Die Kunst der erfolgreichen IT Transformation

Integriert planen und steuern – die Kunst besteht darin, die Zukunft einer IT Service Organisation zu gestalten. Die damit einhergehenden Aufgaben müssen mit Change Management zu einem intelligenten und abgestimmten Umsetzungsprozess geformt werden.
Rolf Weber, IT Business Consultant, Hewlett Packard (Schweiz) GmbH

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2007/18

     

Informatikabteilungen stehen heute vor einer gewaltigen Herausforderung. Sie kämpfen mit nach wie vor stagnierenden oder sinkenden Budgets. Das nahe liegende Mittel, Kosten einzusparen, hilft nicht mehr weiter. Die IT-Abteilung muss sich wandeln. Sie muss sich neu aufstellen, sich zu einem dienstleistungsorientierten «Unternehmen» wandeln. Das zentrale und übergreifende Element einer solchen Transformation stellt die Service-Orientierung der Informatik dar. So richtet sie ihr Angebot auf die Bedürfnisse des Geschäfts aus.




Die Organisation definiert Services statt Technologien, die sie dem Geschäft, also dem Kunden, anbietet und implementiert jene Prozesse, mit denen diese Services geplant, implementiert und betrieben werden. So wird nicht mehr einfach Speicher als Technologie angeboten, sondern ein Service namens «Ablage für gemeinsame Dateien», der zu verschiedenen geschäftsorientierten Service Levels (in Bezug auf Verfügbarkeit, Platzbedarf etc.) angeboten werden kann. Die Verrechnung der Services basiert auf der effektiven Nutzung sowie den bezogenen Service Levels.


Erhöhte Abstimmung notwendig

Heute sind die meisten IT Organisationen stark nach technologischen Funktionseinheiten strukturiert (so genannte «IT Silo Organisationen»). Diese weisen unter anderem die folgenden Charakteristiken auf:


· Es gibt unvereinbare, konkurrierende Dienstleistungen und Projekte innerhalb der IT-Fachteams/Silo-Organisationen

· Jedes Team hat ein eigenes Qualitäts-Verständnis, verschiedene Standards, unterschiedliche Support-Zeiten, andere Sicht- und Messgrössen etabliert

· Jedes Team/Abteilung hat ein eigenes Kultur- und Wertverständnis, welches meist von den Linien-Vorgesetzten geprägt ist

· Der Kunde muss sich oft den Silos anpassen und hat dadurch mehrere Ansprechpartner. Bei Störungen wird die Verantwortung zwischen den Silos hin und her geschoben.


Neue Philosophie fordert heraus

Wie bei einem Eisberg fällt der Blick auch in einer IT-Organisation zuerst auf den sichtbaren Teil: die technologischen Aspekte (Infrastruktur, Tools). Für eine erfolgreiche Transformation der IT Organisation müssen die unsichtbaren Themen des «Eisberges» wie Mitarbeitende, Prozesse und Kultur adressiert werden. Die wichtigsten Herausforderungen sind:




· Ungenügende Lieferung von Services ist kein technologisches Problem, sondern auf unvollständig entwickelte oder sogar fehlende IT Prozesse zurückzuführen.


· In der Praxis wird dem Umgang mit neuen Arbeitsmethoden, Abläufen, Verantwortlichkeiten, Rollen und der Mitarbeiterschulung für die Erbringung eines Services zu wenig Beachtung geschenkt.


· Oftmals implementieren IT Organisationen neue Prozesse und Werkzeuge, ohne die Folgen für die Organisation, deren Kultur und Mitarbeitenden zu berücksichtigen.


· Die Hauptursache für den Widerstand der Mitarbeitenden ist ein fehlendes Bewusstsein für die geplanten Veränderungen, ihre Zufriedenheit mit der heutigen Situation und ihre Angst vor dem Unbekannten.


Die sechs Schlüsselelemente der IT Transformation

Einen integrierenden Ansatz zur Transformation der IT Organisation in Richtung Business- und Service-Orientierung stellt das mehrfach erprobte Modell der sechs Schlüsselelemente dar. Das IT Transformationsmanagement ist einerseits Kunst, andererseits aber auch ein solides Handwerk. Stellen Sie sich einen Steinmetz vor, der eine neue Skulptur schafft. Er sieht sie vor seinem geistigen Auge. Um sie aus einem rohen Block zu formen, benutzt er solide Werkzeuge wie Hammer und Meissel. In der IT-Transformation wären dies die sechs Schlüsselelemente:



Business & IT Strategie - Kundenorientierung



· Zusammenführen der Business- und IT Strategie, finanzielle Führung der IT

· Aufbau einer IT Kundenorganisation für die Abdeckung der Kundenbedürfnisse




Architektur & Governance - Serviceorientierung

· In Infrastruktur- , Applikations-, Betriebs- und Shared-Services denken - nicht mehr in Server und Boxen

· Definition der Services inkl. Servicebaum, unterstützt von einem Configuration Management System




Services, Prozesse und Messgrössen - Messbare Prozesse

· Durchgängiges SLA/OLA Management einführen, kontinuierliches Messen und Reporting der dokumentierten IT Services

· Etablieren des Prozesses KPI (Key Performance Indicator)




Mitarbeiter und Change Management - Mitarbeiter begleiten

· Involvieren, frühes Erkennen und Adressieren von Verunsicherung, Schulen der neuen «Philosophie» und Arbeitsweise

· Coaching und Begleitung der Linien Manager als Veränderungsmanager




Technologie Plattform - Technologien vereinfachen/konsolidieren

· IT Infrastruktur- und Applikations- Konsolidierung in Richtung einer Shared Infrastruktur

· Konsolidierte IT Service Management Tools, Aufbau einer integrierten Management Plattform


Programm - Konsequentes Programm Management

· Kommunizieren, Überwachung, Erfolgskontrolle, sofortiges Angehen von Schwierigkeiten, Koordination der Stakeholder

· Ausarbeitung und Anwendung eines umfassenden Kommunikationskonzeptes





Viele der heutigen Transformationsprojekte überfordern Management und Mitarbeitende. Die gleichzeitige Veränderung geht mit einer Desorientierung einher. Die Transformation wird als Krise wahrgenommen. Die Ausgewogenheit der Schlüsselelemente unter dem Aspekt der dynamisierenden und stabilisierenden Einflussfaktoren ist daher sicherzustellen. Es ist zum Beispiel zu beachten, dass bei grossen Änderungen an den technologischen Plattformen (Schlüsselelement:

‚Technologie Plattform’) die Services und Prozesse als Gegenpool (Schlüsselelement: ‚Services, Prozesse, Messgrössen’) und stabilisierendes Element nur soweit wie unbedingt notwendig verändert werden sollten. Andererseits können bei einer Prozesseinführung (Schlüsselelemente ‚Services, Prozesse und Messgrössen’; ‚Architektur & Governance’) nach den Industriestandards ITIL oder eTOM die Schlüsselelemente: ‚Technologie Plattform’ und ‚Business & IT Strategie’ im Gegenzug stabilisierend wirken, da in diesen Gebieten sinnvoller Weise keine grossen Veränderungen gleichzeitig vorgenommen werden sollten.




Die sechs Schlüsselelemente der IT Transformation


Management of Change: Der Mensch im Zentrum

Die mit einer Transformation einhergehenden Veränderungen müssen von allen Betroffenen verstanden und von den obersten Führungskräften verantwortungsvoll geführt werden. Das integrierte Modell der sechs Schlüsselelemente, mit den weiterführenden Methodologien und Instrumenten gibt Klarheit und verhilft zu einem Commitment, wohin sich die IT Organisation in Zukunft entwickeln soll und was das für den Einzelnen bedeutet.



Demgegenüber bedeutet Management of Change (MoC), die Aspekte einer Veränderung erfolgreich zu managen. In verschiedenen Untersuchungen wurden die Hauptschwierigkeiten bei IT Transformationsprojekten herausgearbeitet. Im Wesentlichen sind dies hohe Widerstände der Mitarbeitenden und das Managements gegen Veränderungen, nicht stichhaltige Begründungen für eine Veränderung, ungenügende oder fehlende Unterstützung vom Senior- und Linien-Management und unrealistische Erwartungshaltungen.




Diese Faktoren sind in einem umfassenden MoC Umsetzungsprogramm (siehe Kasten Umsetzungsaspekte aus der Praxis) zu adressieren. Die MoC Themen müssen heute als Kernaufgabe des IT Linienmanagements (alle Hierarchie-Stufen) verstanden und umgesetzt werden. Die Transformationsziele werden zu Strategien und Zielen der Linienorganisation. Die Steuerung und Kommunikation erfolgt in der täglichen Führungsarbeit. Der Gradmesser für den Erfolg ist, wenn an den regelmässigen Meetings und in den Kaffeepausen die «neue Sprache» gesprochen wird.




Management of Change (MoC) Umsetzungsaspekte aus der Praxis




Artikel kommentieren
Kommentare werden vor der Freischaltung durch die Redaktion geprüft.

Anti-Spam-Frage: Vor wem mussten die sieben Geisslein aufpassen?
GOLD SPONSOREN
SPONSOREN & PARTNER