Linux einfach für jeden Geschmack
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2005/20
Am 20. Oktober 2004 präsentierte die südafrikanische Canonical eine neue Linux-Distribution mit dem Namen Ubuntu – das Zulu-Wort für «Menschlichkeit gegenüber anderen». In gerade mal einem Jahr hat es die Distribution, die sich durch Einfachheit und grosse Benutzerfreundlichkeit auszeichnet, zur populärsten Linux-Variante auf DistroWatch.com und zur Windows-Alternative auf Notebooks von Hewlett-Packard gebracht.
Ubuntu ist das Werk von rund 50 Entwicklern, die bisher vor allem im Debian- und im GNOME-Projekt engagiert waren. Finanziert werden sie vom südafrikanischen Millionär Mark Shuttleworth, Gründer von Thawte Consulting, die er später an Verisign verkaufte. Im Gegensatz zu anderen Distributionen wie Suse Linux, die ihr System komplett selber pflegen und weiterentwickeln, baut Ubuntu auf der Community-Distribution des Debian-Projekts auf. Zu diesem Zweck werden regelmässig der Testing-Zweig von Debian kopiert und die wichtigen Pakete gegebenenfalls aktualisiert und an Ubuntu angepasst. Das Resultat wird alle 6 Monate in Form eines CD-Images veröffentlicht, das für die komplette Installation ausreicht.
Während andere Distributionen mit mehreren Window Managers, Office-Suiten und unzähligen zusätzlichen Applikationen schnell einmal ein halbes Dutzend CDs und mehr füllen, beschränkt man sich bei Ubuntu ganz bewusst auf einen Window Manager (GNOME), eine Office-Suite (OpenOffice.org) und einen Browser (Firefox). Die fehlenden Wahlmöglichkeiten wirken sich positiv auf die Qualität des gesamten Produkts aus: Die Applikationen sind sauber integriert, komplett internationalisiert, die Installation von weiteren Komponenten, die auf der Installations-CD keinen Platz gefunden haben, funktioniert problemlos. Ebenso spartanisch wirkt der gesamte Desktop, der im Gegensatz zu so mancher anderer Distribution leer ist. Die Auswahlmenüs sind ebenfalls aufs Nötigste beschränkt und ermöglichen es auch unbedarften Anwendern, schnell zum Ziel zu kommen. Ubuntu erinnert damit stark ans Konzept von Novell Linux Desktop.
Die Einfachheit scheint es auch zu sein, die Linux auch bei normalen Anwendern salonfähig gemacht hat. Bei immer mehr Leuten, die im Büro vor Windows und Outlook sitzen, läuft zu Hause auf dem Desktop oder dem Notebook Ubuntu – meist, weil es einfach «so» funktioniert. Und dies selbst auf Notebooks, bei denen sonst eine Linux-Installation schon zu den anspruchsvolleren Übungen zählt. Einzig bei der 3D-Beschleunigung muss man in der Regel nachhelfen, weil wie bei allen anderen Community-Distributionen auch Ubuntu die Closed-Source-Treiber von ATI und Nvidia nicht mitliefern darf. Ähnlich sieht es auch bei der Multimedia-Software wie Flash- oder Real-Player und Media-Codecs aus, die wegen ihrer Lizenzbedingungen nicht mit der freien Software ausgeliefert werden und deshalb zum Teil mühsam nachinstalliert werden müssen. Dessen sind sich auch die Entwickler bei Canonical bewusst und bezeichnen die Lizenz-Verstrickungen und die damit einhergehende fehlende Multimedia-Fähigkeit «out of the Box» auch als grössten Stolperstein für die weitere Verbreitung von Ubuntu.