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Gesucht: E-Commerce-taugliche Zahlungsmittel

Das Fehlen von geeigneten Zahlungsmitteln bremst den E-Commerce. 3-D-Secure-Programme für Kreditkaten, EBPP und M-Payment könnten Abhilfe schaffen.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2003/19

     

In den letzten Zehn Jahren hat sich E-Commerce in verschiedenen Branchen zu einem wichtigen Verkaufskanal entwickelt. So werden heute beispielsweise ein Grossteil der Geschäftsreisen oder Bücher und CDs im Internet gekauft. Trotzdem glauben viele Marktbetrachter, dass das Umsatzpotenzial noch lange nicht ausgeschöpft ist. Dies wird unter anderem darauf zurückgeführt, dass sich viele Kunden vor der Verwendung von Kreditkarten im Internet scheuen oder durch ungenügende Usability der E-Shops abgeschreckt werden und daher die meisten Einkaufsvorgänge vor dem Zahlen abbrechen.



Andererseits besteht auch ein grosses Potenzial bei Gütern, für welche das Internet zwar ein sehr geeigneter Vertriebskanal ist, aber die bestehenden Zahlungsmittel entweder den Anforderungen nicht genügen oder zuwenig verbreitet sind: Es sind dies vor allem digitale Informationen, multimediale Inhalte sowie andere Dienstleistungen, für welche Kleinstbeträge verrechnet werden sollen (Micropayment).


Beliebte Rechnung

Heute hat der Kunde in einem Online-Shop zum Zahlen in der Regel die Wahl aus verschiedenen Möglichkeiten wie Kreditkarte, Rechnung, Nachnahme oder Postcard. In der Schweiz ist dabei das Bezahlen per Rechnung nach wie vor die beliebteste Form. Dazu bieten die Post und in Lizenz auch schon bald Paynet gegen moderate Gebühren die elektronische Rechnungsstellung (EBPP) an. Der Käufer erhält so anstatt einer Rechnung per Post eine elektronische Rechnung, die via Online-Banking bezahlt werden kann. So können bei allen Beteiligten Kosten gesenkt werden. Der Händler ist allerdings bei diesem traditionellen Weg über eine Rechnung mit Zahlungsfristen auf die Zahlungsmoral der Kunden angewiesen. Dies ist für ihn problematisch, weil im anonymen Internet "gute" von "weniger guten" Kunden schwer zu unterscheiden sind.



Der Händler bevorzugt Vorauskasse oder zumindest Bezahlung bei Auslieferung, was aus seiner Sicht für die Kreditkarte spricht. Hier steckt jedoch die Herausforderung in den Details - so hat der Händler im Internet ohne weitergehende Massnahmen keine Möglichkeit nachzuweisen, ob der Käufer auch wirklich der Besitzer der Karte ist, wie es in einem physischen Lokal mit der Unterschrift des Käufers oder durch Eingabe des geheimen PIN üblich ist. Ohne diesen Nachweis geht er das Risiko ein, dass der Karteninhaber die Zahlung ablehnt und er neben Umtrieben und Gebühren erst noch die ausgelieferte Ware oder schon bezogene Dienstleistung nicht zurückfordern kann. Zudem verlangen die Kreditkartenorganisationen für solche risikoreichen Transaktionen höhere Gebühren.



Um das Risiko für den Händler zu mindern, hatten MasterCard und Visa in der Vergangenheit gemeinsam versucht, das auf persönlichen Zertifikaten basierende System "Secure Electronic Transaction" oder kurz SET einzuführen. Die Lösung war jedoch für den Kreditkartenbesitzer umständlich und für die Händler mit hohen Zusatzinvestitionen verbunden. SET hat sich im Markt nicht durchsetzen können und wurde in der Schweiz per Ende 2001 eingestellt.




Abgesicherte Kreditkarte

Die vor einigen Monaten lancierte Nachfolgelösung 3-D Secure begegnet vielen Schwachstellen ihrer Vorgängerin SET. So müssen Kreditkarteninhaber neu keine Zertifikate und Software mehr lokal auf ihren PCs installieren und können sich von überall im Internet als Besitzer der Karte ausweisen und so Zahlungen bestätigen. Auch für den Shop-Betreiber sind mit der neuen Lösung nur minimale Zusatzinvestitionen verbunden. Und zu guter Letzt bieten die Kreditkartenfirmen bei 3-D Secure eine Haftungsumkehr: Der Händler erhält die über 3-D Secure abgewickelten Zahlungen garantiert erstattet, auch wenn die Ware mit einer gestohlenen Kreditkarte bezahlt wurde. "Verified by Visa" und "MasterCard SecureCode" heissen die 3-D-Secure-Programme von Visa und MasterCard.



Im Debit-Karten-Bereich sind weltweit viele regional unterschiedliche Lösungen vorhanden. So bietet in der Schweiz die Post für ihre Postfinance-Kunden eine einfache Lösung an: Der Kontobesitzer wird mittels seiner Yellownet-Nummer, seinem persönlichen Passwort und der nur ihm bekannten TAN (Streichliste für sein Online-Banking) identifiziert. Vom Prinzip her ist diese Lösung dem 3-D Secure-Konzept verwandt. Da ein grosser Teil der Schweizer Bevölkerung im Besitze eines Postkontos ist, erreicht man so eine gute Abdeckung. Im internationalen Handel gibt es derzeit aber noch keine vergleichbare Lösung. Dabei wäre naheliegend, das gleiche Verfahren auf Maestro (ehemals ec-Karte) anzuwenden, um wenigstens den europäischen Raum abdecken zu können.



Ungelöst bleibt aber nach wie vor der Verkauf von Artikeln mit Preisen von wenigen Franken oder gar Rappen - sogenanntes Micropayment. Insbesondere die Printmedien suchen schon länger nach geeigneten Lösungen für den Verkauf von Texten im Internet. Hier sind die Transaktionsgebühren der Kreditkartenunternehmungen wie auch der Post meist höher als der Gewinn oder gar der Preis für die Ware. Da die Kommissionen aber zu einem grossen Teil gerechtfertigt sind, um das Risiko von insolventen Kartenbesitzern abzudecken, können diese gesenkt werden, wenn der geschuldete Betrag bereits vor oder während des Kaufs auf das Konto geladen wird. Solche Pepaid-Verfahren sind PayPal sowie die Schweizer CASH-Karte.



PayPal hat vor allem in den USA und speziell in Internet-Auktionen (eBay) eine grosse Schar von Anhängern gefunden. Insbesondere sind damit Zahlungen von Person zu Person (P2P) möglich. Doch auch PayPal löst nicht alle Probleme, denn das Geld ist bei einer mehr oder weniger vertrauenswürdigen Institution (z.Z. ist eBay Inc. die Besitzerin von PayPal) hinterlegt und kann nicht jederzeit auf das eigene Bankkonto transferiert werden.




Bezahlen übers Handy

Das Mobile Payment (M-Payment), also die Zahlung per Mobiltelefon, könnte im Bereich des Micropayment in der nächsten Zeit den Durchbruch schaffen. Mobile Network Operators (MNO) wie Swisscom haben seit kurzem funktionierende Lösungen im Angebot. Zudem sind MNOs vertrauenswürdige Institutionen, mit welchen man bereits eine solide Beziehung hat. Die Verbreitung der Zahlungsmethode ist durch die Netzabdeckung und die Roaming-Verträge sichergestellt. In einigen Ländern und Staaten ist es jedoch den MNOs nicht erlaubt, für andere Dienstleistungen als für die Erbringung von Kommunikationsleistungen von den Kunden Geld einzukassieren. Wie bei den Kreditkarten ist auch M-Payment eine Zahlungsform, die sich genauso für Online-Inhalte als auch für traditionelle Produkte (Zeitung am Kiosk, Parkplatz) eignet.



Insgesamt kann man beobachten, dass im Bereich der Zahlungsmittel - wie in anderen Bereichen auch - die Gräben zwischen den Online-Angeboten und dem "analogen" Konsum langsam schwinden. Tendenziell sind es die "Vertriebskanal-unspezifischen" Zahlungsmittel, welche in Zukunft die Nase vorne haben werden. Die Kunden wollen mit denselben Mittel bezahlen, ob es am Schalter, im Laden oder im Online-Shop ist.



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