Swiss IT Magazine: Herr Wolf, warum trauen sich so wenige Schweizer auf den US-Markt?Hanspeter Wolf, Numcom: Von aussen betrachtet und ohne Hilfe sieht es halt schwierig aus. Dazu kommen immer wieder Geschichten von Fehlschlägen, die teils viel Geld gekostet haben. Das lässt viele zaudern.
Sind diese Vorbehalte begründet?Nicht unbedingt. Die Kosten kann man zum Beispiel kontrollieren, wenn man nicht gleich ein Büro aufmacht. Wir schickten anfangs einfach nur einmal im Monat die relevanten Personen für ein paar Tage hin. Damit kann man eine solide Basis etablieren. Gerade im Banking kann das geografisch sogar unkomplizierter sein als in der Schweiz. In den USA ist dieses Business stark auf New York konzentriert. In der Schweiz muss man schnell mal Genf, Lugano und Zürich bereisen. Das sind andere Distanzen.
Numcom ging vor zweieinhalb Jahren in die USA. Wie kam es dazu?Initial wie die Jungfrau zum Kind. Der erste Kontakt hat sich einfach über lose Diskussionen im Netzwerk ergeben. Das hat uns aber gezeigt, dass wir uns in den USA nicht zu verstecken brauchen. Schon beim ersten Auftrag mussten wir uns im Wettbewerb mit grossen Konkurrenten beweisen. Mittlerweile haben wir ein eigenes Büro in New York.
Das klingt schon beinahe wie ein Selbstläufer.Das war es überhaupt nicht. Unser erster Deal ist beinahe der Finanzkrise zum Opfer gefallen. Zum Abschluss flog ich nach New York. Während ich im Flieger sass, wurden dort alle unsere wichtigen Kontaktpersonen entlassen. Ich stieg aus dem Flugzeug und war auf einmal mutterseelenallein.
Was haben Sie dann gemacht?Ich habe alle übrigen Kontakte abtelefoniert – ohne Ergebnis. Die Leute hatten zu viel Angst, um uns zu helfen. Schliesslich rief ich den CIO, mit dem ich noch nie etwas zu tun hatte, direkt an. Der war dann überraschend zugänglich. Wir trafen uns am nächsten Tag zum Lunch und schlossen das Geschäft mit Erfolg ab.
Dabei sollen die Amerikaner doch so hilfsbereit sein?Das sind sie auch. Aber an dieser Stelle habe ich einen zentralen Unterschied zwischen der Schweiz und den USA begriffen. Die Tür ist in Amerika zwar eher offen, zum Abschluss zu kommen ist aber viel schwieriger. Sehen Sie, die USA sind wie ein Pfirsich: aussen weich, aber hart im Kern. Die Schweiz ist da genau anders. Aussen hart und innen weich, also eher wie eine Kokosnuss.
Haben Sie Ratschläge für andere Unternehmen, die auf dem Weg in die USA sind?Man muss pragmatisch sein. Egal was eine Software alles kann, es ist wichtig eine Nische zu besetzen. Wenn ich dort zu einem Geschäftsleitungsmitglied sage, wir sind die Nummer eins im Client-On-Boarding in der Finanzbranche, dann hört er mir mindestens fünf Minuten zu. Wenn ich was von den Vorzügen meiner Technik erzähle und was sie alles sonst noch kann, ist die Sache schon gelaufen.
Wie könnten es sich die Schweizer in Zukunft einfacher machen?Wenn Numcom einen Event in New York veranstaltet, laden wir immer auch lokale Schweizer ein, die dort erfolgreich sind. So bauen wir ein Netzwerk auf. Das ist der Weg. Andere Nationen sind uns da weit voraus – zum Beispiel die Iren oder Schweden. Gemeinsame Wurzeln sind wichtig, sonst ist das Land zu gross.