Editorial

Der orangene Sonnenaufgang


Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2008/08

     

Der Schweizer Mobilfunkmarkt ist zwar nicht der grösste, aber ein umkämpfter. Fünf Netzbetreiber
tummeln sich darin. Gut, sagen wir einmal vier, denn wer kennt schon «in&phone»? Und darf man
Tele2 wirklich bereits dazu zählen, mit ihren gut 1 Prozent Marktanteil? Also bleiben noch drei. Und zwei
davon, Orange und Sunrise, haben zwar knapp 19 Prozent Marktanteil, Tendenz jedoch sinkend.
So bestimmt also eigentlich nur einer den Markt: Die Swisscom. ComCom-Chef Marc Furrer sagte vor
kurzem in der «Handelszeitung» sogar, dass wir zurück auf dem Weg zum Swisscom-Monopol seien.
Was hat die Konkurrenz in den letzten Jahren denn falsch gemacht? Nicht viel.


Als die Swisscom 1993 das erste Handynetz in Betrieb nahm, hatte man für rund fünfeinhalb Jahre ein
Monopol. Zu lange, gesteht heute auch Furrer ein. Denn so war man etabliert und konnte sich voll auf
den Abwehrkampf konzentrieren. Der begann 1998, als Sunrise (damals noch Diax) und Orange ihre
Mobilfunkkonzessionen erhielten. Allerdings bedeutete auch das vorerst keine Konkurrenz, denn ihre
Netzabdeckung war zum Start ziemlich mies. Mit dem in den Neunzigern startenden Handy-Boom
entschieden sich deshalb die meisten User für den zuverlässigsten Anbieter. Und dabei blieben sie.
Denn: Der Schweizer Markt funktioniert anders. Wir wollen nicht um jeden Preis den günstigsten Preis.
Man ist zufrieden mit dem, was man hat und erhält vom Anbieter zur richtigen Zeit auch ein paar Zückerchen.
Einen Anbieterwechsel empfindet man als kompliziert, lästig und in der Regel teuer. Das
bestätigt auch ein Blick ins Krankenkassen-Business. Das ist es in Tat und Wahrheit aber nicht. Ich weiss,
wovon ich rede. Ich hatte schon Abos bei allen drei grossen Mobilfunk-Playern ...



Soweit die Geschichte. Natürlich hat der ComCom-Chef auch eine Lösung für das drohende, neuerliche
Mobilfunk-Monopol parat: Orange und Sunrise sollen ihre Handy-Netze zusammenlegen, um dadurch die
Infrastrukturkosten zu senken und so mehr Geld für anderes zu haben (mehr auf Seite 9). Macht das
Sinn? Ich glaube nicht. Die Krux beim vorgeschlagenen Deal sehe ich darin, dass man zwar gemeinsam
ein Netz betreiben, aber weiterhin Konkurrent bei den Angeboten sein soll. Über Preisabsprachen gibt es
ja immer wieder Gerüchte, aber durch ein gemeinsames Netz wird der Wettbewerb der beiden doch
tendenziell noch weiter eingeschränkt. Wieso also nicht gleich eine Komplettfusion der Mobilfunk-
Sparten oder gleich der ganzen Unternehmen? Klar darf das Furrer als ComCom-Chef nicht fordern, denn
daraus entstünde ein Quasi-Duopol. Aber das wäre doch immer noch besser als ein Monopol.


Die beiden Telcos könnten nicht nur im Mobilfunk ihre Gemeinsamkeiten nutzen. Da wäre zum einen
auch noch das Internet- beziehungsweise ADSL-Geschäft. Beide wollen günstigere Zugangspreise von der
Swisscom, und Sunrise arbeitet deshalb sogar kräftig an einem eigenen Netz. Das kostet Geld und
gemeinsam hätte man mehr davon. Zum anderen versucht sich Orange auch auf dem Festnetz-Markt, wo
Sunrise bereits sehr stark ist. Aber für eine Komplettfusion geht es beiden Unternehmen wohl noch zu
gut, als dass der eine es zugeben würde auf die Hilfe des anderen angewiesen zu sein.


Aber zurück zum Schweizer Mobilfunkmarkt: Vielleicht spielt hier ja Tele2 das Zünglein an der Waage?
Denn dort will man in den nächsten Jahren ja 15 Prozent Marktanteil erringen, mit Billigangeboten oder
wie man selbst sagt: «Big Deals». Aber auf Kosten von wem? Klar, in erster Linie von Orange und Sunrise.
Denn wie bereits erklärt, sind Schweizer Handybesitzer nicht sehr preissensitiv und wechselfreudig
und die meisten von denen, die es sind, dürften bereits heute nicht mehr Swisscom-Kunden sein...

(mv)


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