Sie haben den weltbekannten Informatikbiber erfunden, der zu einem riesigen Erfolg wurde. Ausser dem Spass beim Lösen von Informatikrätseln soll auch nachhaltiges Wissen vermittelt werden. Um was für Kenntnisse geht es?
Ich war auf der Suche nach einer Idee, wie man Kindern Informatikkonzepte beibringen kann. Denn ich hatte festgestellt, dass viele Länder Informatik als wissenschaftliches Fach aus den Lehrplänen gestrichen hatten. So kam ich zur Überzeugung, dass wir einen anderen Ansatz brauchen, um die Schülerinnen und Schüler für das Fach zu begeistern: einen Wettbewerb. Ziel des Vorhabens war es, Kinder beliebiger Altersstufen für die Informatik zu gewinnen. Es ist wichtiger, die Grundlagen der Informatik zu begreifen, als viele technische Einzelheiten zu kennen.
Wie kam der Wettbewerb zustande?
Der Informatikbiber setzt eine Menge anspruchsvoller Aufgaben sowie viele begeisterungsfähige Lehrkräfte voraus, die die Kinder fürs Mitmachen gewinnen können. Ausschlaggebend sind die Aufgaben. Wir brauchten fast ein Jahr, um geeignete Fragestellungen zu entwerfen und um das Vorgehen zu erarbeiten. Der erste Wettbewerb begann im Oktober 2004 und fand nur in Litauen statt. Bei der Entwicklung von Biber-Aufgaben versuchen wir, spannende Probleme zu wählen. So gelingt es, die Teilnehmenden für die Informatik und für ein tieferes Technikverständnis zu begeistern und ihre Rechnerhandhabung zu fördern. Für die Lehrpersonen ist es ein Anlass, um sich mit der Vereinheitlichung der Informatiklehrpläne auseinander zu setzen. Schöpferische Aufgaben bilden also den Kern des Informatikwettbewerbs.
Worin bestehen die Aufgaben?
Wir haben sechs Haupttypen von Aufgaben erarbeitet:
• Verständnis für den Begriff Information,
Darstellung (symbolisch, numerisch, visuell),
Kodierung, Verschlüsselung;
• algorithmisches Denken, einschliesslich
Gesichtspunkte des Programmierens;
• Nutzung von Computersystemen, z.B.
Suchmaschinen, elektronische Post, Tabellen-
kalkulation usw.
• Strukturen, Muster und Anordnungen,
Kombinatorik, diskrete Strukturen (Grafen usw.);
• Rätsel, Spiele (Mastermind, Minensuchboot usw.);
• Informationstechnik und Gesellschaft.
Können Sie das noch näher ausführen?
Es geht um Aufgaben, in die wir Informatikkonzepte einbauen wie Algorithmen, nacheinander und gleichzeitig ablaufende Programme, Datenstrukturen, Modellierung von Zuständen, Ablaufsteuerung und Datenfluss, Mensch-Maschine-Schnittstelle, Grafik usw. Verwendet man geeignete Problemstellungen, so können fast alle Aspekte der Informatik Gegenstand solcher Wettbewerbsaufgaben sein.
Haben Sie dazu ein konkretes Beispiel?
Die Aufgabe „Biberbach“ gewährt einen ersten Einblick in eigenständige Agenten, die parallel und z.T. in ein einem so genannten Deadlock laufen. Weil Biber nicht rückwärtsgehen, gibt es einige parallele Wege. Wie die Abbildungen zeigen, kann in jeder Zelle nur ein Biber sein. In welcher Situation lässt sich ein Verkehrszusammenbruch nicht mehr vermeiden?
Um diese Aufgabe zu lösen, muss man sich vorstellen, wie die Biber von einem Feld zum andern laufen, wo Biber ihre Schritte nacheinander oder gar gleichzeitig machen können. Anhand dieser Aufgabe kann man lernen, dass gleichzeitige Tätigkeiten zu einem Deadlock führen können, so dass keine Bewegung mehr möglich ist.
Warum ist der Biber so erfolgreich?
Computer sind heute allgegenwärtig. Die Kinder sind erpicht aufs Surfen und Chatten, die Beschaffung von Informationen und die Verarbeitung von Daten. Es ist deshalb Zeit zu zeigen, was hinter dem Rechner steckt, wie die Technik funktioniert. Ansprechende und ausgereifte Aufgaben sind das A und O des Wettbewerbs. Erfindung, Tricks, Überraschung sind wünschenswerte Merkmale jeder Biber-Aufgabe.
Herbert Bruderer, ETH Zürich, Departement Informatik, Ausbildungs- und Beratungszentrum für Informatikunterricht