Rechenzentren müssen sparen
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2008/01
Nicht nur in Büros wird viel Strom verbraucht. Die «grüne Welle» hat es insbesondere auch auf Rechenzentren (RZ) und Datencenter (DC) abgesehen. In der Schweiz stehen heute rund 4000 davon, die 24 Stunden am Tag und 365 Tage im Jahr laufen und gemeinsam laut Schätzungen täglich rund 500 Megawatt benötigen. Und es werden immer mehr. In ihnen wird bisher also (noch) sehr viel Strom verbraucht. Zwischen 25 bis 40 Prozent des IT-Budgets sollen Unternehmen heute alleine für den Strom und die Kühlung ihrer Rechenzentren ausgeben. Energieeffizienz lautet deshalb das Thema. Damit könnte man einerseits Geld sparen, Experten rechnen mit bis zu 20 Prozent, aber nicht zuletzt auch nachhaltiger arbeiten.
Wie und wo kann man in einem RZ aber die Energie einsparen? Eine Frage, die nicht sehr einfach zu beantworten ist. Häufig fehlen nämlich Zahlen, die den Energieverbrauch so aufschlüsseln, dass man sieht, wo wieviel unnötig oder effizient gebraucht wird. Ein Umstand, den beispielsweise Microsoft in seiner Strategie zum «Green Data Center» aufgenommen hat. Energieüberwachungssysteme sind für sie ein Lösungsansatz, allerdings ist danach auch die richtige Auswertung der Daten entscheidend.
Als Hilfe dazu könnten verschiedene Zahlen oder Studien von Experten dienen, die es in einer grossen Anzahl und auch Variation gibt, was wiederum deren Einbindung erschweren würde. Grundsätzlich kommt man bei Microsoft aber zum Schluss, dass viel Energie verschwendet wird und dass das traditionelle Modell der Energieverbrauchsmessung angepasst werden müsste.
Von der gesamten Energie, die ein RZ verbraucht, gehen laut Experten von IBM rund drei Viertel auf Kosten der Kühlung sowie Stromübertragung und -transformation. Die Zentraleinheit, der Speicher sowie die Kommunikation benötigen nur einen Viertel. Besonders prekär ist die Angelegenheit, wenn man sich einmal die Serverauslastung anschaut. Sie liegt in der Schweiz nach diversen Schätzungen bei einem Schnitt von 10 bis maximal 20 Prozent.
Da der Preis für neue Hardware günstig ist, hat man bisher für neue Anwendungen oder erhöhten Speicherbedarf einfach zusätzliche Server gekauft – oft auch auf «Vorrat». Viele Server werden aber, beispielsweise bei Banken, oft nur bei Spitzenzeiten wie Ende Monat genutzt. Das trägt unweigerlich zu einer ineffizienten Auslastung bei und lässt den Spagat zwischen den passiven Kosten (Kühlung etc.) zu den aktiven weiter wachsen.
Die Organisation «The Green Grid», die wir Ihnen bereits im einleitenden Schwerpunkt-Text näher vorgestellt haben, hat es sich zum Ziel gemacht, gemeinsam diese Sparpotentiale zu entdecken, den Stromverbrauch in Rechenzentren zu senken und die Energie nachhaltig zu nutzen. Ähnliches haben in der Schweiz IBM, die Zürcher Kantonalbank (ZKB) und die ETH vor. Vor ungefähr einem Jahr ist diese Arbeitsgruppe entstanden und hat sich auf die Suche nach dem «Grünen Rechenzentrum» gemacht.
Eigentlicher Initiator war die ZKB. Im Unternehmen wurde eine Nachhaltigkeits- und Umweltanalyse gestartet, die aufdeckte, dass die meiste Energie (40%) in irgendeiner Form IT-related verbraucht wird, ein Grossteil davon im RZ. Also suchte man nach Ansatzpunkten, um dieses Phänomen genauer unter die Lupe zu nehmen. Schnell war klar: das geht nicht allein. Also zog man Experten von IBM mit ins Boot. Die wiederum wussten von Studien der ETH, die in etwa ein derartiges Projekt suchte. Gemeinsam arbeitet man nun an einem Modell, welches sämtliche Faktoren eines effizienten Energieeinsatzes berücksichtigt. Mittlerweile ist die Gruppe noch um ein paar weitere Experten gewachsen und steht weiteren Interessierten offen.
Ein erstes «grosses» Produkt dieser Zusammenarbeit ist der aktuelle «Swiss Innovation Outlook» (SIO) von IBM, sprich eine rund 50-seitige Broschüre die den Titel trägt: «Green IT – Das grüne Rechenzentrum».
Die einfache, allgemeingültige Lösung, wie man ein RZ grüner machen kann, existiert nicht. Wie bereits erwähnt, gibt es sehr viele mögliche Sparpotentiale, die man zuerst «entdecken» muss. Und man findet bestimmt ebensoviele, wenn nicht mehr Lösungsansätze dafür. Im Voraus sollte aber auf jeden Fall ein wichtiger Punkt geklärt sein, nämlich in bezug auf die Verantwortung. Sowohl in der Microsoft-Studie zum «Green Data Center» wie auch im aktuellen SIO von IBM wird klar kommuniziert, dass nicht der RZ-Leiter alleine so ein Projekt tragen kann. Die nötige Unterstützung aus dem Management, sprich vom CIO wird für eine erfolgreiche Umsetzung der Massnahmen vorausgesetzt.
In der bereits erwähnten SIO-Broschüre finden sich einige Lösungsansätze, wie man «Das grüne Rechenzentrum» erreichen könnte. In der Folge gehen wir auf eine Auswahl davon ein. Ein erster wichtiger Ansatz betrifft das Kälte-Wärme-Management. Neben der herkömmlichen Kühlung durch elektromotorische Kompressionstechnik gäbe es bereits einige energiesparendere Technologien, beispielsweise den Einsatz von freier Kühlung. Hier wird im Prinzip nichts anderes genutzt als die verschiedenen Jahreszeiten:
In den wärmeren Monaten wird herkömmlich gekühlt, in den kälteren Monaten wird quasi die Aussenluft als Kühlung benutzt. Ebenfalls in dieses Gebiet gehört die Idee der Nutzung der «Abfallwärme», die in einem RZ in grossen Mengen entsteht. Sie könnte zur Beheizung anderer Firmenräume genutzt werden und so indirekt bzw. gesamtunternehmerisch Energie sparen. Allerdings ist diese Massnahme kaum nachrüstbar, sollte also bereits beim Bau der IT- und Büroanlagen mit in die Überlegungen einbezogen werden.
Vom Grossen zum Kleinen: Auch bei den Chips kann viel Energie gespart werden. Einerseits bringen immer neuere Prozessoren deutlich mehr Leistung bei weniger Stromverbrauch. Bei IBM und anderen Firmen denkt man bereits über weitere Fortschritte nach. Forscher arbeiten zurzeit beispielsweise an einer Wasserkühlung für Prozessoren. Durch eine solche, mikrotechnologisch hergestellte Kühlung sollen gegenüber herkömmlichen Methoden hundertmal weniger Platz benötigt und 20 bis 40 Prozent weniger Strom gebraucht werden.
Neben der Flüssigkeitskühlung gibt es auch energiesparende Ansätze in bezug auf die Luftkühlung der Hardware. Sogenannte energieoptimierte Racksystem-Lösungen vermeiden weitgehend die Vermischung von warmer und kalter Luft. Konkret heisst das, dass nicht mehr der gesamte Raum, sondern die Racks selbst gekühlt werden. Dadurch kann die Temperatur der Raumluft höher liegen und so mehr Kühleffizienz generiert werden. Zu erwähnen gilt es auf Hardware-Seite aber unbedingt auch noch die Netzteile. Bisher gab es dort hohe Verluste bei der Umwandlung von Wechsel- in Gleichstrom. Neue Servernetzteile versuchen dieses Problem zu lösen und produzieren bereits heute deutlich weniger Abwärme und senken damit den Strombedarf deutlich.
Doch nicht nur Hardware-Massnahmen können den Stromverbrauch senken, dazu trägt vermehrt auch «intelligente» Software bei. Eine Methode stellt die Virtualisierung dar. Sie sorgt für eine grössere Auslastung der bereits vorhandenen Server. Zudem ist
es möglich, ein RZ auf wenige Maschinen schrumpfen zu lassen. So könnten beispielsweise in einem klassischen Mainframe, mit wenigen Prozessoren, eine Vielzahl von logischen Systemen betrieben werden.
Für eine grössere Serverauslastung tragen auch Applikationen zum Storage Resource Management (SRM) oder Information Lifecycle Management (ILM) bei. Eine SRM-Software kann beispielsweise ruhende Kapazitäten aufdecken und die unterschiedliche Leistungsfähigkeit der genutzten Speichermedien analysieren. Anschliessend werden die physikalischen in virtuelle Laufwerke zusammengefasst, was für eine gleichmässige Auslastung sorgen soll. Eine ILM-Software verwaltet alle gespeicherten Daten, von der Entstehung bis zur Archivierung, und weist ihnen je nach Wichtigkeit das jeweils wirtschaftlichste Speichermedium zu. In Zusammenarbeit mit MAID (Massive Array of Idle Disks) kann so bei der Speicherung durch das Herunterfahren von nicht benutzten Festplatten Energie gespart werden.
Fazit: Ein möglichst grünes Rechenzentrum spart Geld, weil massiv Energie gespart werden kann. Allerdings muss dafür erst investiert werden, in neue Hardware, neue Kühlsysteme, kurz neue Technologien. Noch muss sich der Begriff der Nachhaltigkeit in den Unternehmen durchsetzen. Trotzdem sind einige Firmen, wie die Swisscom, bereits auf dem richtigen Weg. Denn bereits mit den heutigen grünen Konzepten liegen laut Schätzungen 10 bis 20 Prozent Energieersparnisse drin.
Allerdings führt der Weg zum grünen RZ nur ans richtige Ziel, wenn alle hinter dem Konzept stehen und mitanpacken. Denn so vielschichtig die Berufe der Angestellten sind, so unterschiedlich und komplex sind die Ansatzpunkte das RZ grüner werden zu lassen.
Swisscom IT Services nimmt in Zollikofen auf einer Fläche von rund 1800 m2 in diesem Frühjahr eines der wohl modernsten IT-Outsourcing-Rechenzentren der Schweiz in Betrieb. Denn: Immer mehr Unternehmen wollen ihre IT auslagern, vermehrt auch KMU. Das neue RZ soll den Kunden die bestmögliche Infrastruktur für ihre IT-Systeme zur Verfügung stellen und nicht nur technisch, sondern auch hinsichtlich der Sicherheit Massstäbe setzen. Und wie wird dem Trend «Green IT» Rechnung getragen?
Es wird Strom gespart: «Im neuen RZ werden neue Technologien eingesetzt, die einen höheren Wirkungsgrad erlauben», sagt Dominique Singy, Umweltbeauftragter der Swisscom. Detaillierte Messungen überwachen den Stromverbrauch im RZ laufend. Dadurch können Abweichungen von Energiezielwerten frühzeitig erkannt werden. Aber es sinkt auch der Aufwand für die Kühlung, erklärt Singy. Im Vergleich zu bestehenden Rechenzentren habe man in Zollikofen die Kühleffizienz um ein Drittel steigern können. Dazu trägt die Temperatur in den Serverräumen bei, die bei 26 Grad liegt, also 4 Grad höher als üblich. Zudem setzt man auf das im Haupttext erwähnte System des «Free Cooling». Bei Temperaturen unter 15 Grad wird das RZ mit Aussenluft gekühlt. Ebenfalls Sorge getragen wurde dem Aspekt der Luftvermischung.
Singy: «Durch getrennte Kalt-/Warmgänge sowie reduzierte Verkabelung im Doppelboden werden unerwünschte Luftmischungen im Raum vermindert.» Ebenfalls vorhanden wären laut dem Swisscom-Experten Wasseranschlüsse zu einem eventuellen späteren Betrieb von wassergekühlten Serverracks. Nicht zu letzt wird, um die vorhandenen Server bestmöglich auszulasten, auch auf die Server-Virtualisierung gesetzt. Fazit: Das neue Rechenzentrum von Swisscom IT Services setzte sehr viele innovative Ideen um und darf deshalb als vorbildlich «grün» bezeichnet werden.