Management-Weiterbildung im FH-Dschungel

Der Webauftritt der Fachhochschulen lässt noch zu wünschen übrig. Dennoch: Wer sie findet, stösst auf interessante Nachdiplomstudiengänge für weiterbildungshungrige Informatiker

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2005/04

     

Informatiker, die sich rein auf ihre technischen Kenntnisse und Fähigkeiten konzentrieren möchten, werden hierzulande einen immer schwereren Stand haben. Kenner der hiesigen IT-Szene sind überzeugt, dass der hochbegabte introvertierte Programmierer und Technikfreak in einigen Nischen zwar noch eine gewisse Daseinsberechtigung hat, angesichts des generellen Trends hin zu einer Business- und Dienstleistungs-orientierten IT-Landschaft aber ein Auslaufmodell ist. Immer wichtiger werden deshalb Weiterbildungsangebote, die den IT-Cracks einerseits vertiefte Kenntnisse über Geschäftsprozesse und andererseits sogenannte Softskills – Verhandlungsgeschick, rhetorisches Knowhow und Sozialkompetenz/ Teamfähigkeit – vermitteln können. Eine zentrale Rolle in diesem Weiterbildungsgeschäft beanspruchen die Fachhochschulen für sich. InfoWeek hat deshalb – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – das Nachdiplomangebot der fünf regionalen Bildungsinstitute in der Deutschschweiz – Berner Fachhochschule (BFH), Fachhochschule Nordwestschweiz (FH-NWCH), Fachhochschule Ostschweiz (FHO), Fachhochschule Zentralschweiz (FHZ) und Zürcher Fachhochschule (ZFH) – gesichtet. Berücksichtigt werden ausgewählte Nachdiplomstudiengänge und -kurse, die den Anspruch erheben, Informatiker mit den erwähnten Zusatzfähigkeiten auszustatten. Die Sichtung und Auflistung des Angebots impliziert keine Bewertung der Qualität der Studiengänge und Kurse. Vielmehr soll Interessierten der Eintritt in den Fachhochschul-Dschungel etwas erleichtert werden. Denn um einen eigentlichen Dschungel handelt es sich.


Suchen erfordert Geduld

Das ist nicht weiter verwunderlich, verbergen sich doch unter den regionalen Fachhochschul-Dächern nach wie vor die zahlreichen Teilschulen, die mit ihren separaten Websites und Abkürzungswucherungen die Übersichtlichkeit nicht gerade fördern. Zudem hält sich die Qualität und Benutzerfreundlichkeit vieler Websites gelinde gesagt in Grenzen. Einige Nachdiplomangebote für weiterbildungshungrige Informatiker sind zwar nicht gerade unauffindbar. Die Geduld des Suchenden wird aber arg auf die Probe gestellt, wenn er sich innerhalb eines regionalen Fachhochschulbereichs durch diverse Untersites kämpfen muss, bis er das auf ihn zugeschnittene Angebot findet. Es geht hier nicht darum, einzelne Sites «fertigzumachen» oder gar Fachhochschul-Bashing zu betreiben. Angesichts der immensen Herausforderungen, vor die sich diese Institute aufgrund des neuen Berufsbildungsgesetzes gestellt sehen, wäre dies fehl am Platz. Vielmehr ist die Kritik als Anregung zu verstehen, bei künftigen Website-Renovationen Benutzerführung und Usability stärker zu gewichten und die Darstellung zu vereinheitlichen.




Ausgewählte Nachdiplomstudien und -kurse


Modular zum Master

Relativ fortschrittlich präsentiert sich diesbezüglich die FHO. Hier gelangt der Interessierte innert nützlicher Frist zum Nachdiplomstudium (NDS) «Business Informatik», dem Kernstück der IT-Weiterbildung der FHS (Fachhochschule für Technik, Wirtschaft und soziale Arbeit St. Gallen). Der dreisemestrige Studiengang, der im Titel eines Executive Master of Information Management mündet, setzt sich – wie so oft im NDS-Angebot der Fachhochschulen – «modular» aus Nachdiplomkursen (NDK) zusammen, in diesem Fall aus «Informations- und Technologiemanagement», «E-Business-Technologien» sowie «Technologieorientierte Managementkonzepte». Die Absolventen sollen nach erfolgreichem Abschluss in der Lage sein, «den zielgerichteten Einsatz von Informationssystemen im Unternehmen zu beurteilen und zu planen, erprobte Konzepte und Methoden des Business Engineering zu entwickeln» sowie «komplexe Organisations- und Informatikprojekte...zu leiten».



Sechs NDK, die ebenfalls einzeln besucht werden können, umfasst das NDS «Business- und Prozess-Management» der FH-NWCH. Organisiert wird die Executive-Master-Ausbildung vom Zentrum für Prozessgestaltung Aargau in Windisch, das der Fachhochschule Aargau angegliedert ist. Dabei sind im ersten Semester der NDK «Prozess-Management» und im zweiten «Business-Management» obligatorisch, während das Ganze im dritten Semester wahlweise mit einem der folgenden NDK vertieft werden kann: «Produkt- und Entwicklungsmanagement», «Wissensmanagement», Prozess-Gestaltung Bau» und «Management von Kooperationsnetzen». Die Aargauer haben sich mit diesem NDS ein hohes Ziel gesteckt, wollen sie doch, dass dadurch «die Teilnehmenden ihre Fach-, Methoden und Sozialkompetenz entwickeln».




Ähnliches – wenn auch auf das Kundenbeziehungsmanagement fokussiert – hat sich die ZFH-Teilschule Zürcher Hochschule Winterthur mit ihrem «NDS Customer Relationship Management (CRM)» auf die Fahnen geschrieben. Wer sich in den drei Kurssemestern unter anderem mit ganzheitlichem CRM, Change Management, CRM- und IT-Architekturen sowie rechtlichen Aspekten von CRM und E-Business vertraut gemacht und im vierten Semester erfolgreich seine Diplomarbeit verfasst hat, darf sich sodann international mit der Auszeichnung «Executive Master of CRM» schmücken. Damit sollen sie als entscheidungskompetent «in Kundenfindung, Kundenbindung und Kundenwiedergewinnung sowie bei der Umsetzung von CRM-Projekten» gelten.



Ebenfalls fokussiert – nämlich auf Medizin und Gesundheitswesen – ist das NDS «Medizin-Informatik-Management» an der Hochschule für Technik und Informatik (HTI), die zur BFH gehört. Die Berner wollen mit einem Grundkurs «Informatik/Biomedizin» sowie den beiden darauf aufbauenden NDK «Medizin-Informatik» und «Informatik-Management im Gesundheitswesen» dafür sorgen, dass die Absolventen des viersemestrigen NDS über breite interdisziplinäre Kenntnisse IT-technischer, medizinischer, organisatorischer und rechtlicher Art verfügen. Diese sollen sie «in einer innovativen, praxisbezogenen Abschlussarbeit» unter Beweis stellen.Vertiefen will die Hochschule für Wirtschaft Luzern, die zur FH-NWCH gehört – ihrerseits die IT-Security-Kenntnisse der Absolventen ihres NDS «Informatiksicherheit». Basierend auf dem Grundlagenwissen, das im einsemestrigen NDK «Datenschutz und Informatiksicherheit» vermittelt wird, sollen die Studierenden während des NDS nicht nur profunde technische Kenntnisse erwerben, sondern am Schluss auch in der Lage sein, «die Informationssicherheit in einem Unternehmen prozessorientiert umzusetzen».


Flexibilitätsdruck erzeugt Unsicherheit

Das neue Berufsbildungsgesetz mit seinen restriktiveren Finanzierungsregeln macht den Schweizer Fachhochschulen das Leben nicht leicht. Sie sind dadurch zu mehr Flexibilität gezwungen, was bedeutet, dass sie ihre Aus- und Weiterbildungsangebote möglichst rasch der jeweiligen Nachfrage anzupassen haben. Sogar Fachhochschulverantwortliche sprechen diesbezüglich von einer «sensiblen Situation», in der sich die Bildungsstätten befinden. Die Verpflichtung zu finanzieller Selbstverantwortung kann sich relativ schnell auf das Kursangebot auswirken. Gehen nicht genug Anmeldungen ein, ist es jederzeit möglich, dass die Durchführung verschoben oder ganz abgesagt wird. Deshalb sind die Kursdaten auf den Websites der Schulen – und in der Tabelle zu diesem Artikel – mit einer gewissen Vorsicht zu geniessen. Potentiellen Absolventen sei daher empfohlen, nicht vorauseilend den Wohnort zu wechseln, wenn sie sich für das Weiterbildungsangebot einer regional entfernten Fachhochschule interessieren.




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