ASP: André Zibung vs. Andy Wyss


Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2003/13

     

Anwendungen bequem via Internet und per Miete beziehen: Die verheissungsvolle Idee hört auf den Namen Application Service Providing (ASP). Neu ist das Konzept zwar nicht, bereits in den wilden Dotcom-Jahren wollten ASP-Dienstleister die IT revolutionieren, scheiterten aber kläglich. Nichtsdestotrotz glauben Unentwegte nach wie vor ans ASP-Modell, doch nur dann, so scheint es, wenn die Dienstleister starke Branchenkompetenz nachweisen können.


Kosten



Pro: Die Unternehmens-IT soll heute während 24 Stunden am Tag verfügbar sein. Doch ein Rund-um-die-Uhr-Service aufrechtzuerhalten, kostet viel Geld, insbesondere wenn auch die versteckten Kosten mitgerechnet werden. Ich persönlich bin überzeugt, dass ASP-Dienstleistungen nur in Betrieben, die eine echte Kostenrechnung führen und nicht eine Rechtfertigungs-Strategie für die EDV-Abteilung einschlagen, eingesetzt werden kann.




Kontra: Aufgrund der immer günstiger werdenden Hardware schmilzt der Kostenvorteil von ASP dahin. Ebenso werden die Server-Betriebssysteme immer zuverlässiger und bedienerfreundlicher, was zusätzlich gegen das Modell spricht. Standard-Applikationen sind am kostengünstigsten, wenn sie inhouse verwaltet werden. Anders verhält es sich bei Spezialapplikationen, die nur von wenigen Mitarbeitern verwendet werden und ein tiefes Wissen voraussetzen.


Sicherheit



Pro: ASP-Dienstleister sollten sich schon länger als ein bis zwei Jahre am Markt behauptet haben, um die Nachhaltigkeit der Unternehmung auszuweisen. Weiter ist es sinnvoll, wenn ASP-Dienstleister ihre Kunden in einem Interessenverbund zusammenfassen, so dass sich diese jederzeit Einblick in die Unternehmenstätigkeit verschaffen können. Es gilt sicherzustellen, dass die Zukunft nicht nur in die Hände des Dienstleistungserbringers gelegt wird, sondern Rechte und Pflichten von beiden Seiten wahrgenommen werden. Eine wichtige Rolle spielt dabei das Service Level Agreement (SLA).




Kontra: Dieser Punkt kann als neutral angesehen werden. Es ist sicher so, dass sich ein Anwender sicherer fühlt, wenn er den Server in seinen eigenen vier Wänden stehen hat, weil er so den physischen Zutritt kontrollieren kann. Gleichzeitig muss man davon ausgehen, dass ein professioneller ASP die bestmöglichen Vorkehrungen trifft, damit die Daten sicher sind.


Performance/Uptime



Pro: Ein wichtiger Parameter bei der Wahl eines ASP-Dienstleisters sind die Netzwerkanbindungen, die im Vorfeld bereits geklärt werden können. Zudem ist es so, dass die meisten Netze ohnehin Überkapazitäten aufweisen. Ausserdem können die zur Verfügung gestellten Leistungen üblicherweise zu zahlbaren Preisen mit all den notwendigen Garantien bei den heute noch am Markt bestehenden Netzwerkdienstleistern bezogen werden.




Kontra: Die Performance ist nur über eine Standleitung (Punkt-Punkt oder IPSS usw.) sicherzustellen. Da diese Möglichkeiten bei der nötigen Bandbreite auch heute noch sehr teuer sind, wird oft auf ein VPN über Internet ausgewichen. Diese Anschlüsse sind allerdings punkto Performance nicht konstant, was zu Problemen führen kann. Dasselbe gilt auch für die Uptime der Verbindung.


Vertrauen


Pro: ASP-Anbieter sind ähnlich einer Bank oder Versicherung strengsten Sicherheitsnormen unterstellt und tragen dadurch ein erhöhtes unternehmerisches Risiko. Im Gegensatz zum Inhouse-Betrieb, muss ein ASP-Anbieter mit einem Transaktionsmonitoring belegen können, was mit den Daten passiert. Damit und mit anderen Sicherheitskonzepten sind die strategischen Informationen einwandfrei gegen Manipulation, Verlust, unbewilligten Zugriff und Schäden durch das Eindringen unbefugter Personen geschützt.




Kontra: Das Vertrauen in den ASP ist hauptsächlich ein psychologisches Problem. Ich glaube nicht, dass ASP-Anbieter Daten von Kunden vorsätzlich weitergeben. Anders sieht es allerdings aus, wenn ein ASP den Betrieb einstellen muss. Dabei entstehen teilweise sehr unübersichtliche Notfallübungen. Dasselbe gilt, falls der Kunde seine Daten vom ASP in eine Inhouse-Lösung zurückführen muss. Um hier Problemen vorzubeugen, sind sehr gut ausgearbeitete Verträge und juristische Beratung vor dem Vertragsabschluss notwendig.


Branchen-Know-how


Pro: Dies ist ein entscheidender Punkt: ASP-Unternehmen müssen Branchenkompetenz unbedingt mitbringen. Nur so kann ein ASP-Anbieter, der die Funktionalität einer Software beherrscht, den Businessprozess gewinnbringend für die Unternehmungen im ASP-Modell abbilden. Aus diesem Fokus werden die Partnerschaften auf das Beherrschen der Businesslogik in der Unternehmung so wie das Bereitstellen der Software-, Hardware- und Netzwerk-Infrastruktur konzentriert. Ein PPS, CRM oder CMS bleibt immer eine Software. Es gilt, diese mit marktspezifischen Anpassungen den Unternehmens-Prozessfunktionen zur Verfügung zu stellen und durch eine hohe Flexibilität auf die jeweiligen Business-Anforderungen einzustellen. Krass wird es beispielsweise bei den Office-Softwarepaketen wie Word, Excel oder PowerPoint. Word bleibt immer Word. Der Unterschied zum ASP-Betrieb ist in den versteckten IT-Kosten zu suchen - Betriebskosten, Lizenzen, Support. Wird dies durch die eigene IT-Abteilung betreut, ist dies ein massiver Kostenblock, der im ASP-Modell weit günstiger bezogen werden kann.




Kontra: Wie ich schon beim Punkt "Kosten" angedeutet habe, sehe ich den einzigen Vorteil eines ASP-Modells bei spezialisierten Lösungen für einige wenige Benutzer, darunter beispielsweise Treuhandlösungen im Finanz- und Lohnwesen. Kunden, deren Application-Service-Provider nur eine Blackbox zur Verfügung stellen, können über Inhouse-Lösungen (mit externem Zugriff) mit einem Terminal- oder Citrix-Server gleichwertige Ergebnisse zu günstigeren Kosten erzielen. Anders verhält es sich zum Beispiel bei SAP-Lösungen, da diese einer dauernden Überwachung bedürfen und der ASP - der meist ebenfalls mit sehr gutem Branchen-Know-how ausgestattet ist - gleichzeitig Entwicklungspartner wird.

Die Kontrahenten

Pro: André Zibung ist COO der EMarket AG. Die Firma EMarket bietet eine CMS-Lösung im ASP-Verfahren an.






Kontra: Andy Wyss ist Geschäftsführerm der AAC Computer AG. AAC Computer ist eine Winterthurer Firma, die auf die Erbringung von Informatikleistungen spezialisiert ist.




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