Aufklärung gegen Cybercrime
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2007/17
Wer sich mal die Mühe macht, in seinem Bekanntenkreis herumzufragen, wer in letzter Zeit im Unternehmen Sicherheitsvorfälle miterlebt hat, wird vor allem eins hören: Bei uns gibt’s das nicht. Diese Behauptung ist oft sogar (scheinbar) belegbar, denn was aus den Log-Einträgen nicht explizit hervorgeht, findet nach landläufiger Meinung schlicht nicht statt. Natürlich ist diese Einschätzung kreuzfalsch.
Wie sich immer wieder zeigt, gehen die Siege im Wettlauf zwischen den Angreifern und den Herstellern von Sicherheitstechnologie regelmässig an erstere. So ausgeklügelt die technischen Massnahmen auch sind – die Hacker haben dennoch meist die Nase vorn, weil die Industrie aus naheliegenden Gründen eben kaum proaktiv kommende Angriffe vorwegnehmen, sondern bestenfalls im nachhinein auf diese reagieren kann.
Das heisst nun allerdings nicht, dass die technischen Massnahmen obsolet wären – im Gegenteil, sie sind heute als erste Barriere gegen Attacken jeder Art nötiger denn je. Mindestens ebenso wichtig (und bis heute viel zu oft vernachlässigt), ist aber die Sensibilisierung der Menschen, neudeutsch auch Awareness, und zwar auf allen Ebenen.
Wie Untersuchungen immer wieder feststellen, zeigt die Mehrzahl der Anwender in ihrem Surf- und Downloadverhalten sowohl zuhause als auch am Arbeitsplatz noch immer eine geradezu skandalöse Sorglosigkeit, die sich im Zusammenhang und im Umgang mit Mails und Attachments tendenziell sogar noch verschlimmert.
Hier sind ganz klar der Arbeitgeber und seine IT-Abteilung gefordert: Wer nur nach einem bekanntgewordenen Schadenfall oder einer grösseren Spam-Welle seine Mitarbeiter rudimentär informiert, hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt. Wichtig ist es vielmehr, permanent für die Sensibilisierung zu sorgen – ein gewisses gesundes Misstrauen dem Web und seinen Diensten wie Mail oder Instant Messaging gegenüber muss jedem Mitarbeiter mit Computerarbeitsplatz in Fleisch und Blut übergehen. Er muss die Gefahren und Bedrohungen kennen, schon bevor er ihnen das erste Mal «live» begegnet.
Ob mit Awareness tatsächlich eine Verbesserung der Situation zu erreichen ist, wird allerdings von einigen Sicherheitsexperten bezweifelt. So hat etwa jüngst Mikko Hyppönen, Chef-Virenanalyst der finnischen F-Secure, in einem Interview mit Pressetext erklärt, dass allen Aufklärungskampagnen zum Trotz «die Leute es niemals lernen» werden: «Sie werden immer doppelklicken und ihre Kreditkartennummer weitergeben, wenn jemand danach fragt. So lange man mit Spamming und Phishing auf einfachem Weg so viel Geld verdienen kann, wird das Phänomen eher schlimmer als weniger werden.»
Für einige besonders naive Zeitgenossen mag diese düstere Prognose der anhaltenden Lernunfähigkeit durchaus zutreffen, bei einem Grossteil der Anwender besteht aber doch die berechtigte Hoffnung, dass die Aufklärungskampagnen etwas nützen.
Besonders geeignet für eine Awareness-Kampagne im Unternehmen ist ein Newsletter, der regelmässig an alle Mitarbeiter verschickt wird. Damit er auch gelesen wird, ist eine gute Aufmachung wichtig, die Inhalte sollten auch nicht zu lang und möglichst unterhaltsam sein. Mögliche Themen gibt es mehr als genug, und mitunter lassen sie sich auch mit aktuellen Ereignissen verknüpfen: Steht etwa die Erneuerung der Passwörter an, ist es sinnvoll, vorher zwangslos über sichere Kennwörter und ihre Zusammensetzung zu informieren. Aber auch der Umgang mit Mails ist immer aktuell:
Wie verschickt man Massenmails, ohne zu viele Informationen preiszugeben? Was ist bei Attachments zu beachten? Geradezu unerschöpflich sind die Awareness-Themen im Zusammenhang mit mobilen Geräten wie Laptops, USB-Sticks oder Handys. Auch das Surfen im Internet, Downloads, Social-Engineering- und Spionage-Methoden sind dankbare Themenbereiche.
Wer sich die Mühe macht, seine Mitarbeiter regelmässig über Bedrohungen, Datenschutzprobleme und ähnliches zu informieren und sie für angemessene Verhaltensweisen zu sensibilisieren, wird meist schon nach kurzer Zeit eine deutliche Verbesserung des Sicherheitsdenkens feststellen können, was langfristig den Aufwand locker wettmacht.