IT Workload Automation Broker - auf dem Weg zum Echtzeit-Unternehmen
Thomas Schumacher, Geschäftsführer, Public Footprint GmbH
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2007/08
Neue Technologien kommen und gehen ‑ viele verschwinden bereits kurz nach ihrer Entstehung im Nirwana der gescheiterten Entwicklungen, einigen wenigen gelingt es, sich auf breiter Front durchzusetzen. Gartner hat beobachtet, dass solche Entwicklungen bestimmten Gesetzmässigkeiten folgen, und daraus ihre regelmässig erscheinenden „Hype Cycles“ abgeleitet, die Unternehmen als Hilfestellung bei der Auswahl von Technologien dienen sollen. Demnach verlaufen IT-Trends generell in fünf Phasen: zu Beginn steht der „Zündpunkt einer Idee“, gefolgt von dem „Höhepunkt der Euphorie“. Diese Phase ist durch überzogene Erwartungen und starke Medienpräsenz gekennzeichnet. Typischerweise überwiegen hier die Misserfolge, die danach in die Phase 3, das „Tal der Desillusionierung“, gehen. Die Ideen, die diese Kurve überstehen, treten dann in eine langsamer verlaufende Phase der „Steigenden Erkenntnis“ ein und erreichen schliesslich das „Plateau der Produktivität“, auf dem akzeptierte Technologien einen breiten Anwenderkreis adressieren. Im 2005 veröffentlichten „Hype Cycle for IT Operations Management“ haben bspw. angesagte Themen wie Web-Services oder Configuration Management Databases (CMDB) den Höhepunkt ihrer Euphorie noch nicht erreicht, während das Thema ITIL grafisch betrachtet auf dem absteigenden Ast ist.
Das Plateau der Produktivität erreicht hat die bewährte Technologie des Job Scheduling – hier ist der „Hype“ zwar gering, dafür ist die Technologie des Job Scheduling etabliert und bietet einen messbaren Nutzwert. Bereits 2005 identifizierte Gartner als Erweiterung dieser Technologie „Enterprise Job Scheduling “ als neues, spannendes Thema. Im Gegensatz zum klassischen Job Scheduling, das in der IT-Frühzeit als Mainframe-Anwendung mit nächtlichen Batch-Fenstern gestartet ist, arbeitet diese Variante unternehmensweit über verschiedene Plattformen hinweg und ist in der Lage, die Systeme im Rechenzentrum sowohl zeit- als auch ereignisgesteuert abzuwickeln. Anbieter wie das österreichische Softwareunternehmen UC4 bieten seit Jahren Enterprise Job Scheduling und stehen im engen Kontakt zu Marktforschern, um neue Trends zu integrieren und damit die Komplexität der heutigen IT-Prozesse zu reduzieren. Im Jahr 2005 hat Gartner die Scheduling-Welt um die Vision und den Begriff „IT Workload Automation Broker“ (ITWAB) erweitert. Was steckt hinter diesem Markttrend und wohin geht die Reise im Rechenzentrum der Zukunft?
Die operative IT verschlingt heute rund 70 % des gesamten IT-Budgets. Nicht zuletzt aus diesem Grund investieren Unternehmen nach wie vor enorme Summen, um mit ihrer IT-Infrastruktur und den Anwendungen in der Produktionsumgebung vordefinierte Geschäftsziele zu erreichen. Dabei müssen IT-Operationen die Stabilität von Infrastruktur und Anwendungen gewährleisten und gleichzeitig möglichst viel Agilität ermöglichen. Über die Jahre sind Geschäftsprozesse jedoch immer komplexer geworden, während in gleichem Masse die Forderung nach Agilität und der Beseitigung von Verzögerungen innerhalb der Prozesse („Latency“) zugenommen hat. Hinzu kommt die zunehmende internationale Verflechtung in der Wirtschaft: IT dient hier immer mehr dem Zweck, komplexe Geschäftsabläufe grenzüberschreitend zu automatisieren und für eine bessere Integration mit Lieferanten, Partnern und Kunden zu sorgen. Informationstechnologie und Geschäftsprozesse wachsen immer enger zusammen und damit steigt der Einfluss der IT-Architektur auf die Wettbewerbsfähigkeit und Flexibilität eines Unternehmens.
Die Lösung liegt in der Integration von Geschäftsprozessmanagement und Job Scheduling. In praktisch jedem Rechenzentrum sind Job Scheduler im Einsatz, um IT-Prozesse automatisiert zu steuern. Für eine weitgehende Automatisierung des Rechenzentrums müssen Jobs nicht nur nach vordefinierten Zeitplänen verarbeitet werden, sondern auch auf ungeplante Ereignisse im Unternehmen reagieren können. Dabei unterscheidet man bislang zwischen kalenderbasierter und ereignisgesteuerter Verarbeitung. Während beim kalenderbasierten Scheduling bestimmte Aktionen an festgelegten Terminen erfolgen, etwa ein Batch-Druckauftrag in der Nacht, kann mit dem ereignisgesteuerten Modell flexibel auf Systemzustände und Veränderungen reagiert werden. Das stellt jederzeit einen ununterbrochenen, nahtlosen und stabilen IT-Betrieb im ganzen Unternehmen sicher.
Eine Integration des Schedulers mit der eingesetzten BPM-Lösung ermöglicht, IT-Prozesse in direkter Abhängigkeit von Geschäftsprozessen zu steuern und auf diese Weise ihre Bedeutung für den Geschäftsablauf unmittelbar zu verdeutlichen.
Einen Schritt weiter geht daher das neu entwickelte Konzept des IT Workload Automation Brokers (ITWAB). Mit ihm bindet Gartner auch das Workload-Management in ein umfassendes Automatisierungskonzept ein, um letztlich ein proaktives Prozessmanagement zu erreichen und dem „Realtime Enterprise” so einen entscheidenden Schritt näher zu kommen. Für Entwicklungen wie Software-on-Demand oder serviceorientierte Architekturen (SOA) ist es enorm wichtig, ereignisgesteuerte Arbeit automatisieren, Zeit und Kosten senken und Ressourcen für die Performance kritischer Batch-Jobs im Vorfeld dynamisch bereitstellen zu können. Auch begrenzte Kapazitäten können ein Ereignis sein, etwa indem ein Job erst dann gestartet wird, sobald ausreichend Rechenpower zur Verfügung steht. In der Regel funktioniert dieses Workload-Management durch die Zuteilung virtueller Serverkapazitäten – sowohl partitionsbasierend (Bsp. VMWare) als auch im Grid-Computing – und unternehmensweiten Service Level Agreements (SLAs).
Die Verbindung der beiden Technologien, Job Scheduling auf der einen und Workload-Management auf der anderen Seite, hat einen einfachen Hintergedanken: Nur die Scheduling-Lösung weiss bereits im Vorfeld, wann welche Jobs laufen, und kann diese Informationen an die Lösung zur Workload-Steuerung weiterleiten, die dann entsprechende Ressourcen bereitstellt. Ein so genannter IT-Governor fungiert in diesem Konzept als „Eye in the Sky“ und regelt die Verteilung der Arbeitslast über alle Server und das Reporting. ITWAB kombinieren somit eine verbesserte Echtzeit-Sicht auf die Infrastruktur mit der Verwaltung von Web-Services und anderen Werkzeugen. Mit Funktionen zur Integration von Batch-Anwendungen lassen sich bspw. Ablaufanforderungen direkt auf Basis von Ereignissen, Auslastung und Zeitplänen automatisieren. Innerhalb von Unternehmen und zwischen ihnen verwalten sie Abhängigkeiten zwischen Anwendungen und Infrastrukturplattformen.
Entwickeln werden sich diese Werkzeuge nach Einschätzung von Gartner in der Hauptsache aus Werkzeugen für Job Scheduling, Anwendungsintegration sowie Prozessautomation. Aktuell lässt sich bereits die Entwicklung von Funktionen beobachten, mit denen sich etwa WebSphere MQ, Java Messaging Service oder Web Services handhaben lassen. Darüber hinaus gehende Integration, etwa mit Workload-Management, Prozessmodellierung, Grid-Computing und dem Gebrauch von Web-Services zwischen kundenspezifischen Anwendungen und solchen „von der Stange“ in einer heterogenen Umgebung, müssen jedoch erst noch geschaffen werden. An dieser Stelle werden vor allem die Anbieter im Vorteil sein, deren Lösungen objektorientiert aufgebaut sind. „Derzeit ist kein einzelnes Unternehmen in der Lage, alle Elemente eines IT Workload Automation Broker aus eigener Hand anzubieten, aber ein Trend in diese Richtung ist klar erkennbar“, fasst Vincent Stüger den Entwicklungsstand zusammen. „Wichtig bei dieser Entwicklung werden daher Partnerschaften und die Kommunikation unterschiedlicher Lösungen über spezielle Schnittstellen sein. Anbieter werden daher gemeinsam mit ihren Kunden und Partnern an der Realisierung dieser Vision arbeiten, um den nächsten Schritt auf dem Weg zum Echtzeit-Unternehmen zu ermöglichen.“