Handy-Viren gehört die Zukunft
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2008/10
Im Jahr 2004 tauchten die ersten Handy-Viren auf. Seitdem hat sich nicht viel verändert, das Risiko, dass man sich Schadprogramme einfängt, ist weiterhin gering. «Es herrscht noch kein Grund zur Beunruhigung», erzählt Candid Wüest, Security-Experte von Symantec. Das sieht man auch beim grössten Schweizer Mobilfunknetz-Betreiber Swisscom so. Die Gefahr, dass ein Endgerät aktuell mit einem Virus infiziert wird, stuft man als gering ein. Das selbe bei Handyhersteller Nokia: «Bislang gibt es eigentlich kaum bekannte Fälle von Virenproblemen auf einem Mobiltelefon», so Pressesprecherin Barbara Fürchtegott.
Aktuell hört man jedoch wieder vermehrt, dass bald der Zeitpunkt gekommen sei, ab dem die Mobiltelefon-Schädlinge so richtig zuschlagen. Damit rechnen alle, sowohl die Netzanbieter, wie die Antiviren- und die Handyhersteller. Was könnten Auslöser dafür sein? Zum einen bestimmt die wachsende Verbreitung von Smartphones, die komplexer sind als normale Handys und dadurch auch verwundbarer. Mit iPhones & Co. kommt auch die Vernetzung vermehrt auf.
«Seit Bluetooth und WLAN auf dem Vormarsch sind, sind die Gefahren grösser geworden», weiss Candid Wüest. Weitere Angriffsziele stecken in heute noch ganz selten missbrauchten Dingen wie Memory Cards, PC-Synchronisation, aber auch via IM-Dienste, also kurz in allen den tollen Funktionen, die unsere Smartphones heute bieten.
Eine weitere Gefahr liegt in den aufkommenden, neuen Plattformen wie beispielsweise Googles Android oder Apples iPhone-OS. Deren Software Development Kits (SDK) vereinfachen es Hackern, neue Schadsoftware zu entwerfen. Allerdings beleben sie auch den Plattform-Markt. Er ist heute bereits stark segmentiert, das heisst, es gibt im Gegensatz beispielsweise zu den Computern, auf denen in den meisten Fällen Windows läuft, keine marktbeherrschende Plattform. Bei Swisscom beobachtet man jedoch einen Trend zu homogeneren Betriebssystemen, vor allem Windows Mobile und Symbian würden zulegen.
Wann die Handy-Viren effektiv gross aufkommen werden, wagt heute niemand genau zu prognostizieren, zumal ihre Entwicklung in den letzten Jahren ja nur schleppend voranging. «Mit einer grossen Wurm-Attacke auf Smartphones ist jedoch im Jahr 2008 noch nicht zu rechnen», meint Candid Wüest. Potential steckt laut ihm in der Zwischenzeit bei Handy-Trojanern wie beispielsweise Skull (siehe Box oben), die als Spiele getarnt, auf dem Telefon installiert werden. Allerdings hat der Benutzer hier das letzte Wort, beziehungsweise er muss die Datei gewollt ausführen.
Die Gefahr durch Viren auf Mobiltelefonen ist also noch nicht riesig. Das sehen auch die User so, wie eine im letzten Herbst durchgeführte Studie von Avira zeigt: Nur elf Prozent der befragten Handy- und/oder PDA-Besitzer gaben an, ihr mobiles Gerät mit einer speziellen Antivirensoftware zu schützen. 27 Prozent aller Umfrageteilnehmer sehen zwar eine Bedrohung durch Handy-Viren, wissen aber nicht, welche Schutzmassnahmen sie ergreifen sollen. Das Gefahrenpotential schätzen etwa 12 Prozent als harmlos ein. Die restlichen 28 Prozent empfinden darin nur eine Panikmache.
Panikmache? Im Prinzip schon, zumindest für private User. Legt man die gleiche Aufmerksamkeit an den Tag, wie bei der Benutzung des PC, sollte heute nicht viel passieren. Das bedeutet, dass man aufpasst, was man an Zusatzsoftware installiert und von welcher Quelle man sie bezieht.
Handy-Viren sind heute noch keine wirkliche Gefahr und es herrscht noch kein Grund zur Beunruhigung. Trotzdem schadet ein wenig Aufmerksamkeit sicher nicht. Denn Handys oder Smartphones können heute bereits so viel wie die besten Computer vor nur wenigen Jahren, und was mit ihnen passiert ist, wissen wir alle...
Laut Schätzungen von McAfee existieren heute zirka 400 Handy-Viren, eine überschaubare Anzahl also. Auf ähnliche Werte kommen auch Symantec oder G Data. In einer aktuellen Erhebung hat man 2007 interessanterweise sogar einen Entwicklungsrückgang festgestellt. Doch was können die aktuellen Handy-Viren? Das sind drei der bekanntesten Vertreter im Detail:
· Cabir: Dieser Handy-Virus war der allererste, den man entdeckte. Der Wurm hat es auf Mobiltelefone der Symbian-Series-60-Plattform abgesehen und verbreitet sich via Bluetooth, das heisst automatisch an alle Geräte, die Bluetooth aktiviert haben und in der Nähe sind. Er heisst in der Regel «caribe.sis». Heute gibt es einige Versionen davon.
· Commwarrior: Hierbei handelt es sich um einen Wurm, der es auch auf Symbian-Handys abgesehen hat. Er verbreitet sich entweder über MMS (verschickt sich automatisch an alle Nummern im Adressbuch) oder über Bluetooth, tarnt sich als Spiel/Software und besitzt ebenfalls eine Dateiendung «.sis».
· Skull: Er war der erste Handy-Virus (auch nur für Symbian-Phones), der nicht ohne Folgen blieb. Der Trojaner ersetzt nämlich sämtliche Programm-Symbole durch Totenköpfe und tarnt sich dabei als «Extended Theme.sis». Auch von ihm gibt es mittlerweile einige Abkömmlinge. Er verbreitet sich über Websites, also nicht automatisch, wie die anderen beiden.
Um sich auf seinem Smartphone keinen der aktuell zwar seltenen, aber vorhandenen Viren einzufangen, sollte man folgende Ratschläge befolgen:
· Nicht benötigte Verbindungen wie Bluetooth, WLAN etc. sollten deaktiviert werden.
· Datenübertragungen von unbekannten, anderen Handys nie akzeptieren.
· Software und Dateien von Drittanbietern nur dann installieren, wenn einem die Quelle bekannt ist.
· Links in ankommenden SMS oder MMS von unbekannten Rufnummern mit Vorsicht behandeln und wenn möglich nicht öffnen.
Diese Tips sollten eigentlich genügen. Optional kann man seine Sicherheitsstrategie noch ergänzen durch:
· Antiviren-, Firewall-, Backup- & Verschlüsselungs-Software für Handys
· Regelmässige Betriebssystemaktualisierungen