Editorial

Frühlingserwachen

In der IT-Branche scheint der Frühling einzuziehen.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2002/03

     

Die Tage werden länger, die Temperaturen steigen. Nach einem kalten Bilderbuchwinter mit Seegfrörni und Kaiserwetter steht der Frühling vor der Tür. In meinem Garten spriessen bereits die ersten Schneeglöckchen. Und am Flieder knospt's.



Auch in der IT-Branche scheint der Frühling einzuziehen. Nach einer langen, dunklen Phase der Stagnation, die von gutem Wetter wahrlich nicht verschönt wurde, scheint sich der IT-Winter dem Ende zuzuneigen. Positive Meldungen sind zwar noch nicht gerade in der Überzahl, häufen sich aber doch in letzter Zeit auffällig.




Eine der erfreulichen Nachrichten der letzten Tage kommt von Amazon. Der bisher (fast) einzige Beweis, dass E-Commerce in der B2C-Variante tatsächlich funktionieren kann, macht erstmals in seiner sechsjährigen Firmengeschichte einen mit knapp über 5 Millionen Dollar zwar bescheidenen Gewinn. Aber das lässt doch hoffen.



Hoffnung ist auch das oberste Gebot bei all jenen Firmen und Web-Abteilungen, die ihre Inhalte künftig nur noch gegen Bares anbieten wollen, um mit ihren Online-Angeboten endlich schwarze Zahlen schreiben zu können. Die NZZ ist dabei nur in der Schweiz ein Vorreiter; in Deutschland und Amerika haben diverse Verlage und Dienstleister den Schritt bereits vollzogen. Der Beweis, dass dieses Geschäftsmodell die erwarteten Gewinne bringt, steht zwar noch aus, und es scheint weiterhin fraglich, ob er jemals erbracht werden kann, zumal die Rechnung offenbar manchenorts weitgehend ohne den User gemacht wurde. Ermutigende Meldungen für künftige ausgeglichene Bilanzen bei den Content-Anbietern gibt es aber dennoch: Bereits seit vergangenem August zeigt das Umsatzvolumen bei Online-Werbung zumindest in Deutschland wieder eine steigende Tendenz.



Da mögen auch die Gewerkschafter nicht mehr abseits stehen. Gerade rechtzeitig zum Ende der Krise wurde nach rund halbjähriger Vorbereitungszeit letzte Woche "//syndikat" gegründet. Das ambitiöse Projekt, das die über 100'000 Schweizer IT-Worker organisieren und vertreten will, ist eine Novität, nicht nur für die Schweiz: Selbst in Amerika hat noch keiner eine Online-Gewerkschaft gegründet. Drücken wir dem hoffnungsvollen //syndikat die Daumen - es wird die Unterstützung brauchen können, bläst ihm doch von seiten der etablierten Gewerkschaften smuv und Kommunikation bereits ein winterlich rauher Wind ins Gesicht.



Ein weiteres gutes Zeichen: Nächste Woche findet bereits zum sechsten Mal die Internet Expo statt. Seit 1997 zeigt die Branchenmesse in Zürich alljährlich im Frühling die aktuellen Trends, die jüngsten Entwicklungen, die wesentlichen Tendenzen und Strömungen in der IT-Welt. Und auch dieses Jahr ist wieder alles dabei, was Rang und Namen hat. Zwar ist die Ausstellerzahl in diesem Jahr erstmals leicht gesunken, was gemäss Veranstalter eine "straffere Strukturierung" der Messe erlaubt; immerhin sind aber immer noch deutlich mehr Aussteller als im Boomjahr 2000 vertreten. Wer die viel beschworene Morgenluft selber wittern will, hat dazu vom 6. bis 8. Februar reichlich Gelegenheit. Unsere umfangreiche Vorschau (ab Seite 21) hilft bei der optimalen Vorbereitung des Messebesuchs.



Nun macht eine einzige Schwalbe bekanntlich noch keinen Frühling, und auch ein ganzer Vogelschwarm ist erst ein Vorbote. Die Schneeglöckchen aber werden bereits in wenigen Wochen blühen.
Bei der IT-Branche dauert's wohl noch ein wenig länger.




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