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UC für den direkten Draht zum Kunden

Viele Firmen sehen in Unified Communications noch kaum Vorteile. Zudem stellen sie bei der Einführung solcher Systeme fälschlicherweise die Technik in den Vordergrund.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2011/01

     

Unternehmen stehen mittlerweile nebst klassischen Kommunikationsmitteln wie Telefon und E-Mail zahlreiche neue Kanäle, Instrumente und Funktionen wie Instant Messaging, Presence Management, Web-Meetings und Video-Conferencing zur Verfügung. Über deren Nutzen sind sie sich aber alles andere als einig. Während er bei Web- und Video-Conferencing oder sogenannten Live-Meetings für die meisten offensichtlich ist und in massiver Zeitersparnis, schneller Kommunikation und der Reduzierung von Reisekosten liegt, bleibt der Nutzen bei Presence Management und vor allem Instant Messaging fraglich. So hat Unified Communications (UC) insbesondere in vielen KMU noch einen schweren Stand. Chats gehören in die Freizeit und haben laut vielen Unternehmen nichts am Arbeitsplatz verloren. Sie sind als «Zeitfresser» und «Spielzeug» verschrien. Ausserdem wollen viele Mitarbeiter nicht, dass alle im Team laufend über den eigenen Präsenz-Status informiert sind. Richtig eingesetzt bietet UC aber echten Nutzen.

Instant Messaging als Vorteil

In Diskussionen rund um Unified Communications stellen Entscheider in den Unternehmen immer wieder die Frage, was Instant Messaging (IM) im Business-Alltag bringt. Viele Firmenchefs fragen sich, wo der Vorteil liegt, wenn die Mitarbeiter den ganzen Arbeitstag in belanglosen Chats verbringen.
Sie sehen dabei leider nicht, dass es ein entscheidender Vorteil und vor allem ein grosser Kundennutzen ist, wenn Geschäftspartner, Kunden oder Interessenten auf diversen Wegen mit dem Unternehmen in Kontakt treten können. Aus Marketing-Sicht ist es nämlich sehr wohl von Interesse, ob der Kunde direkt aus der Website heraus beispielsweise offene Fragen in einem Chat diskutieren kann, anstatt mühsam über irgendwelche Kontaktformulare in Verbindung zu treten und dann auf die Antworten warten zu müssen. Der «Schnellere ist der Geschwindere» heisst es ja so schön – und hier trifft dieses Sprichwort perfekt zu. Unified Communications ermöglicht dem Kunden einen möglichst barrierefreien und komfortablen Zutritt.
Aber auch für die Mitarbeitenden selbst bietet UC durchaus nützliche Vorteile. Im Zentrum steht dabei das sogenannte Presence Management. Auf einen Blick sehen die User direkt in der Anwendung, ob ein Kollege gerade frei und erreichbar oder eben beispielsweise in einem Meeting ist. Ist der Kollege besetzt, erübrigt sich ein Anruf. Allenfalls kann auf andere Mittel wie E-Mail ausgewichen und eine Frage oder ähnliches platziert werden.

Verschmelzung der Werkzeuge

Und gerade diese Vernetzung der verschiedenen Kommunikationskanäle macht eine echte UC-Lösung zum Wettbewerbsvorteil. Anders als bei den bisher getrennten Kommunikationssystemen muss sicher der User nicht mehr vorab entscheiden, über welchen Kanal er kommunizieren soll. Er beginnt mit dem für den Augenblick idealsten – für eine kurze Rückfrage beim Kollegen beispielsweise mit einem Chat.
Wird während der Konversation festgestellt, dass eben dieser Chat nicht ideal ist, weil zum Beispiel weitere Personen mit informiert werden sollten, kann praktisch unterbruchsfrei und ohne Informationsverlust in ein anderes Tool wie das E-Mail-Programm gewechselt werden. Wird eine Instant Messaging Session unterbrochen, weil beispielsweise ein Teilnehmer nicht mehr online ist, wird die Kommunikation gespeichert und kann dort später wieder aufgenommen werden. Entscheiden sich die User für einen Wechsel auf E-Mail, kann der Chat auch als Mail-Kommunikation weitergeführt werden. Diese neuen Möglichkeiten sorgen – richtig eingesetzt – durchaus für mehr Effizienz.

Herausforderung Mensch

Entsprechende Projekte stehen oder fallen aber mit der korrekten Einführung. Und wie so oft bei IT-Projekten ist es im Bereich UC enorm wichtig, klare Grundlagen, Konzepte und eindeutige Ziele zu erarbeiten.
Je nach Unternehmen, Einsatzgebiet und Kultur kommen lediglich einzelne Facetten von UC oder aber das gesamte Spektrum zum Einsatz. Nicht in jedem Unternehmen macht Instant Messaging Sinn – eine entsprechende Einführung kann ohne Akzeptanz der User schnell zum Scheitern eines Projekts führen. Den Mitarbeitenden muss zudem klar sein, dass sie mit IM nicht ein Spielzeug, sondern ein Business Tool erhalten. Die Einführung von IM macht da Sinn, wo sehr schnelle und unkomplizierte Kommunikationswege wichtig sind. Sichtbare Erfolge sind beispielsweise im Kundendienst möglich, wo noch während eines Telefongespräches mit dem Kunden interne Abklärungen getätigt werden können. Die Mitarbeiter müssen mit hoher Eigenverantwortung handeln und den richtigen Einsatz abwägen können. Gerade wenn es um die Entscheidung geht, ob eine ebensolche «Parallel-Kommunikation» im jeweiligen Fall nützlich oder eher ablenkend und störend ist.
Matchentscheidend bei der Einführung eines UC-Tools ist in jedem Fall der Einbezug der Mitarbeiter auf allen Stufen und aus sämtlichen Unternehmensbereichen. Schliesslich müssen in ausgedehnten Schulungen der geplante Einsatz, der zu erwartende Nutzen und die Ziele des UC-Projektes aufgezeigt werden. Die Informationen und Ausbildungen haben dabei viel mehr methodischen und organisatorischen als rein technischen Charakter.
Ausserdem darf in den meisten Firmen der Generationenunterschied nicht vernachlässigt werden. Während aktuell die meisten Mitarbeiter in den Unternehmen noch durchaus eine Zeit ohne Smartphone, SMS und Chat erlebt haben, rückt in vielen Firmen langsam aber sicher eine neue Generation nach. Diese jungen Menschen sind es sich gewohnt, mit neuartigen Kommunikations-Tools zu arbeiten und haben wenig Verständnis, wenn ihnen lediglich das klassische Telefon und E-Mail zur Verfügung stehen. Statt Verboten von Chat & Co. ist daher eher eine durchdachte und zielführende Nutzung – selbstverständlich mit klaren Regeln – angebracht. Um Angestellte, aber auch Kunden und Geschäftspartner nicht zu überfordern und zu irritieren, muss klar sein, ob UC respektive IM ein ausschliesslich internes Instrument ist oder auch für die Kommunikation mit Kunden und Partnern genutzt werden soll und darf. Hilfreich ist, wenn konkrete Fallbeispiele erläutert werden, wo welche Kommunikation mit welcher Lösung gewünscht oder verhindert werden soll. Während im asiatischen Raum die (Kunden-)Kommunikation per Instant Messaging zum Beispiel alltäglich ist, fühlen sich in unseren Breitengraden viele so auf unpassendem Weg angesprochen – IM ist hier zu wenig formal.

Social Networks als nächster Schritt

Eine weitere wichtige Frage, die sich in Unternehmen stellt, ist, wie man mit Social-Networking-Plattformen umgehen soll. Ist die Nutzung von Xing, Facebook & Co. im Unternehmen angebracht oder auch wieder nur zeitraubend und störend? Sollen Firmen allenfalls künftig eigene soziale Netzwerke aufbauen und pflegen?
Dass Facebook und Co. weit mehr als Spielereien sind, zeigt ein aktuelles Beispiel aus der Praxis: Zweifel hat eine beliebte, aber in den letzten Jahren nicht mehr erhältliche Snack-Sorte dank dem Feedback der Facebook-User wieder neu lanciert und erfolgreich auf den Markt gebracht. Dies ist ein herrliches Beispiel für erste Verbindungen von bisher reinen Intranet- und Unternehmensportalen mit «öffentlichen» Instant-Messaging- und Social-Networking-Plattformen sowie für sehr direkte, schnelle und kostengünstige Kundenkommunikation zum Nutzen des Unternehmens.

Jeder Fall ist anders

Ein Patentrezept zur Einführung von UC und Social Networking gibt es nicht. Viele individuelle Faktoren wie die Firmenkultur, der Altersdurchschnitt respektive der Mix der Mitarbeiter, die Branche und die Kundschaft müssen von Fall zu Fall geprüft werden.
Neben rein technischen Details müssen vor allem der Faktor Mensch und die damit verbundenen Fragen geklärt werden. Somit mausern sich UC-Projekte sehr schnell zu organisatorischen und sehr oft durchaus auch kulturellen und psychologischen Projekten, bei denen die Menschen im Zentrum stehen. Eine durchaus interessante Aufgabe, an welcher sich jedoch viele klassische IT-Anbieter wie auch interne IT-Abteilungen die Zähne ausbeissen, da sie sich allzu oft ausschliesslich oder mehrheitlich auf rein technische Bereiche konzentrieren. (René Kuechler)



René Kuechler ist Mitgründer, Teilhaber und CEO des Unified-Communications- & Collaboration-Spezialisten One Source AG.


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