Suse Linux 7.2: Mehr als komplette Linux-Distribution

Die Version 7.2 von Suse Linux bietet den gewohnt riesigen Software-Umfang und verbesserte Userunterstützung.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2001/23

     

Etwa alle vier Monate wartet die Nürnberger Firma Suse mit einer aktualisierten Version ihrer vor allem in Europa beliebten Linux-Distribution in der Variante für Intel-PCs auf. Die soeben erschienene Ausgabe 7.2 Professional enthält die Kernkomponenten eines Linux-Systems in aktualisierter Form. Dies bringt zum einen natürlich neue Funktionen, aber vor allem bei den Kernkomponenten eine verbesserte Hardware-Unterstützung. Insbesondere bei Grafikkarten ist dies von Bedeutung, da ohne entsprechende Treiber keine grafische Oberfläche möglich ist. Generell ist das für die Grafikausgabe zuständige X Window den Windows-Treibern immer einen Schritt hintendrein. Aber aktuellere Karten wie Voodoo5, die G450 von Matrox, ATIs Radeon oder Karten mit einem GeForce-2-Chip von nVidia werden mittlerweile unterstützt.


Bequeme, aber zeitintensive Konfiguration

Während früher für die Einbindung von Systemkomponenten unter Linux Handarbeit angesagt war, hat das freie Betriebssystem mit neueren Distributionen auf diesem Gebiet viel von seinem Schrecken verloren. Solange nicht gerade exotische Hardware verwendet wird, erfolgen Installation und Konfiguration bei Suse Linux recht komfortabel über die grafische Oberfläche von Yast2.



Nicht nur weniger erfahrene Anwender werden bei der Installation oder spätestens im Betrieb die zusammen fast 1000 Seiten umfassenden, thematisch geordneten Handbücher schätzen, die mit Suse Linux 7.2 mitgeliefert werden. In diesem Bereich hebt sich die deutsche Distribution wohltuend von der Konkurrenz ab, die sich meist mit elektronischer Dokumentation begnügt und die Anschaffung zusätzlicher Literatur empfehlenswert erscheinen lässt.




Mittlerweile erfolgen auch unter Linux die bei der Installation erforderliche Hardware-Erkennung und wahlweise auch die Partitionierung der Festplatte automatisch. Bestehende FAT/FAT32-Partitionen von Windows 9x/Me können bei Bedarf von Yast2 verkleinert werden, um Platz für Linux zu schaffen.



Suses Distribution unterstützt, im Unterschied etwa zu Red Hat, von Haus aus ReiserFS, ein sogenanntes Journaling-Dateisystem. Dadurch, dass mit ReiserFS sämtliche Festplatten-Operationen registriert werden, kann ein System nach einem Absturz ohne langwierige Überprüfung der Datenträger wieder hochgefahren werden, was vor allem bei Servern
eine Rolle spielt.



Die Suse-Distribution hat sich schon immer durch einen überaus reichen Software-Umfang ausgezeichnet. 7 CDs mit insgesamt rund 2000 Software-Paketen umfasst Ausgabe 7.2. Wohl dem, der ein DVD-Laufwerk besitzt und sich dank der ebenfalls mitgelieferten DVD das Scheibenwechseln während der Installation ersparen kann.



Der Software-Umfang wirkt sich auch auf die Installationsdauer aus. Während ein schlankes Red Hat 7.1 in etwa 20 Minuten installiert ist, kann eine - allerdings weitaus umfangreichere - Vollinstallation von Suse 7.2 einige Stunden in Anspruch nehmen und maximal 6 GB Festplattenplatz beanspruchen.



Im Normalfall wird man aber eine der vorgeschlagenen Standardinstallationen für Server oder Workstation bevorzugen und gegebenenfalls anpassen. Diese Prozedur erweist sich als mühselig, will man sich durch alle 2000 Pakete hindurcharbeiten. Hinzu kommt, dass durch die schiere Menge an Software die Abhängigkeit zwischen einzelnen Paketen nicht immer zu durchschauen ist.



Ist das System eingerichtet und aufgestartet, kommt das praktische Konfigurationswerkzeug Yast2 nochmals zum Zug. Es erlaubt die Konfiguration von Komponenten wie Netzwerk, Drucker oder Soundkarte annähernd im Plug&Play-Verfahren. Einsteigern kommt bei Suse zugute, dass sie mit Linux arbeiten können, ohne je mit den gefürchteten textbasierten Konfigurationsdateien in Berührung zu kommen. Mit Ausgabe 7.2 wurde zudem als weitere Komfortsteigerung eine Update-Funktion eingeführt, welche die Aktualisierung einzelner Pakete automatisiert.


Komfort verhindert Feintuning

Die bequeme Einrichtung von Suse Linux wird über eine zentrale Konfigurationsdatei abgewickelt, welche anschliessend die "richtigen" Konfigurationsdateien der einzelnen Komponenten erzeugt. Einsteigern kommt dies sicher entgegen. Wer aber auf eigene Faust in den Tiefen des Systems arbeiten will, stört sich an dieser Methode. Sie verhindert zudem den Einsatz anderer Konfigurationswerkzeuge wie etwa Linuxconf. Dies ist der Preis, der hier für die Benutzerfreundlichkeit bezahlt werden muss.




Im Betrieb unterscheidet sich Suse Linux nur unwesentlich von anderen Distributionen. An vorkonfigurierten Oberflächen stehen unter anderem sowohl Gnome wie auch das von Suse favorisierte KDE zur Wahl, und die komplette Software-Ausstattung lässt kaum Wünsche offen, ob im Server- oder im Desktop-Einsatz. Für erste Gehversuche ist Suse Linux sicher die richtige Distribution, und ebenso für diejenigen, welche wenig Zeit mit der Konfiguration und dem Zusammensuchen von Software im Internet verbringen wollen. Dann spricht eigentlich nichts gegen Suse, auch im professionellen Einsatz. Wer aber ein bis ins letzte Detail individuell konfiguriertes, schlankes System auf eigene Faust zusammenstellen will, dürfte sich wohl eher nach einer anderen Distribution umsehen.



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