Mit ISDN auf Surftour
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2001/04
Über 40 Prozent der Internetzugänge in der Schweiz werden mit ISDN-Verbindungen hergestellt. Doch der ISDN-Run beginnt langsam abzuflachen. Dies ist auf den zunehmend stärker werdenden Konkurrenzdruck von Breitbandzugängen wie etwa die Netzanbindung über das Fernsehkabel oder die langsam erschwinglichen ADSL-Anschlüsse zurückzuführen. Jedoch ist das Angebot dieser Dienste noch nicht vollständig ausgebaut, womit erst in Zukunft die vollen Auswirkungen der Konkurrenz für ISDN zur Geltung kommen werden. Im Moment wird das Geschäft mit dem digitalen Telefonanschluss von der Swisscom noch heftig gepusht, wie man von Bluewin erfahren konnte. Das erstaunt nicht, denn ISDN läuft nur über die letzte Meile des einstigen Monopolbetriebs.
Dass die Neuzugänge dennoch prozentual zurückgehen, führt Dario Abbatiello von agri.ch weniger auf die Konkurrenz durch Alternativlösungen zurück als vielmehr auf die langsam erreichte Sättigung des Marktes. Diese Marktsättigung hat sich aber noch nicht auf die Preise der Adapter ausgewirkt. Im Durchschnitt sind die Geräte im letzten Jahr leicht teurer geworden. Die Preisspanne reicht von der günstigen PCI-Karte für unter 70 Franken bis zur Edelhybrid-Netzwerkkarte für über 1000 Franken wie etwa Eicons Diva BRI-2M.
Die Vorteile eines ISDN-Anschlusses liegen eindeutig in der Kombination von Telefonie und Datenkommunikation. Es stehen Dienste zur Verfügung, die mit einem Analog-Anschluss nicht geboten werden. Über ISDN wird angezeigt, wer der Anrufer ist, und während eines Gesprächs kann durch sogenanntes Anklopfen signalisiert werden, dass ein anderer Kommunikationspartner versucht, eine Verbindung herzustellen. Wenn der Call nicht angenommen werden kann, wird die Telefonnummer des abgewiesenen Gesprächs registriert.
Das digitale Verfahren erlaubt es ausserdem, über eine einfache Telefonleitung mehrere Anschlüsse zu bedienen. Je nach Anbieter und gewählter Anschlussart stehen 3, 5 oder mehr Leitungen zur Verfügung. Das bedeutet, dass gleichzeitig mehrere Verbindungen nach aussen aufgebaut werden können.
Vorteilhaft an diesem System ist, dass nicht zuerst definiert werden muss, was für ein Endgerät auf eine Leitung zugreifen will. Das heisst, im Kleinbüro oder zu Hause besteht die Möglichkeit, einen Fax, Telefone und ISDN-Adapter an das Netz anzuschliessen und damit die gesamte Büro-Kommunikationspalette auszunutzen. Je nach Bedarf werden den Geräten automatisch oder, wenn gewünscht, mit fester Rufnummernbelegung Leitungen zugewiesen. Andersherum: Ist man am Surfen, bleibt dennoch die Möglichkeit, von aussen Kontakt aufzunehmen, was für Selbständigerwerbende nicht zu unterschätzen ist.
Für die Datenübermittlung oder, einfacher gesagt, für den Zugriff aufs Internet erbringt ISDN bei der Belegung einer Leitung eine leicht verbesserte Datendurchsatzrate von 64 kbps gegenüber von herkömmlichen Analog-Modems mit 56 kbps. Diese höhere Geschwindigkeit erkauft man sich aber mit einer teureren Anschlussgebühr. Über die meisten ISDN-Adapter können gleichzeitig Daten auf zwei Leitungen ausgetauscht werden, der Transfer geht dann mit 128 kbps vor sich. In diesem Fall bezahlt man jedoch die Telefongebühr für zwei Kanäle, somit lohnt sich das Verfahren nur für Zeitersparnis, nicht aber, um die Verbindungsgebühren zu reduzieren.
Der Internetzugriff via ISDN ist dann eine gute Lösung, wenn nicht oft grosse Datenpakete verschickt oder empfangen werden müssen und wenn man nicht auf eine ständige Verbindung mit dem Web angewiesen ist. Ist aber der Internetzugang ein wichtiges Arbeitsinstrument, lohnt sich der Anschluss über ADSL, der schneller und nach der Preisreduktion durchaus erschwinglich sein dürfte. Ebenso bieten einige Fernsehkabelnetz-Betreiber Zugänge zum Web, die für Dauerbenutzer sicherlich günstiger kommen als der nach Verbindungszeit berechnete ISDN-Anschluss. Hier gilt es immer abzuwägen, wie wichtig einem der Webzugang ist und welche Anforderungen an die Telefonverbindungen gestellt werden. ISDN ist dann optimal, wenn zwei oder drei Telefonleitungen gebraucht werden und nur einige Male pro Tag auf das Internet zugegriffen wird.
Wer sich für einen ISDN-Anschluss entschieden hat, muss die Verbindung zwischen dem Computer und der ISDN-Basisstation über einen ISDN-Adapter herstellen. Die Produktpalette für solche "ISDN-Modems" ist breit, und sie unterscheiden sich wesentlich.
Eine erste grosse Unterteilung lässt sich bei der Bauart treffen. In der einen sind interne Adapter enthalten, die als Steckkarten entweder in einem ISA-Slot oder einem PCI-Platz im Rechner eingebaut werden. In der anderen sind die externen Geräte in einem geschlossenen Gehäuse untergebracht, und die entweder über eine serielle oder eine USB-Schnittstelle mit dem Desktop oder Notebook verbunden werden. Beide Bauformen haben ihre Vorteile, aber auch einige Nachteile.
Die internen Steckkarten sind eher etwas umständlich zu installieren, kommt man doch nicht darum herum, den Rechner zu öffnen. Wer nicht gerne an seinem Computer herumschraubt, dem ist eher ein externes Modell zu empfehlen. Dagegen ist die Interrupt-Zuordnung bei den internen Karten sehr einfach, wird sie doch automatisch vom System vorgenommen. Der schlagendste Vorteil liegt aber sicherlich im Preis, denn die ISA- oder PCI-Karten sind im Durchschnitt deutlich günstiger als die externen Adapter und bereits ab 70 Franken zu haben, wie etwa das Modell P-IN100ST-D2 von AsusCom. Ein Nachteil dieser Bauform liegt sicherlich darin, dass damit einer der raren Steckplätze belegt wird.
Externe ISDN-Adapter, insbesondere wenn sie über einen USB-Anschluss verfügen, sind schnell und einfach zu installieren - handwerkliches Geschick und technisches Verständnis sind nicht gefragt. Leider sind aber noch längst nicht alle externen Geräte mit einer solchen Schnittstelle versehen. Ein weiterer Vorteil liegt bei der Funktionskontrolle des Geräts, die den Arbeitszustand und bei einigen Modellen auch die verwendeten Protokolle anzeigt. Zudem weisen sie oft einen ausgebauteren Funktionsumfang auf. Dagegen wird das Kabelgewirr rund um den Rechner noch grösser, müssen diese Kästchen doch einerseits an den Computer angeschlossen werden, und andererseits werden sie meist über ein separates Netzteil mit Energie versorgt. Der in sich geschlossene Formfaktor ist in der Herstellung teurer, und die zusätzlichen Bedienungs- und Kontrollelemente schlagen ebenfalls zu Buche. Unter 150 Franken sind kaum externe Lösungen zu finden.
Ein zweites wichtiges Unterscheidungskriterium für ISDN-Adapter liegt in deren Arbeitsweise, die in aktiv und passiv unterteilt werden kann.
Passive Geräte verfügen weder über Eigenspeicher noch eigene Rechenleistung. Der Adapter ist für diesen Dienst ganz auf den PC angewiesen. Das ist jedoch meist kein wesentlicher Nachteil, da in den heutigen Rechnern genügend Prozessorenleistung und Speicherkapazität vorhanden sind und die Bearbeitung der Protokolle nur wenig Ressourcen in Anspruch nimmt.
Aktive Geräte hingegen verfügen über einen eigenen Prozessor und teilweise über eigene Speicherkapazität, womit das Gerät die gesamte Verarbeitung der ISDN-Protokolle übernimmt. Natürlich sind solche Lösungen teuer, und deren Anschaffung macht eigentlich nur dann Sinn, wenn sie an einem betagten Rechner betrieben werden.
Wenn die Adapter zusätzlich über einen Speicher und eine externe Stromversorgung verfügen, können sie auch bei ausgeschaltetem Desktop Daten empfangen und speichern. Damit bekommen Voice-Funktionen einen ganz anderen Wert: Das ISDN-Gerät kann als Telefonbeantworter unabhängig vom Rechner eingesetzt werden. Einige Geräte verfügen zudem über einen direkten Anschluss für den Drucker, womit der Adapter für eine ständige Fax-Bereitschaft sorgt.
Als Hybriden werden ISDN-Adapter bezeichnet, die zusätzlich noch über Analog-Modem-Funktionalität verfügen. Diese Allrounder sind als interne Karten und als externe Modelle zu haben. Wegen ihrer aufwendigeren Technik sind die Geräte allerdings teurer. Dafür haben sie den Vorteil, dass sie nicht nur in einer Umgebung mit ISDN-Zugang eingesetzt werden können, sondern an jedem Ort, wo es eine Telefonverbindung über das Festnetz gibt. Grundsätzlich sind diese Hybriden meist eher luxuriöse Geräte, die über gute Ausstattung und breite Anwendungsmöglichkeiten verfügen.
Wer sich einen ISDN-Adapter anschaffen will, steht vor dem Problem der zu grossen Auswahl. Auf den Verpackungen jedes Herstellers wird das jeweilige Gerät als besonders geeignet angepriesen, und die wesentlichen Unterschiede sind oft nicht deutlich ersichtlich. Allgemein kann aber gesagt werden, dass in der Schweiz ein solcher Adapter mindestens folgende ISDN-Protokolle unterstützen muss, damit eine einwandfreie Kommunikation möglich ist: PPP, HDLC, X.75, V.120 und DSS1. Wer die Möglichkeit der Kanalbündelung und damit der verdoppelten Durchsatzrate in Anspruch nehmen will, muss sich zudem für ein Gerät entscheiden, das zusätzlich Multilink PPP unterstützt.
Wie bei jedem Kauf gilt es, zuerst die eigenen Bedürfnisse abzuklären. Für was und in welcher Umgebung soll der Adapter zum Einsatz kommen?
Verfügt man über nur wenig Platz und ist der hauptsächlich beabsichtigte Einsatzzweck das Surfen, liegt es nahe, sich mit den internen Adaptern zu beschäftigen. Wenn dann noch genügend freie Steckplätze im Rechner vorhanden sind und auch nicht gerade der Kauf eines neuen PC vor der Tür steht, kann man sich getrost für eine solche Karte entscheiden - vorausgesetzt, der Einbau wird nicht gescheut. Man muss sich aber darüber im Klaren sein, dass diese Geräteform über weniger sogenannte a/b-Adapter verfügen, die den Anschluss alter analoger Geräte über die ISDN-Karte erlauben.
Externe Adapter bieten sich dann an, wenn sie anstelle teurerer ISDN-PC-Cards in einer Umgebung eingesetzt werden, wo Notebooks zum Einsatz kommen, oder wo verschiedene Rechner mit einem Adapter auf das Web abwechselnd Zugriff haben sollen. Auch eignen sie sich besonders für Käufer, die eine einfache Installation bevorzugen und deren Rechner bereits über einen USB-Anschluss verfügt. Damit können sie mit echtem Plug&Play-Komfort angeschlossen und sofort eingesetzt werden. Ebenfalls sind externe Adapter zu präferieren, wenn im Büro kein analoges Netz vorhanden ist, aber dennoch nicht auf analoge Faxgeräte oder Telefone verzichtet werden soll. Oft verfügen diese Geräte über einen oder mehrere a/b-Adapter.
Für teurere externe Geräte muss sich entscheiden, wer diese nicht hauptsächlich zum Surfen und Mailen verwenden will. Als Telefonbeantworter macht nur ein Gerät Sinn, das aktiv arbeitet sowie über einen Speicher für ankommende Daten verfügt, zusätzlich darf es nicht von der PC-Stromversorgung abhängig sein. Wer will schon einen Telefonbeantworter, der nur funktioniert, wenn man am PC arbeitet? Wer zudem noch die volle Fax-Funktionalität in Anspruch nehmen, also rund um die Uhr Faxe empfangen will, muss zusätzlich darauf achten, dass der ISDN-Adapter einen Direktanschluss für den Drucker besitzt.
Hybride eignen sich besonders für Anwender, die ihren Adapter in verschiedenen oder analog/digital gemischten Umgebungen einsetzen wollen, und wo nicht an allen Orten ein digitaler Telefonanschluss vorhanden ist. Ebenfalls sollte der Entscheid auf einen Hybriden fallen, wenn man in nächster Zeit auf ein ISDN-Netz umgestellen will, die Anschaffung eines Modems aber nicht mehr warten kann.
Welche Funktionen ein ISDN-Adapter übernehmen kann, wird weitgehend durch die Software bestimmt. Daher liegt den Geräten der Hersteller meist ein ganzes Softwarebundle bei. Dieses enthält oft eine DFÜ-Software, die einem die Wahl zwischen dem Windows-Tool und dem Produkt des Herstellers bietet. Zum Softwarestandard gehört mittlerweilen ebenfalls die Kommunikationssoftware RVS-COM Lite, welche die notwendigen Kommunikations-Utilities für Fax- und Voice-Funktionen beinhaltet. Dabei handelt es sich um eine bewährte Kommunikations-Suite, welche alle Grundfunktionen unterstützt und die von den meisten Anbietern mitgeliefert wird. Doch stehen solche Tools auch als Shareware auf dem Internet zur Verfügung, und andererseits können die meisten Funktionen auch von Windows-Utilities übernommen werden.
Nicht enttäuscht darf sein, wer hofft, mit dem neu erworbenen ISDN-Adapter schneller faxen zu können: Die meisten Fax-Protokolle unterstützen nach wie vor 14,4 kbps, obwohl eigentlich schon lange ein ISDN-Fax-Standard bereitgestellt ist, der eine Datenübermittlung von 64 kbps ermöglichen würde. Doch sind noch zu viele Fax-Geräte im Umlauf, die das ISDN-Protokoll nicht verarbeiten, womit es wenig Sinn macht, das Risiko einzugehen, beim Empfänger nicht verstanden zu werden.
Auch sind die Telefonbeantworterfunktionen zwar in den meisten Softwarebundles enthalten, doch hängt deren Einsatzmöglichkeit vom Adapter ab. Ein Billig-Gerät ersetzt keine Answering Machine.
Obschon es sicherlich bequem ist, eine gut assortierte Softwarepalette gleich mit dem ISDN-Adapter mitgeliefert zu bekommen, sollte dies nicht das wichtigste Argument beim Kauf sein. Die notwendigen Tools kann man sich auch sonst beschaffen.