Corel Draw 10 mit Flash-Konkurrenz

Mächtige Features, hervorragende Funktionalität und gute Integration machen die Grafiksuite zur ersten Wahl für professionelle Grafiker und Webdesigner.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2000/39

     

Corel, wegen finanzieller Probleme immer wieder in den Schlagzeilen zu findender kanadischer Softwarehersteller und mit seiner Grafiksoftware ewiger Zweiter hinter Adobe, will es noch einmal wissen. Die neue Version 10 des Grafikpakets CorelDraw, erwartet in der ersten Novemberhälfte, enthält eine Vielzahl von Neuerungen und Verbesserungen, die insbesondere professionelle Grafiker und Webdesigner ansprechen.



Die Grafiksuite besteht in der jüngsten Version wieder aus drei Hauptkomponenten: Neben Draw, das für Vektorgrafik und Layout-Aufgaben entwickelt wurde, und Photo-Paint, dem Bearbeitungsprogramm für Pixelbilder, bietet das Softwarepaket neu Corel Rave, das Vektorobjekte animiert und als Flashgrafiken speichern kann.




Dazu kommen einige Hilfsprogramme, darunter die Vektorisierungssoftware Corel Trace, Corel Texture zur Erzeugung von Texturen, eine Schriftenverwaltung, eine Light-Version der Mediendatenbank Canto Cumulus 5 sowie Visual Basic for Applications als Scriptsprache.


Corel Rave: Integrierter Flash-Konkurrent

Hauptsächlichste Neuerung im CorelDraw-Paket ist das neue Programm Corel Rave (Real Animated Vector Effects). Diese völlig neue Anwendung erzeugt animierte Vektorgrafiken und speichert diese wahlweise als AVI- oder Quicktime-Film oder als animiertes GIF. Als erstes und bisher einziges Programm aus diesem Sektor ist Rave darüber hinaus in der Lage, die Animationen auch im Flash-Format zu speichern, was zahlreiche Vorteile bringt: Zum einen sind Flash-Movies wesentlich kompakter als andere Dateiformate für Animationen, zum anderen lassen sich diese Filme stufenlos skalieren, starten und stoppen.



Die Erstellung von einfachen Animationen ist mit Rave ein Kinderspiel. Die Applikation arbeitet wie ihre Konkurrenten Macromedia Flash und Adobe LiveMotion mit Zeitleisten und Schlüsselbildern, mit denen Text- und Vektorobjekte bewegt werden können. Dazu genügen drei Schritte: Nach dem Erstellen der zu animierenden Grafik mit den gewohnten Zeichenwerkzeugen zieht man die zugehörige Achse auf der Zeitleiste über die gewünschte Anzahl Einzelbilder, erstellt an dieser Stelle ein neues Schlüsselbild (Key-Frame) und verändert die Grafik. Den Rest - die Berechnung der einzelnen Zwischenschritte für eine fliessende Bewegung - übernimmt Rave.




Mit Rave lassen sich die verschiedensten Eigenschaften eines Objekts verändern. Neben der Position sind das etwa Grösse, Farbwerte oder Form des Gebildes. Bewegungen entlang frei definierbarer Pfade sind ebenso wenig ein Problem wie Farbumwandlungen: Rave erzeugt in jedem Fall fliessende Übergänge.



Natürlich können die Animationen auch mit Sound versehen werden. Rave bietet dabei volle Drag&Drop-Unterstützung, das heisst, es genügt, die gewünschten Ton-Dateien ins Arbeitsfenster zu ziehen, wo sie dann automatisch in die Zeitleiste integriert werden. Dabei geht Rave gegebenenfalls sogar so weit, den Sound an die Filmlänge anzupassen: Wird der Clip verkürzt oder gestreckt, spielt Rave den Audiotrack entsprechend schneller oder langsamer ab und sorgt dabei für ungeahnte (und meist wohl ungewollte) Soundeffekte.



Bei der Speicherung der Movies bietet Rave die üblichen Exportoptionen. So können etwa Bildraten und Kompressionsfaktoren ausgewählt werden. Darüber hinaus kommt auch hier die Suite-eigene Pre-Flight-Engine zum Zug, die das Dokument untersucht und allfällige Probleme frühzeitig meldet.



Einer der grossen Vorzüge von Rave gegenüber den Programmen der Konkurrenz ist die mit CorelDraw geteilte Benutzeroberfläche. Angestammte Corel-User kommen so mit minimalem Lerneffekt zu schnellen Ergebnissen. Zudem bietet Rave mit wenigen Ausnahmen alle Zeichen- und Bearbeitungsfunktionen von CorelDraw - ebenfalls ein deutliches Plus gegenüber den Konkurrenten. Die Integration der beiden Programme geht so weit, dass man sich fragt, weshalb Rave überhaupt eine eigene Applikation geworden ist - es hätte auch genügt, wenn die Entwickler CorelDraw um die Zeitleiste und das "Film"-Menü erweitert hätten.



In der getesteten Beta war Rave allerdings offenbar noch nicht ganz fertig: So liessen sich etwa diverse Objekte erst animieren, nachdem man sie in Kurven verwandelt hat. Auch einige Transitionen bereiteten noch Probleme. Vermisst haben wir im Speicherdialog ausserdem eine Angabe der zu erwartenden Dateigrösse, wie sie beispielsweise in Photo-Paint für das JPEG-Format vorhanden ist.




Corel Draw: Prepress gross geschrieben

Die wichtigsten Neuerungen im eigentlichen CorelDraw 10 dürften vor allem die Anwender aus der Druckvorstufe begeistern. So bietet CorelDraw nun ein rundum erneuertes Farbmanagement, das in einem einzigen Fenster daherkommt. Hier lassen sich Farbprofile visuell definieren und mit Verwendungszwecken verknüpfen. Farbprofile können so etwa für bestimmte Drucker, Monitore oder fürs Web entwickelt und je nach Bedarf schnell ausgetauscht werden. Einige Presets werden bereits mitgeliefert.



Eine andere Neuerung in CorelDraw 10 ist der Seitensortierer, mit dem sich die Reihenfolge von einzelnen Seiten eines Dokuments problemlos per Drag&Drop umstellen lässt. Auf der kreativen Ebene hat CorelDraw nun ein deutlich besseres Text-Handling, eine Echtzeit-Vorschau für Effekte sowie eine einfachere Bedienung der interaktiven Zeichentoools zu bieten.




Auch beim Export von Dokumenten hat CorelDraw dazugewonnen: So kann der Anwender bei fürs Web erstellten Seiten nun die Bilder nach Belieben komprimieren - dazu wird auch eine Vorschau geboten. Deutlich erweitert wurde auch die PDF-Exportfunktion. Hier lassen sich in der neuen Version Voreinstellungen definieren und speichern, was den Arbeitsaufwand bei der Erstellung von PDFs senken kann. Einige weitere neue Features dieser Funktion sind Passermarken und Farbkeile, die frei anpassbare Kompression für Bilder und Text sowie der Einbau von Seitenminiaturen und Lesezeichen.



Des weiteren verfügt CorelDraw nicht nur über einen integrierten Webbrowser, sondern bietet auch einige Funktionen zur Kreation von Webseiten. So lassen sich beispielsweise Rollover-Buttons komfortabel erstellen, und auch die Integration von Scripts oder Datenbanken per ODBC ist möglich.




Corel Photo-Paint: Wenige echte Neuerungen

Vergleichsweise bietet Photo-Paint wenige Neuerungen. Am augenfälligsten ist noch die überarbeitete und an die anderen Teile der Suite angepasste Oberfläche. Wie bei den anderen Komponenten lässt sich diese auch in Photo-Paint beliebig anpassen, als Datei speichern und auf andere Rechner übertragen.



Ausserdem bietet Photo-Paint nun wie CorelDraw eine Echtzeit-Vorschau auf die meisten Effekte sowie ein rigoros überarbeitetes Text-Werkzeug. Neu dazugekommen sind schliesslich einige wenige neue Effekte, darunter ein "Rote-Augen-Filter" und die sogenannte intelligente Unschärfe: Damit lassen sich eintönige Bildbereiche weichzeichnen, während gleichzeitig die Konturen der Motive gewahrt bleiben.




Insgesamt richtet sich CorelDraw 10 mit seinen mächtigen Kreativ-Werkzeugen und komplexen Features wie der Farbverwaltung ganz klar an professionelle Anwender, denen dank der Integration von Rave und der PDF-Ausgabe erst noch die Anschaffung zusätzlicher Programme erspart bleibt. Die hervorragende Integration der Applikationen unter einer einheitlichen Oberfläche sorgt dafür, dass der Lernaufwand im erträglichen Rahmen bleibt.



Dank des neuen, modularen Aufbaus der Applikationen sollen diese gemäss Corel auch an Performance gewinnen. In der vorliegenden Beta hält sich der Geschwindigkeitszuwachs noch in Grenzen; subjektiv machen die Programme allerdings bereits einen flotteren Eindruck. Durch die nun logischer aufgebauten und mit Icons versehenen Menüs sowie die neue Echtzeit-Vorschau für Effekte hat sich nicht zuletzt auch der Workflow beschleunigt.



Ausserdem soll CorelDraw 10 über eine verbesserte Stabilität verfügen. Auch dieses Versprechen scheint der Hersteller einhalten zu können: Komplettabstürze, früher selbst bei Finalversionen von CorelDraw an der Tagesordnung, haben wir während unseres Tests keine erlebt.



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