Schweizer Telefonkrieg
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2004/12
Cablecom steigt offiziell und äusserst aggressiv mit dem Angebot digital phone ins Telefoniegeschäft. Die Grundgebühr liegt bei monatlich 20 Franken, Inland-Gespäche im Festnetz werden an Werktagen tagsüber mit 3 Rappen pro Minute abgerechnet (Swisscom verlangt
8 Rappen), am Abend und am Wochenende verlangt Cablecom für die Telefoniererei in der Schweiz gar nichts. Gespräche aufs Handy kosten derweil durchs Band 45 Rappen, und auch die Auslandtarife sind, vor allem mit der Option International 40, die 3 Franken pro Land und Monat kostet, ziemlich tief. Handlungsbedarf für Swisscom also?
Im Moment noch nicht, im Gegenteil: Swisscom-Mediensprecher Sepp Huber scheint fast erfreut zu sein über den Cablecom-Markteintritt (auch wenn er dies heftig verneint), denn schliesslich zeige er, dass der Wettbewerb auf der letzten Meile doch spiele und die Entbündelung unnötig sei. Ob man auf das aggressive Angebot der Cablecom reagiere, werde man sehen. «Der Preis ist das eine, ob die Cablecom auch betreffend Qualität, Kundendienst etc. die Erwartungen erfüllen kann, muss sich erst noch zeigen. Betreffend der Preise könnten wir aber gegebenenfalls sehr rasch handeln.»
Support-Probleme behoben?
Cablecom hat Probleme mit dem Kundendienst vor geraumer Zeit bereits eingestanden und nach eigenen Angaben reagiert. Mediensprecher Stefan Hackh: «Konkrete Massnahmen wurden im Januar eingeleitet. Diese bedeuten nebst personellen Veränderungen flachere Hierarchien, mehr Kompetenzen, 40 neue Mitarbeiter und die bessere Schulung derselben. Wir denken, dass wir dem Launch und dem erwarteten Kundenansturm gewachsen sind. In punkto Qualität sollte es dank der über einjährigen Testphase kaum Probleme geben.» Angestrebt werden bis Ende Jahr rund 100'000 Kunden - heute sind es bereits 32'000, die den Test mitgemacht haben.
Derweil greift die Swisscom an einer anderen Ecke an. Der Telekom-Riese will seine Fernsehaktivitäten intensivieren. Huber: «Die strategische Antwort der Swisscom auf Cablecoms Bestrebungen, über das Kabel ins Telefoniegeschäft einzudringen, liegt darin, via Telefonnetz in den Fernsehmarkt zu drängen.» Die Cablecom schaut dem Ganzen nach eigenen Angaben interessiert zu.
Die Zukunft zumindest gehört offenbar Komplettanbietern, die Telefonie, Internet und Fernsehen aus einer Hand anbieten können. In verschiedenen Interviews wurde von Swisscom-Verantwortlichen angetönt, bis 2005 mit Fernsehen übers ADSL-Netz starten zu wollen. Die Investitionshöhe - je nach Technologie wie beispielsweise VDSL, die Glasfaserkabel näher an den Liegenschaften verlangen würde - dürfte im Milliardenbereich liegen. Einen TV-Versuch mit Bluewin wird es bereits in diesem Sommer geben. Gewinne erwartet die Swisscom im TV-Geschäft offenbar keine, zumindest soll aber der Preiszerfall im Kerngeschäft kompensiert werden können.
Festnetz-Telefonie in der Schweiz: Ein Tarifvergleich
Der hiesige Provider Netstream hat jüngst damit begonnen, verschiedene Fernsehkanäle übers ADSL-Netz auszustrahlen. Gesendet werden derzeit SF1, SF2, ORF1, Pro7, Sat1, RTL, DSF, MTV, VIVA und n-tv. Als Mindestvoraussetzung werden ein Internetanschluss mit 512 Kbps und der Windows Media Player 9 genannt. Für Netstream-Kunden gibt’s den Dienst gratis, alle anderen bezahlen 9.90 Franken im Monat.
(mw)