Editorial

Fusionen gehören verboten


Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2005/09

     

Fusionen gehören verboten, wenn sie nicht a) den Weltfrieden erhalten oder b) nachweislich Arbeitsplätze retten, weil die fusionierenden Unternehmen ohne den Merger so oder so über kurz oder lang hops gegangen wären, oder c) einen richtig coolen Namen zur Folge haben: Ich denke da an kreative Highlights wie Orbit-iEX oder Sony Ericsson.
Sämtliche drei Punkte sind beim Zusammenschluss von Adobe und Macromedia nicht gegeben, auch wenn Punkt c) noch nicht ganz geklärt ist. Ich befürchte jedoch, dass viel mehr als Adobe-Macromedia oder Macradobia nicht drinliegt – also folgerichtig: Fusion verbieten!




Noch nicht überzeugt? Also: Ich bin der festen Überzeugung, dass ein ehrlicher Wettkampf noch immer der beste Ansporn zu Höchstleistungen ist. Und dass eine gesunde Konkurrenzsituation ein Unternehmen dazu antreibt, Höchstleistungen erbringen zu wollen. Ich glaube auch, dass wir heute im Design- und Web-Bereich hervorragende Produkte haben, und dass diese nur deshalb so hervorragend sind, weil sich die führenden Firmen in diesem Bereich – eben Adobe und Macromedia – gegenseitig übertreffen wollten.





Deshalb staune ich, wie unbekümmert diejenigen sind, die diese Produkte benutzen und am meisten Interesse an deren stetigen Verbesserung haben müssten (siehe S. 9). Mit der Konkurrenzsituation ist es jetzt nämlich weitgehend vorbei, wie sich am Beispiel Illustrationstools wunderbar illustrieren lässt. Die illustren Führungskräfte von Adobe argumentieren bei kartellrechtlich
kritischen Fragen wie derjenigen, dass es nebst Freehand und Illustrator kaum noch andere Tools gebe, damit, dass man hier keine Probleme sehe, schliesslich gebe es eine ganze Reihe weiterer Produkte wie KIllustrator. Dumm ist nur, dass besagtes Produkt, eine Lösung, die bis zur Fusions-Pressekonferenz ohnehin kaum jemand kannte, gar nicht mehr weiterentwickelt wird.




So scheint sich im Web- und Design-Umfeld eine Entwicklung anzubahnen, über die beispielsweise im Betriebssystembereich alle stöhnen. Eine Firma kommt in den Besitz eines Quasi-Monopols, und das hemmt a) die Entwicklung, wirkt sich b) sicher nicht positiv auf den Preiskampf aus und gehört somit c) verboten.





Marcel Wüthrich, Redaktor

mwuethrich@compress.ch

(mw)


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