GoLive 5.0 trumpft mit Smart Objects auf, ist aber teuer

Die neue Version 5.0 des Profi-Webeditors GoLive wurde um einige längst fällige Features ergänzt und bietet mit den Smart Objects eine echte Innovation.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2000/40

     

Als Adobe vor rund anderthalb Jahren den Dauertestsieger GoLive - vorher nur für Mac erhältlich - erstmals in einer Windows-Version veröffentlichte, ging ein Raunen durch die Webentwickler-Gemeinde. Das Produkt war zwar nicht perfekt, präsentierte sich aber neben Macromedias Dreamweaver als einziges Site-Kreationstool, das sich explizit an Profis richtete. Mit der neuen Version 5.0 werden einige Mängel des Vorgängers ausgemerzt, insbesondere verfügt das Programm nun über eine erweiterte Undo-Funktion sowie über Features für die Arbeit im Team.


Integration mit Photoshop

Wesentliche Neuerungen von GoLive 5.0 finden sich bei der Integration von anderen Adobe-Produkten wie Photoshop oder Live Motion. So verfügt der HTML-Layouter nun über entsprechende Importfunktionen, mit deren Hilfe etwa Photoshop-Dokumente so eingefügt werden können, dass jede Ebene eine eigene Grafik ergibt. Mit einem speziellen Speicherdialog lassen sich die Grafiken dann wie in Image Ready mit allen möglichen Optimierungen speichern.



Neu ist auch die sogenannte Smart-Objects-Technologie: Smart Objects verknüpfen die Quelldatei mit dem entsprechenden Webfile sowie der zugehörigen Anwendung. Ein Doppelklick auf das Objekt öffnet die Applikation, wo Änderungen durchgeführt werden können. GoLive aktualisiert das Objekt im Layout automatisch.




Das funktioniert auch in umgekehrter Richtung, so dass etwa eine Veränderung der Bildgrösse in GoLive von Photoshop erkannt wird - das Bild wird dann automatisch neu berechnet, fürs Internet optimiert und gespeichert.



Sogenannte Tracing Images im Hintergrund des Layout-Fensters, mit deren Hilfe Grafiken nachgebaut werden können, unterstützt nun auch GoLive - einige Konkurrenten bieten dieses Feature allerdings schon lange.



Darüber hinaus weist GoLive 5.0 einige neue Fähigkeiten bei der Integration und Bearbeitung von Quicktime-Filmen auf. Zusätzlich lassen sich nun auch Flash-Elemente in Quicktime-Movies einbringen, was es etwa ermöglicht, passende Steuerelemente in einen Film einzufügen.




Oberfläche überarbeitet

Die Oberfläche von GoLive 5.0 wurde an die anderen Adobe-Produkte angepasst. Im Besonderen heisst das, dass nun auch in GoLive die andockbaren Paletten genutzt werden. Für altgediente Adobe-Jünger ist das von Vorteil, finden sie sich damit doch auch in diesem Produkt besser zurecht. Auf der anderen Seite benötigt GoLive nun deutlich mehr Platz auf dem Bildschirm, was das Arbeiten erst auf grossen Monitoren und mit hoher Auflösung komfortabel macht.



Aus Photoshop bereits bekannt ist die History-Palette (hier Protokoll-Palette genannt), über die schnell auf frühere Versionen der kreierten Website zurückgesprungen werden kann. Leider werden dabei nur die letzten zwanzig Änderungen gespeichert, und Makros lassen sich aus den Einträgen in der Palette auch nicht erstellen.




Zeitgemäss wirkt dagegen die Ergänzung der Oberfläche um Kontextmenüs, die mit der rechten Maustaste aufgerufen werden.



Zu den weiteren Neuerungen auf der Oberfläche gehört die Sourcecode-Palette, die auch in der Layoutansicht ständig sichtbar ist und mit Letzterer zusammenarbeitet: Anpassungen im Code werden sofort auch im Layout angezeigt, ebenso wie sich Änderungen im Layout direkt auch auf den Code auswirken. Dabei wird die aktuelle Auswahl im Layoutfenster im Quellcode markiert.



Praktisch ist auch die HTML-Baumstruktur, die die hierarchische Position eines Objekts anzeigt und nicht zuletzt der schnellen Auswahl von Elementen dienen kann.



Der von GoLive erzeugte Sourcecode ist leider nicht besonders sauber, das heisst, es werden nach wie vor proprietäre Attribute eingefügt, da das Programm offenbar nur so Tabellen korrekt wieder einlesen kann. Auch die JavaScripts, die GoLive mit seinen Actions erzeugt, wirken nicht besonders aufgeräumt. Immerhin ist der Adobe-HTML-Editor in der Lage, importierten Code unverändert zu lassen.


Erweiterte Website-Verwaltung

Schon frühere Versionen von GoLive besassen eine mächtige Website-Verwaltung. Diese wurde nun um eine Funktion für die Berichterstellung ergänzt. Neu dazugekommen ist ein Feature für die visuelle Konstruktion von Websites: Ähnlich wie in NetObjects Fusion und Microsoft FrontPage lassen sich hier Seiten ins Web einfügen, beliebig verschieben und verlinken sowie in Designgruppen zusammenfassen.



Die Unterstützung für den Webdav-Standard (Web Distributed Authoring and Versioning) ermöglicht nun die Entwicklung von Websites in Arbeitsgruppen. Dabei bietet GoLive ein umfassendes Featureset für die Erstellung, Bearbeitung, Verwaltung und Synchronisation von Webseiten und -sites.




Erweitert wurden auch die Funktionen für die Datenbankanbindung per Dynamic Link. Schliesslich bietet GoLive neuerdings ein Software Development Kit (SDK), mit dem sich das Programm um zusätzliche Funktionen erweitern oder die Oberfläche anpassen lässt. Das SDK kommt dabei komplett mit Interpreter und Debugger.



Insgesamt erscheint GoLive 5.0 mit seinen zahlreichen kleinen Änderungen und Verbesserungen als sehr gutes Layoutprogramm für Webdesigner. Die Bedienung ist dank den neuen Kontextmenüs und der erweiterten Undo-Funktion deutlich einfacher geworden. Viele der Neuerungen machen allerdings einen abgekupferten Eindruck oder waren schon längst überfällig, radikale Innovationen finden sich ausser den Smart Objects keine. Der Preis für GoLive 5.0 erscheint im Vergleich zu Produkten mit ähnlicher Funktionalität zu hoch.




Nachtrag der Redaktion

Im diesem Testbericht haben wir als negativen Punkt den hohen Preis angeführt. Mitte November hat Adobe den Preis nach unten korrigiert: Das Produkt ist ab sofort für 400 Franken erhältlich.



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