e-CRM - Ein Paradigma in der unternehmerischen Organisation
Verena Biedermann, Consultant, BMO AG
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2007/02
Statt wie bisher nach dem Motto „erfinde Produkte und verkaufe sie“ lautet heute die Devise „finde individuelle Wünsche und erfülle sie“. Nach dem 1:1-Ansatz werden Marketing und Produktion nicht auf anonyme Zielgruppen, sondern auf praktisch jeden einzelnen Kunden zugeschnitten. Die Individualisierung der Kundenbeziehung, die Echtzeit der Kundennähe und das profunde Wissen über Kunden und Interessenten werden immer wichtiger. Alle Branchen sind bestrebt, die Wege zum Kunden zu verkürzen, um Produkte schneller, flexibler, gezielter, kostengünstiger und einfacher abzusetzen. Das Prinzip der Echtzeit wird von den Möglichkeiten des modernen Informationsmanagements getrieben und die Innovationszyklen von Produkten und Dienstleistungen werden – nach dem Prinzip „Time-to-market“– immer kürzer.
Die viel zitierte digitale Revolution findet vor allem in der Kunden- und Marktanalyse, in der darauf aufbauenden täglichen Kundenbeziehung und im unternehmensübergreifenden Kundenmanagement statt. Um dieser Herausforderung gerecht zu werden, ist e-CRM das schnell greifende, praxisorientierte und ganzheitliche Produktivitäts-, Qualitäts- und Beziehungsmanagement-Werkzeug für Vertrieb, Marketing und Service. Es wird dem wachsenden, IT-gestützten Selbstbedienungstrend nämlich der direkten Interaktion „Kunde – Lieferant –
Partner“ gerecht.
Die Kernfähigkeiten einer e-CRM-Anwendung (Electronic Customer Relationship Management) sind dabei die nutzen-orientierte Differenzierung am Markt, was zu einer Erweiterung von Kunden- und Marktanteilen führt. Gleichzeitig unterstützt sie das permanente Optimieren der Vertriebsaufwendungen und der Vertriebsprozesse. Im Zeitalter des Internets und der sogenannten „wireless technology“ (Handy, MP3 Player, digitale Diktiergeräte, Organizer etc.) bedeutet es auch den Einbezug der mobilen Handhabssung des Internets, d.h. Datenzugriff via Handy (m-CRM = mobile Customer Relationship Management).
CRM-Lösungen sind jedoch nur erfolgreich durchsetzbar, wenn sie nachweislich die Kosten reduzieren, einen schnellen ROI (Return on Investment), einen wirklich sichtbaren Kundennutzen, eine schnelle Implementierung und einen einfachen Betrieb sicherstellen. Dies kann nur erfolgen, wenn die wesentlichen Standardprozesse und Zielsegmente vordefiniert und in der CRM-Softwarelösung abgebildet sind.
Gefordert wird demnach eine Lösung, die die vollständige 360 Grad Betrachtung von Märkten, Kunden, Transaktionen als integriertes Marketing und unter Einbezug von Vertriebs- und Serviceprozessen erlaubt – und zwar über verschiedene Zugriffskanäle (Laptop, PC, Web, WAP, Mobile Phone, Electronic Organizer, MP3 Player), die vom Kunden bevorzugt werden.
Praktizierte Kundenorientierung, der richtige Service und dauerhafte Kundenzufriedenheit machen letztendlich aus Erstkäufern langfristig loyale Kunden. Diese wiederum reduzieren die Akquisitionskosten, vereinfachen den Vertriebsprozess und steigern die Produktivität.
Zeitgemässe IT-Instrumentarien, wie z.B. ein Marketing Repository oder Data-Warehouse-Lösungen, in denen alle relevanten Informationen gesammelt, jederzeit wieder im Zugriff sind und nach Bedarf aufbereitet werden können, bilden die technische Grundlage.
Zudem müssen CRM-Anwendungen nicht nur in sich, sondern durchgängig in die unternehmensweiten IT-Systeme integriert werden, um einen deutlich grösseren Nutzen als die bisherigen Inselansätze zu bieten. Technologien werden Vertriebsprozesse nicht nur tangieren, sondern den Vertrieb im Kern verändern und neue Verfahren schaffen, die erst durch Informationstechnologien möglich werden.
CRM ist demzufolge das ideale Bindeglied für alle Teilnehmer unterschiedlicher Vertriebskanäle und dient als globale Kommunikationsplattform für alle im Lebenszyklus eines Kunden involvierten Personen oder Abteilungen.
Das CRM-System dient ausschliesslich zur Unterstützung fundamentaler Unternehmensziele. Nämlich der Verbesserung der Produktivität, neue Märkte zu erschliessen sowie bestehende Märkte zu sichern und auszubauen. Diese Ziele werden erreicht durch die möglichst effiziente und effektive Unterstützung und Automatisierung aller Standardabläufe im Beziehungsgeflecht mit einem Kunden. D.h. eine Verbindung von Technik, Automatisierung und Analyse des Vertriebsprozesses ist herzustellen, um den Verkaufszyklus zu erhöhen und die Vertriebskosten zu senken.
Davon ausgehend, dass im Vertrieb ein neues Qualitätsbewusstsein entsteht und hier ähnliche Produktivitätsfortschritte vollzogen werden müssen, wie sie z.B. in der Fertigung bereits realisiert wurden, könnte eine Integration wie folgt aussehen:
Ein zentrales Marketing Repository steht integriert zu bestehenden, unternehmenskritischen Anwendungen, wie beispielsweise SAP R/3 oder Oracle Applications, zur Verfügung. Die fortlaufende Aktualisierung dieser zentralen Information erfolgt über Datentransfer durch den eigenen Aussendienst oder die Geschäftsstelle mit permanentem Zugriff über Internet oder mobil über WAP.
Integration in bestehende Systeme
Folgender Aspekt bei der Verbesserung des Qualitätsmanagements im Vertrieb ist jedoch essenziell. Produktivitätsfortschritte müssen binnen Wochen und Monaten sichtbar sein (für die z.B. die Fertigung Jahre braucht). Daraus folgt, dass sich die Stärken im Vertrieb und Marketing auf drei Kernfähigkeiten reduzieren lassen:
- Eine nutzenorientierte Differenzierung im Markt
- Ausweitung von Kunden- und Marktanteilen und
- Die Fähigkeiten, Vertriebskosten und den Vertriebsprozess permanent zu optimieren
Ein schneller ROI ist hier also „wettbewerbsentscheidend“. Dies ist jedoch nicht eine „einmalige Aktion“, sondern in einem Unternehmen ist er als fortdauernder und sich stetig wandelnder, schneller Prozess aktiv zu bearbeiten. Denn offensichtlich ist, dass Wettbewerbsvorteile nicht lange zu halten sind, wenn sich Märkte, Technologien und Kundenverhalten so schnell verändern, wie dies derzeit geschieht.
Dauerhafte Kundenzufriedenheit kann nur erreicht werden, wenn die individuellen Anforderungen von allen Beteiligten wirklich verstanden und gelebt werden. Das Kundenbeziehungsmanagement ist demnach unternehmensweit und unter Einbeziehung aller Partner zu planen und umzusetzen.