Universitäre Informatikausbildung
Prof. Abraham Bernstein, Ph.D., Universität Zürich und Prof. Dr. Walter Gander ETH Zürich
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2007/06
Das Ziel der verschiedenen aber gleichwertigen Ausbildungen an Fachhochschulen und Universitäten in der Informatik kann als Leitmotto kurz wie folgt zusammengefasst werden:
Universität: Grundsätzlich Theorie und Praxis so viel wie nötig
Fachhochschule: Grundsätzlich Praxis und Theorie so viel wie nötig
Dieses Leitmotto bestätigt Personalchefs, welche der Meinung sind, dass Fachhochschulabsolventen sofort einsetzbar sind, während Absolventen von Universitäten einer längeren Einarbeitungsphase bedürfen. Man erwartet jedoch von universitären Absolventen, dass sie tiefere Grundlagenkenntnisse haben und dementsprechend konzeptionell komplexe Systeme besser entwerfen, entwickeln und überblicken können. Der theoretische Tiefgang der universitären Ausbildung ist die generische Grundlage zur Beherrschung des Fachgebietes Informatik und die zeitlose Fähigkeit mit analytischem Denken an praktische Probleme heranzugehen.
Beispielhaft werden zwei universitäre Studiengänge vorgestellt: derjenige der ETH Zürich und der, der Universität Zürich. Diese zwei eignen sich insbesondere in der Gegenüberstellung, da sich das ETH Studium auf die Ingenieursausbildung konzentriert, wogegen die Universität den Bezug zur Anwendung in den Wirtschaftswissenschaften (und den Kognitionswissenschaften) aktiv aufbaut.
Die ETH ist eine Ingenieurausbildung und damit in erster Linie auf die Bedürfnisse der Technik ausgerichtet. Programmieren hat einen hohen Stellenwert. Themen werden behandelt oder können weiter vertieft werden:
- Programmierung und Softwareentwicklung: Schreiben qualitativ hochstehender Programme, die den Bedürfnissen der Anwender entsprechen. Die ersten Schritte werden in der Vorlesung «Einführung in die Programmierung» gelehrt.
Dieses Studium vermittelt eine grundlegende wissenschaftliche Bildung. Die Studierenden sollen in der Lage sein, Standardprobleme der Informatik und ihrer Anwendungen auf gehobenem Anspruchsniveau mit wissenschaftlichen Methoden sorgfältig zu analysieren, kritisch zu beurteilen und Lösungen systematisch und sachgerecht zu realisieren. Insbesondere können folgende Gebiete vertieft werden:
- Wirtschaftsinformatik (Information Systems) – an der Schnittstelle zwischen Informatik und der Betriebs-/Volkswirtschaftslehre: Management von IT, im Betrieb anfallende Informationen systematisch nutzen, Informationssysteme in Unternehmen zielgerichtet entwickeln/einzusetzen/managen, Markt verändernde Eigenschaften von Informationsprodukten nutzen.
- Softwaresysteme (Software Systems): Komplexe Softwaresysteme professionell im Modell und als vollwertiges System entwickeln. Hierzu gehören neben der Softwaretechnik auch das systematische Erheben von Anforderungen, die Entwicklung und der Einsatz von Datenbanksystemen sowie das Entwerfen/Realisieren von Netzwerkarchitekturen und Kommunikationsprotokollen im Internet und von Telekommunikationssystemen.
- Multimodal and Cognitive Systems (Multimodale und kognitive Systeme): Das Verhalten lebender Systeme verstehen, komplexe Sachverhalte modellieren und visualisieren sowie multimodale Mensch/Maschine Interaktionen erfassen, entwickeln und implementieren.