Arztbesuche während der Arbeitszeit


Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2005/17

     

Ob ein Arbeitnehmer Arztbesuche in die Arbeitszeit legen darf und die Absenz gar noch bezahlt erhält, oder ob er verpflichtet ist, die Termine in der Freizeit zu planen, kommt mitunter auf den Grund der Konsultation an.


Vorsorgliche Untersuchung:

Bei vorsorglichen Untersuchungen liegt keine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit vor. Der Arbeitnehmer hat darum keinen Anspruch auf bezahlte Freizeit. Es ist ihm möglich und zumutbar, gerade bei gleitender Arbeitszeit, solche Arzttermine ausserhalb der Blockzeiten zu vereinbaren. Muss er in dringenden Fällen die Blockzeiten in Anspruch nehmen, so kann ihm der Ausgleich dieser Abwesenheit in praktisch jedem Falle zugemutet werden (Brühwiler, N2 zu Art. 324a). Eine Ausnahme besteht, soweit das Arbeitsgesetz im Zusammenhang mit regelmässiger Nachtarbeit einen Anspruch auf eine Untersuchung des Gesundheitszustandes und auf medizinische Beratung gewährt (Art. 17c ArG / Art. 43 ff ArgVI). Auch wenn das Gesetz es nicht ausdrücklich erwähnt, so ist der Arbeitgeber doch verpflichtet, für diese Untersuchung bezahlte Freizeit zu gewähren (Geiser, AJP 3/2003, S. 325).


Medizinisch notwendige, sofortige Arztbesuche:

Eine Arbeitsverhinderung im Sinne einer Krankheit ist nicht erst dann gegeben, wenn die Krankheit bereits zur Arbeitsunfähigkeit geführt hat, sondern auch dann, wenn zwar der gegenwärtige Zustand dem Arbeitnehmer die Arbeitsleistung an sich noch erlaubt, eine Fortsetzung der Arbeit ihm aber nicht mehr zugemutet werden kann. Dies ist insbesondere bei akuter Gefahr einer Erkrankung oder Krankheitsverschlimmerung ohne rasche Heilbehandlung der Fall. Eine solche Arbeitsverhinderung, für die bezahlte Freizeit zu gewähren ist, ist aber nur dann gegeben, wenn ein schneller Arztbesuch zwingend und das dadurch notwendige sofortige Aussetzen der Arbeit medizinisch indiziert sind (Brühwiler, N3 zu Art. 324a; Rehbinder BK N3 zu Art. 324a OR).


Therapien:

Sowohl für empfohlene als auch aus medizinischer Notwendigkeit angeordnete therapeutische Konsultationen besteht kein Anspruch auf bezahlte Freizeit. Die Therapiestunden sind in Randzeiten ausserhalb der ordentlichen Arbeitszeiten zu legen, was auch für wöchentlich notwendige Therapiestunden gilt.


Kuren:

Eine Lohnfortzahlung wegen unverschuldeter Arbeitsverhinderung ist nur geschuldet, wenn die Kur der Abwendung einer bestimmten drohenden Erkrankung oder einer Krankheitsverschlimmerung (Vorbeugungskur), der Heilung einer bestehenden Erkrankung (Heilkur) oder der Wiederherstellung der Gesundheit (Genesungskur) dient. Eine bezahlte Arbeitsverhinderung ist somit nur anzunehmen, wenn der Kuraufenthalt medizinisch zwingend
indiziert ist und die Kur von den Krankenversicherungen zu bezahlen ist. Kuren, die ärztlich zwar nicht notwendig, aber wünschenswert sind, zum Beispiel bei physischen oder psychischen Erschöpfungszuständen, sind in die Ferien zu legen. (Rehbinder, Berner Kommentar N 4 zu Art. 324a OR)


Der Autor

Gregor Ruh, Büro für Arbeitsrecht, Beratung, Ausbildung und Information von Unternehmen. www.arbeitsrecht.ch




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