Telearbeit - Arbeiten von zu Hause aus

Daheim arbeiten heisst grössere Mobilität, aber auch höhere Eigenverantwortung und viel mehr Disziplin.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2001/01

     

Heimarbeit und Teleworking ist Arbeit, die nicht in den Büros oder in den Betriebsräumen des Arbeitgebers, sondern für diesen im eigenen Heim oder in der Region eingerichteten Ateliers oder speziellen Räumen geleistet wird", dies die Definition der Schweizerischen Zentralstelle für Heimarbeit in Bern. In der Praxis sieht es wohl ein bisschen anders aus.



Das Büro im trauten Heim ist dank leistungsfähigen PCs, modernen Übertragungsleitungen und neu entwickelter Software technisch kein Problem mehr. Mütter können so bequem zu Hause arbeiten während der Nachwuchs nebenan schläft, Teilzeitarbeiter könnten sich den beschwerlichen Weg zum Arbeitsplatz sparen und Unternehmen könnten sich mit neuen Arbeitsplatzmodellen die Loyalität ihrer Mitarbeiter sichern. Vom Heimbüro erhofft man sich glücklichere Familien, weniger Pendlerverkehr und zufriedenere Angestellte.


Flexible Arbeitszeiten

Besonders geschätzt von Heimarbeitern wird der Vorteil, dass zu Hause keine Stempeluhr steht. Ein Morgenmensch kann in aller Frühe beginnen und ein Nachtmensch bis zur später Stunde weiterarbeiten. Diese Flexibilität verlangt andererseits viel Eigenverantwortung und Disziplin. Die meisten Heimarbeiter leisten mehr, wenn sie sich an feste Arbeitzeiten halten. Ein weiterer Pluspunkt für Telearbeit ist der wegfallende Arbeitsweg und die lästige Suche nach einem Parkplatz. Wie viel Zeit verbringen wir im Auto oder öffentlichen Verkehrsmitteln auf dem Weg ins Büro? Und wer wünschte sich nicht, diese Zeit sinnvoller nutzen zu können?





Nicht nur Positives

Aber es ist nicht alles Gold, was glänzt: Bei Heimarbeitern, die nie oder nur ganz selten die Firma aufsuchen, besteht die Gefahr der Vereinsamung. Der kleine Schwatz am Kaffeeautomat, das gemeinsame Mittagessen und der Erfahrungsaustausch mit Kollegen fehlen. Der soziale Kontakt zu den Mitarbeitern wird vernachlässigt, Gedankenaustausch findet oftmals nur noch über E-Mail statt.



Auch ist es manchmal nicht ganz einfach, zwischen schreienden Kindern, der sich drehenden Waschmaschine, den Essensvorbereitungen und der Nachbarin, die an der Türe klingelt, sich auf die Arbeit zu konzentrieren. Um effizient arbeiten zu können, ist es wichtig, dass Telearbeiter sich in einen ruhigen, abschliessbaren Raum zurückziehen können.
Aus diesen Gründen wird nicht in allen Fällen ausgiebig von Teleworking Gebrauch gemacht wird. So nutzen die "Heimarbeiter" der Firma Lexmark ihren Laptop zwar regelmässig, um von zu Hause oder von unterwegs Mails abzufragen, aber die Arbeit im Büro wird trotzdem sehr geschätzt. "Es besteht das Bedürfnis des persönlichen Erfahrungsaustauschs", meint Michel Binder, Marketingleiter Lexmark Schweiz, "trotzdem trägt dieses Arbeitsmodell viel zum Vertrauen zwischen Arbeitgeber und -nehmer bei." Bei Lexmark sind es rund 30 Prozent der Angestellten, die die Möglichkeit haben, Randstunden für Teleworking zu nutzen. Mitarbeiter, die ganze Tage daheim arbeiten möchten, brauchen die Bewilligung ihres Vorgesetzten.





Kosteneinsparung für den Arbeitgeber

Die Vorteile für den Arbeitgeber sind Kosten- und Platzeinsparungen. Arbeitsplätze können gleichzeitig von mehreren Arbeitnehmern benutzt werden, sogenanntes Desksharing. Persönliches Büromaterial und Unterlagen werden auf Trolleys oder in Schränken aufbewahrt und bei Bedarf eingesetzt.



Bei Unisys nennt man diese Art von Arbeit Home office. Hauptsächlich wird sie vom Kader und in der Verkaufsabteilung praktiziert. Die Mitarbeiter können ihre Arbeit von zu Hause aus oder im Grossraumbüro der Firma, am zugewiesenen Arbeitsplatz, erledigen. Um diese Flexibilität zu gewährleisten, stellt Unisys den Angestellten einen Laptop und einen Remote-Access zur Verfügung. So haben sie von überall Zugriff auf das Firmennetz. Rolf Jenni, Human Resource Manager bei Unisys: "Unternehmenstechnisch ist 'Home office' für uns wertvoll. Die Arbeitnehmer sind flexibler und somit auch zufriedener. Nur bei der Planung von Sitzungen wird es manchmal schwierig. 'Home office' ist ganz klar ein Zukunftstrend!"




Laut Roland Ronchi, Geschäftsleiter der Zentralstelle für Heimarbeit in Bern, gibt es in der Schweiz keine genauen Zahlen über die Anzahl der Teleworker. "Der Bedarf auf Arbeitnehmerseite ist jedoch vorhanden und die technischen Möglichkeiten sind gegeben. Es braucht aber vielerorts noch ein Umdenken in der Chefetage."



Eine weitere Firma, bei der Heimarbeit seit Jahren mit Erfolg praktiziert wird, ist IBM. Bei Big Blue werden viele Arbeitsplätze von mehr als nur einem Mitarbeiter genutzt. Desksharing bietet den Angestellten grösstmögliche Mobilität. Rund die Hälfte der 3000 Mitarbeiter in der Schweiz arbeitet per Notebook und Mobiltelefon von unterwegs oder daheim.



Als IBM vor fünf Jahren Desksharing einführte, wurde von allen Seiten bezweifelt, dass sich dieses Arbeitsmodell durchsetzen wird. Heute ist das Gegenteil bewiesen: Teleworking liegt im Trend.



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