Virtueller Schub in der Praxis

Nach anfänglichen Kostendiskussionen zahlt sich das Virtualisierungsprojekt bei Trivadis aus.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2006/12

     

Der Schweizer IT-Dienstleister und -Lösungsanbieter Trivadis stand vor gut einem Jahr vor der nicht ganz einfachen Frage, wie er seinen Serverpark konsolidieren sollte. Praktisch stand damals pro Geschäftsapplikation jeweils ein separater Server in Betrieb – insgesamt 24 Stück. Wie Peter Meister, Unit Manager IT bei Trivadis, ausführt, fasste er schon früh den Entschluss, die heterogene Serverlandschaft nach und nach auf zwei ProLiant-DL-585-Maschinen (je 2 Dual Core 64 Bit AMD Opteron Prozessoren und 24 GB RAM) von Hewlett-Packard zu reduzieren und die Applikationen mit Hilfe der Virtualisierungssoftware ESX von Vmware darauf zu verteilen.
Die wichtigsten Gründe zum Entscheid für eine Virtualisierungslösung waren hohe Verfügbarkeit, Ausfallsicherheit und erleichterte Wartbarkeit. Dass die Wahl auf VMware fiel, begründet Meister mit den Erfahrungswerten, die für diese redundant geführte Virtualisierungsplattform zu diesem Zeitpunkt zur Verfügung standen.


Kosten legitimieren

Er selber habe, so Meister, nie an der Effizienz dieser Lösung gezweifelt. Allerdings musste er die Anfangsinvestitionen in der Höhe von 180‘000 Franken der Trivadis-Geschäftsleitung erst einmal schmackhaft machen. Denn die Business-Manager zeigten sich angesichts dieses Betrags anfänglich skeptisch. Meister konnte sie aber von seiner Idee überzeugen, nicht zuletzt deshalb, weil die Evaluations- und Umsetzungsphase nur etwa vier Monate betrug und erfahrene Trivadis-Consultants zur Verfügung standen.
Im Preis inbegriffen war die VMware-Software einerseits für die beiden Server und andererseits für die Anbindung ans darunterliegende SAN (Storage Area Network) vom Typ HP MSA 1000 mit 28 Disks und rund 5 TB Speicherplatz. Diese Anbindung erlaubt auch das Hinzufügen weiterer Server, falls dies notwendig werden sollte.


Hohe Flexibilität als «Problem»

Wie Meister betont, verlief das ganze Virtualisierungsprojekt erstaunlich reibungslos. Am Anfang hätten er und sein Team schon noch etwas Respekt vor der neuen Technik gehabt. Dann habe sich aber herausgestellt, dass das Prozedere so einfach vonstatten gehe, dass ein grosser Teil der mitgelieferten Hilfs-Tools gar nicht gebraucht wurde.
Im Gegenteil stellt sich jetzt laut Meister die hohe Flexibilität als eigentliches Problem heraus. Die Versuchung sei nämlich gross, für alle möglichen Applikationen und Spezialwünsche weitere Virtual Machines aufzusetzen, da dadurch ja keine zusätzlichen Hardware­kosten entstünden. Dies könne zu einer veritablen Virtualisierungsexplosion führen und einer höchst lästigen Unübersichtlichkeit Tür und Tor öffnen. Laut Meister gehören deshalb Disziplin und unternehmensinterne Regeln unbedingt zu einem sinnvollen Betrieb von virtuellen Serverumgebungen.






Ein wenig skeptisch sei er anfänglich auch angesichts des Betriebs von geschäftskritischen Datenbanken auf den virtuellen Maschinen gewesen, gibt Meister zu. Allerdings hätten sich diese Bedenken rasch in Luft aufgelöst, und heute laufe auch SQL Server von Microsoft fix auf einem virtuellen Server – ebenso wie die Kollaborationssoftware Exchange. Gemäss Meister sind bei Trivadis noch nicht sämtliche Applikationen auf die virtuelle Plattform migriert worden. Überall dort aber, wo bestehende Hardware-Support-Verträge auslaufen, wird neu über die Art und Weise entschieden, wie die entsprechenden Applikationen weiter betrieben werden sollen. Als grossen Vorteil seiner Virtualisierungslösung bezeichnet Meister schliesslich die zentrale Benutzerschnittstelle, über die er schnell und flexibel Arbeitsspeicher, Prozessorleistung und Massenspeicher zuteilen kann.


Virtualisierte Schulung

Ein wichtiges Standbein der Trivadis bildet der Schulungsbereich, in dem unter anderem auch Server- und Entwicklungsprodukte von Microsoft professionell trainiert werden. Trivadis ist einer der wenigen Microsoft Gold Certified Partner for Learning Solutions (CPLS) in der Schweiz. Dank der bei der Schulung verwendeten Virtualisierung ist es möglich, dass ein Student eine komplette Firmenumgebung mit Active Directory, Applikations- und Webserver sowie Clients auf seinem lokalen Rechner simulieren kann.
Microsoft stellt dazu, zusammen mit den Kursunterlagen, auch fixfertige Virtual PC Images zur Verfügung. Das Konzept wird, wo möglich, auch bei von Trivadis selbst entwickelten Kursen angewendet. Es bietet den Studenten den grossen Vorteil der realitätsnahen Ausbildung und erleichtert den Betrieb der Schulung an den neun verschiedenen, durchaus heterogen ausgerüsteten Standorten in der Schweiz und in Deutschland.


«Gratis gibt es nichts»

Die Virtualisierung, die vor Jahren im Storage-Bereich (SAN) begonnen hat, breitet sich nun also – wie das Beispiel Trivadis zeigt – auch mehr und mehr in der Serverlandschaft aus. Bestechend sind dabei sicher die Flexibilität und die weitgehende Unabhängigkeit von der konkret vorhandenen Hardware. Aber auch hier gilt: «Gratis gibt es nichts.» Der Preis für die Virtualisierung wird durch einen höheren Ressourcenverbrauch bezahlt und ist dadurch im High-end-Bereich zum Teil noch nicht möglich. In sehr vielen Fällen wird dieser erhöhte Ressourcenverbrauch aber durch die Kostenvorteile mehr als wettgemacht.


Immer mehr Firmen setzen auf Virtualisierung

Dass sowohl die Server- als auch die Desktop-Virtualisierung immer grössere Verbreitung finden, zeigt ein Blick auf die Kundenreferenzliste des Spezialisten Vmware. Dort findet sich beispielsweise (immer noch) ein Bericht über das Virtualisierungsprojekt beim Schweizer Reiseveranstalter Kuoni. Der «Success Story» ist zu entnehmen, dass Kuoni durch den Einsatz von ESX
60 virtuelle Maschinen auf zwei Hardware-Servern installiert und damit über 60 Hardware-Server eingespart habe.
Dadurch seien der Adminstrationsaufwand bei Kuoni erheblich eingegrenzt und die Verwaltungsmöglichkeiten massiv erweitert worden. Gegenüber InfoWeek wollte Kuoni seine Virtualisierungsstrategie leider nicht in Detail ausführen – wegen Restrukturierungen beim Reiseveranstalter, wie es seitens VMware hiess.
Ebenfalls auf der Referenzliste des Virtulalisierungsspezialisten findet sich ein Bericht von Hewlett-Packard (HP). Demnach betreibt der IT-Hersteller auf rund 70 Servern der Reihe ProLiant DL760 G2 etwa 1000 virtuelle Maschinen weltweit. Bei einer typischen Konfiguration finden sich auf einem Hardware-Server rund 20 virtuelle Maschinen. Wie Paul Bennett, Windows Service Engineering Project Manager bei HP, zu Protokoll gibt, konnten dadurch die Kosten im Vergleich zu physischen Servern um 25 bis 30 Prozent gesenkt werden. Auf den virtuellen Servern laufen Entwicklungsapplikationen, Web-Hosting, selbst entwickelte Anwendungen sowie Datenbanken wie SQL Server von Microsoft.




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