persönlich darum kümmern
Doch wo bleiben die Produkte? Cablecom zum Beispiel hat vor knapp einem Jahr ein sehr aggressives KMU-Angebot lanciert und ist damit erfolgreich. Kommt von Sunrise etwas Ähnliches?Wir haben einige neue Produkte in der Pipeline, man wird dieses Jahr noch von uns hören.
Können Sie schon mal einen Vorgeschmack geben?Ich kann einige Dinge aufzeigen, die wir bereits heute im Angebot haben. So beispielsweise im Bereich Machine-to-Machine-Kommunikation – etwa zum Positionieren von Fahrzeugen und ähnlichem. In diesem Gebiet sehen wir eine enorme Entwicklung, und hier werden wir ausbauen. Ein Thema sind für uns auch Cloud-Services. Und im Mobile-Bereich wollen wir Kunden international eine Lösung bieten, mit der sie Kostensicherheit erhalten, wenn sie ihr Handy im nahen Ausland zum Telefonieren und Surfen benutzen. Diese Kunden sollen sich dank geplanten Flat-Tarifen keine Gedanken mehr machen müssen über Kosten im Ausland. Diese drei Themen zeigen, in welche Richtung es gehen wird.
Ein Wort noch zur Konkurrenz. Wie schätzen sie Cablecom Business ein?
Cablecom Business hat – auch dank Kontinuität in der Führung – in den letzten Jahren eine starke Position erreicht. Sie treten nicht sehr aggressiv im Markt auf, gewinnen aber dank der Kontinuität wichtige Kunden hinzu. Grundsätzlich sehe ich alle, die neben Swisscom auf dem Markt sind, auch als Partner. Ich arbeite mit verschiedenen dieser Anbieter zusammen, weil wir gemeinsam oftmals bessere Erfolgs-chancen haben als alleine. Colt ist hier ein gutes Beispiel.
Ein Wort noch zu Orange. Darf man Orange im Business-Bereich abschreiben?
Nein, auf keinen Fall. Orange ist ein internationales Unternehmen, hat aber in der Schweiz sicher keine einfache Ausgangslage, weil hierzulande primär auf Mobile-Services fokussiert wird und man im Festnetz kaum Möglichkeiten hat. Doch wir arbeiten auch mit Orange Business Services zusammen. Orange ist im KMU-Mobile-Bereich sehr stark.
Ein Wort noch zu Partnern. Wie weit setzen Sie auf Partner, um die Business-Angebote an den Mann zu bringen?
Wir setzen stark auf Partner. Im Soho-Segment wurde das Netz in den letzten Jahren aufgebaut, hier verkaufen wir vor allem über Reseller. Im KMU-Umfeld haben wir eine neue Initiative lanciert, um über Netzwerkintegratoren den Markt zu adressieren. Ein Hauptziel für 2011 ist es, diese Integratoren in eine Kooperation einzubinden. Wir haben bereits über 30 Unternehmen, welche diese Partnerschaft mit uns unterschrieben haben, und wollen hier noch ausbauen. Denn gerade für KMU sind die Integratoren der wesentliche Ansprechpartner.
Wie viele Partner sind bis Ende Jahr das Ziel?
Genaue Zahlen will ich nicht nennen, aber zwischen 50 und 100 sollen es bis Ende 2011 insgesamt werden.
Was können Sie diesen Partnern bieten?
Die einzige Alternative zu Swisscom. Wir sind der einzige alternative Provider, der aus einer Hand Festnetz, Internet und Mobile anbieten kann.
Reicht das, um die Partner – zum grossen Teil heutige Swisscom-Partner – für sie zu begeistern?
Ja, denn die Kunden dieser Integratoren wünschen sich auch Alternativen zu Swisscom. Ausserdem haben wir ein starkes Team, das sich um die Partner kümmert, mit Leuten aus der Branche, was in diesem Geschäft enorm wichtig ist.
(mw)