Lehre beendet - wie geht's weiter?

Nach bestandener Lehrabschlussprüfung ist bei den meisten Absolventen Weiterbildung oder ein Stellenwechsel angesagt.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2001/02

     

Vier Jahre dauert im Normalfall eine Lehre als Informatiker. Spätestens Mitte des dritten Jahres überlegen sich die Stifte, wie es weiter gehen soll.



In der Lehrfirma bleiben oder eine andere Stelle suchen, ist die Frage, die sich die jungen Leute stellen müssen.



Bei Siemens Building Technologies AG werden die Lehrlinge des vierten Lehrjahres das erste Mal im Frühling vor der Lehrabschlussprüfung gefragt, wie es weitergehen soll. Bis spätesten drei Monate vor der Lehrabschlussprüfung muss die Frage nach dem "Wohin nach der Lehre" geklärt sein. Das schreibt unser Arbeitsgesetz vor. "Rund ein Drittel der 25 Stifte des Abschlussjahres, steigt gleich nach der Lehre in eine Vollzeit-Weiterbildung ein", sagt Hansruedi Küttel von der Abteilung Landis & Staefa Division. Er betreut rund 100 Jugendliche, davon ungefähr die Hälfte Informatik-Lehrlinge. "Ein weiteres Drittel nimmt ausserhalb eine Stelle an, und der Rest bleibt im Haus. Die Möglichkeit interne Stellen anzubieten, hängt von der aktuellen Konjunkturlage ab. Je mehr Stiften wir behalten möchten, desto mehr bekommen gute Angebote von Fremdfirmen. Letztes Jahr hätten wir gerne mehr der jungen Leute intern beschäftigt. Doch schön ist", sagt Küttel weiter, "viele der jungen Leute finden nach ein paar Jahren den Weg zu uns zurück."


Abgeworben vor dem Ende der Lehre

Rico Denzler hat der bei Firma Simultan Kleeb AG in Zug eine vierjährige Lehre als Informatiker gemacht hat. Bereits nach zweieinhalb Jahren bekam er ein Stellenangebot für einen Job als Informatiker nach bestandener Lehrabschlussprüfung. Kurz vor der LAP im letzten Sommer wurde der Firmenwechsel mit einer Mail bestätigt. Auf die Frage, warum er nicht bei Simultan geblieben sei, sagte Denzler: "Bessere Weiterbildungsmöglichkeiten, Aussicht auf gute Teamarbeit und einen doppelt so hohen Lohn, wer würde da Nein sagen." Obwohl Rico gleich bei Arbeitsantritt in der neuen Firma fünfzehn Wochen in die RS musste, hat ihm die Firma Skypro dieses Angebot gemacht und während der Militärzeit den vollen Lohn bezahlt.



Durch den Mangel an Personal in der Informatikbranche werden jungen Frauen und Männer häufig noch vor Ende des letzten Ausbildungsjahres von Fremdfirmen abgeworben. Das heisst, sie bekommen ein Angebot, das den Lohn, den die Lehrfirma nach abgeschlossener Ausbildung bezahlen würde, und die Weiterbildungsmöglichkeiten um einiges übersteigt. Nur allzu gut verständlich, dass die Abschluss-Aspiranten ein solch verlockendes Angebot selten ausschlagen, haben sie doch vier Jahre lang mit dem Lehrlingsgehalt sparsam wirtschaften müssen.





Noch ein Grund zum Wechseln

Es gibt aber noch andere Gründe, die Firma zu wechseln. Manchmal ist es schwer, seinen Status als Stift loszuwerden. Und die täglichen Botengänge, die Pflege der Kaffeemaschine und die Handreichungen, um die man als Auszubildender nicht rum kommt, werden nicht von einem zum anderen Tag abgeschafft. Und nur weil man ein Abschlusszeugnis in der Tasche hat, wird man nicht plötzlich besser behandelt.



Kleinere Unternehmen versuchen in der Regel ihre Lehrlinge im Betrieb zu behalten. Sie haben ja auch drei oder vier Jahre in sie investiert. Lehrlinge auszubilden ist nicht billig für eine Firma.




Denzlers ehemaliger Lehrmeister, Rolf Graf von Simultan Kleeb befürwortet den Wechsel des Betriebs nach der Lehrabschlussprüfung. "Die jungen Leute sollen Erfahrungen sammeln und sich weiterbilden. Wir haben uns für Denzler gefreut, dass er ein so tolles Angebot bekommen hat. Falls ein Stift aber keine neue Stelle findet, und wir mit ihm zufrieden waren, darf er gerne bleiben. Das passiert aber im Moment selten. Der Firma bringt es natürlich finanzielle Vorteile, wenn jemand bleibt. Wir haben dann einen Mitarbeiter, der sich von Anfang an im Betrieb auskennt. Die Einarbeitungszeit fällt weg." Auch ehemalige Lehrlinge, die den Weg zu Simultan zurück finden, sind herzlich willkommen.




Weiterbeschäftigung nicht garantiert

Beim Bund geht man das Ganze langsam an. Manuel Steiner, der am Institut des Bundesamtes für Berufsbildung und Technologie die Informatiklehre macht und kurz vor seiner Lehrabschlussprüfung steht, erzählt: "Ich habe erst kürzlich vernommen, dass man mich vielleicht anstellen wird, aber mein Lehrmeister kann mir nichts versprechen und unser Direktor kann noch nicht sagen, wie viele Stellenprozente wir kriegen." Steiner würde wahrscheinlich bleiben, falls er gefragt würde. "Es ist von Vorteil, wenn man sich in einem Betrieb schon auskennt, und ich gebe es zu, der Bund ist ein angenehmer Arbeitgeber, wenig Stress, viel Zeit." Dass er beim Bund nicht so viel verdienen wird wie in der Privatwirtschaft, ist ihm egal. "Hauptsache, das Umfeld stimmt."




Alle Berufe im IT-Bereich haben zurzeit glänzende Perspektiven. Fachleute sind allerdings immer noch knapp, und so werden die Lehrlinge auch weiterhin auswählen können, wo sie nach bestandener Prüfung arbeiten wollen.



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