Editorial

Glasfasern für alle!


Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2007/03

     

Die Stadt Zürich hat die Spendierhosen an und will sich für 325 Millionen Franken ein eigenes Glasfaser-Netz genehmigen – gebaut und finanziert vom städtischen Energieversorger EWZ, sofern die Stimmberechtigten mitspielen (siehe Seite 11).



Dass man Geld dümmer ausgeben kann – wenn es denn schon einmal da ist –, hat dieselbe Stadt mit ihrem sibyllinischen Slogan für die Fussball-Europameisterschaft 2008 bereits bewiesen: «Wir leben Zürich.» Schliesslich ist eine hochwertige Telekominfrastruktur heute genauso wichtig für die wirtschaftliche Entwicklung wie ein Anschluss ans Stromnetz oder die Kanalisation, auch wenn sie in den seltensten Fällen ausschlaggebend für einen Standort-Entscheid sein dürfte.



Dass die nebst Verizon und Litecom bereits in «Wir leben Zürich» aktiven Telcos Cablecom, Colt, Sunrise und Swisscom gegen das staatliche Glasfaser-Netz wettern, ist nicht verwunderlich. Schliesslich fürchten sie um die Rendite ihrer teuer verlegten Glasfaserkabel. Allerdings haben sie sich den Markteinstieg der Stadt selber zuzuschreiben. Denn die Pilotphase des EWZ seit 2003 hat offenbar gezeigt, dass das bestehende Angebot nicht ausreicht. Dies würde mir als Anbieter zu denken geben, deutet es doch darauf hin, dass ich am Markt vorbeigeplant habe.



Hoch erfreut sind dagegen die kleinen Carrier ohne eigene Infrastruktur. Sie stehen bereits jetzt beim EWZ Schlange, um Zugang zum Netz zu erhalten. Denn für sie brechen damit goldene Zeiten an. Sie können beim EWZ einkaufen, ohne sich Gedanken über die Armotisation der Leitungen machen müssen, und mit Kampfpreisen die etablierte Konkurrenz in den Schwitzkasten nehmen.



Dass vorerst nicht die ganze Stadt Zürich in Genuss des EWZ-Netzes kommt, ist genauso zu verschmerzen, wie es durch die Nutzung der bestehenden Kabelschächte für die Stromversorgung quasi zu einer Quersubventionierung kommt. Schliesslich spart das Geld und ist nichts als fair: Swisscom hat ihr Netz bei der Marktliberalisierung sozusagen geschenkt bekommen, und die Cablecom hat die Schweizer Bürger dank ihrem TV-Monopol ebenfalls lang genug geschröpft. Ausserdem werden nicht nur Firmen mit Glasfasern bedacht, sondern auch Mehrfamilienhäuser. Fibre to the Home, die Zugangstechnologie der Zukunft, kommt endlich in Reichweite.



Bleibt nur zu hoffen, dass sich das Zürcher Modell bewährt und irgendwann ein offenes und flächendeckendes Fibre to the Home realisiert wird – und zwar national! Denn dass der ausschliessliche Infrastrukturwettbewerb nicht funktioniert, haben wir mittlerweile gelernt. Erst wer andere Carrier ohne Einschränkungen à la Swisscom Fixnet Wholesale auf seine Infrastruktur lässt, bringt den Wettbewerb richtig in Gang.




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