Umwelt und ICT: 98 Prozent Potenzial

IT-Unternehmen werden in der Umweltdebatte zu immer wichtigeren Akteuren. Im Fokus stehen dabei Themen wie Energieeffizienz oder Hardware-Lebenszyklen. Das grösste Potenzial der Informations- und Kommunikationstechnologien liegt allerdings in ihrem umweltbewusstem Einsatz in den Wertschöpfungsketten von Unternehmen und bedingt klare Verhaltensänderungen

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2008/10

     

Gemäss aktuellen Expertenschätzungen liegt der Anteil der Informations- und Kommunikationstechnologien (ICT) am weltweiten CO2-Ausstoss bei 2 Prozent. Ein wichtiges Ziel ist es, ihn zu vermindern oder zumindest stabil zu halten. Gleichzeitig gilt es jedoch, das enorme Verbesserungspotenzial in den übrigen 98 Prozent zu realisieren. Denn die Emissionen der CO2-Hauptverursacher Mobilität, Gebäude (-Bau und -Betrieb), Landwirtschaft und alltäglicher Konsum können mit Hilfe von ICT deutlich reduziert werden.



Seit Jahren begleitet ICT die Gestaltung von Geschäftsprozessen – von Lieferantenbeziehungen über Produktionsprozesse bis zum Verkauf – und steigert ihren Wert erheblich. Kosten, Zeit und menschliche Arbeit werden erfolgreich optimiert. Weshalb soll durch den Einsatz von ICT nicht auch die Produktivität der eingesetzten Energie und der natürlichen Ressourcen verbessert und damit die Lebensqualität gesteigert werden?




Dieser Ansatz ist umso interessanter, als er nicht nur eine technische, sondern auch eine verhaltensbedingte Komponente umfasst. ICT berührt das Arbeitsumfeld und die Arbeitsweise jedes Einzelnen, vor allem in Bereichen wie Kommunikation, Kollaboration oder Arbeitsplatzgestaltung. Sämtliche Anspruchsgruppen einer Geschäftsbeziehung – Kunden, Partner, Mitarbeitende und Geschäftsleitung – sind involviert und damit in der Lage, eine Veränderung zum Positiven zu bewirken. Drei Beispiele zeigen, welches Potenzial in ICT und insbesondere in Softwarelösungen steckt, wenn es darum geht, die Umwelt zu entlasten.


Beispiel 1: Umweltbewusste Arbeitsweise mit Hilfe von ICT

Die Arbeitswelt verändert sich und wird durch neue Informations- und Kommunikationstechnologien massgeblich beeinflusst und gestaltet. Heutige Wissensarbeiter sind mobil, arbeiten mit individuellen Hilfsmitteln und dies oft ortsunabhängig. Sie pflegen ein breites Netzwerk, wirken in geografisch verteilten Teams und brauchen hin und wieder einen Rückzugs- und Erholungsort.



Die Flexibilität ist dank der modernen Technologien kaum begrenzt. Je stärker Menschen jedoch «ICT enabled» sind, desto mehr Verantwortung liegt auch beim Einzelnen, was den Einfluss seiner Aktivitäten auf die Umwelt betrifft. Ein grosses Potenzial zur Entlastung der Umwelt mit Hilfe von ICT findet sich in der Reduktion oder gar Vermeidung von umweltbelastenden Aktivitäten. Nicht alle Reisen und persönlichen Treffen sind zum Beispiel notwendig, wenn man sich zuvor überlegt, was eigentlich mit wem besprechen werden soll und mit welchem Ziel. Je nachdem kann eine Telefonkonferenz, eine Videokonferenz oder die Online-Zusammenarbeit zweckdienlicher sein. Der Unterschied in Sachen Umweltbelastung gemessen in CO2 ist signifikant. Er beträgt einen Bruchteil der Belastung, die ein «reales» Treffen allein durch die Anreise mit Flugzeug, Auto, Zug verursachen würde.




Letztlich kann und soll das ganze Arbeitsumfeld angepasst werden: Eine gezielte Unterstützung der wichtigsten Arbeitsszenarien mit Hilfe von ICT vermeidet nicht nur unnötige Mobilität. Auch die Verschwendung von Energie und Ressourcen wie etwa Papier lässt sich verhindern und sogar der ökologisch und ökonomisch teure Büroraum kann reduziert werden. Das Potenzial ist jedoch nur durch Verhaltensänderungen nutzbar. Denn wie so oft ist es der Mensch, der hier im Mittelpunkt steht und in die Pflicht genommen wird. Die Technologie stellt einen «Enabler» dar, den er nutzen kann.



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Beispiel 2: Überwachung und Kontrolle von umweltrelevanten Daten

Auch im Umweltbereich ist es schwierig, Werte zu verbessern oder zu vermindern, wenn sie sich nicht messen und somit nicht gezielt steuern lassen. ICT bieten hier wertvolle Instrumente für Forscher, Verwaltungen und Politiker, wenn es um die Erfassung und Visualisierung von Umweltveränderungen geht. Etwa hat Microsoft Research das so genannte SenseWeb entwickelt, das es jeder Organisation ermöglicht, Sensorendaten auf zentralen Servern zu erfassen und diese Informationen mit den Daten von Virtual Earth – dem globalen Kartendienst im Internet – zu verbinden. So benutzen Wissenschaftler aus Juno, aus Alaska und aus der Schweiz diese Applikation, um den Fluss und Verlust von Gletschereis zu verfolgen.

Weitere Anwendungen gibt es für die Überwachung von Wasserspiegeln oder Wasserverschmutzung, Luftqualität oder für jede Art der Umweltinformation rund um die Welt. Das «Swiss-Experiment» vereint zum Beispiel als interdisziplinäres Konsor­tium Spezialistenwissen aus den Bereichen Umwelt, Informatik, Informationsmanagement und Kommunikationssysteme. Es konzentriert sich auf Umweltveränderungen in den Alpen und hat zum Ziel, zuver­lässigere Vorhersagen von Lawinen, Erdrutschen und Überschwem­mungen machen zu können.


Beispiel 3: Nutzung und Nutzen von ICT im Bereich der Bautechnologie

Wenn wir etwas weiter über den Tellerrand schauen, stossen wir auf nicht ganz so offensichtliche Nutzungsmöglichkeiten für ICT. Im Energie und CO2-intensiven Bereich des Gebäudebaus und -betriebs kann Software beispielsweise helfen, den Energieverbrauch zu modellieren und den Umwelteinfluss auf zweifache Weise zu reduzieren – durch ein verbessertes Gebäudedesign bei Neubauten und durch die Betriebsoptimierung von bestehenden Gebäuden.
Bevor ein Gebäude gebaut wird, lässt sich heute mit Hilfe der Softwaremodellierung herausfinden, wie sein CO2-Profil über die nächsten 20 Jahre aussehen wird. Wenn die Gebäudenutzungsdaten, Wettermuster, Baumaterialien und Energielieferanten bekannt sind, mit denen das Gebäude betrieben werden soll, kann mit Hilfe von Software der zu erwartende Energieverbrauch eines Bauprojekts modelliert werden, bevor der erste Spatenstich getan ist oder auch bevor der Umbau startet. Im Voraus anpassen, ist hier um ein Vielfaches billiger und Umwelt schonender als im Nachhinein umzubauen.



Sobald das Gebäude erstellt ist, kann Software helfen, den Energiekonsum mit einem durchdachten Energie-Managementsystem zu minimieren. Stellen wir uns ein Szenario vor, in dem sich unsere Outlook-Informationen mit dem Managementsystem des Gebäudes verbinden lassen. Mein Kalender weiss, dass ich Montag früh im Büro bin und mehrere Sitzungen habe. Mein Telefon weiss es auch und so auch jedes andere Gerät, das mit meinem Kalender synchronisiert ist. Weshalb sollte mein Gebäude-Managementsystem dies nicht auch wissen und das Heiz- und Kühlungssystem entsprechend anpassen?


Hausaufgaben für 2 Prozent

Bei allem Potenzial und den vielfältigen Möglichkeiten, dürfen die 2 Prozent nicht vergessen werden, die der Betrieb von ICT selber verursacht. Die Hausaufgaben lauten hier, Schritt für Schritt Effizienzgewinne zu realisieren. Energieeinsparungen können durch besseres Management der IT-Infrastruktur realisiert werden, durch den Einsatz von Virtualisierungstechnologien, durch die optimale Einstellung der Server und Desktopbetriebssysteme. Auch kleine Einzelgewinne generieren durch eine sehr weite Verbreitung unglaublich grosse Gesamtgewinne. Wird zum Beispiel nur 0,1 Watt weltweit pro PC durch entsprechende Einstellungen in Windows Vista reduziert, entspricht die Einsparung der jährlichen Energienutzung von 22 800 Schweizer Haushalten.

Herausforderungen ernst nehmen

Diese Beispiele sollen nicht darüber hinwegtäuschen, dass es im Bereich ICT und Umwelt eine ganze Reihe von ernst zu nehmenden Herausforderungen gibt. Der Produktlebenszyklus von ICT-Produkten verkürzt sich und bedarf immer mehr natürlicher Ressourcen. Manche Produkte beinhalten Schadstoffe und sind schwierig zu rezyklieren. Die Nutzung von ICT verändert auch Arbeits- und Lebensstile und fördert teilweise Verhalten, das zu einem höheren Bedarf an Energie oder Treibstoffen führt. Diese Negativfolgen gilt es zu verstehen und systematisch anzugehen. Wenn wir es aber schaffen, ICT intelligent dort einzusetzen, wo sie zur Produktivität der natürlichen Ressourcen am besten beitragen kann, wird ihr positiver Einfluss auf die Umwelt überwiegen und hier einen beachtlichen Mehrwert schaffen.


Über Microsoft Schweiz

Microsoft Schweiz hat sich seit der Gründung im Jahr 1989 mit einem kontinuierlichen, kontrollierten Wachstum vom Kleinbetrieb mit drei Angestellten zu einer Firma mittlerer Grösse mit über 400 Mitarbeitenden entwickelt. Der Hauptsitz befindet sich in Wallisellen bei Zürich, mit Büros in Bern, Basel, Alpnach und Genf. Die Geschäftsleitung hat Peter Waser, General Manager von Microsoft Schweiz, inne. Die Schweizer Niederlassung ist in punkto Umsatz die zehntgrösste der weltweit 84 Microsoft-Niederlassungen. Sie nimmt in Europa einen Spitzenplatz in Bezug auf Umsatz pro PC ein – vor Dänemark und Belgien. In dieser Position spiegelt sich die pragmatische Haltung und Überzeugung vieler Schweizer Unternehmen, dass die konsequente Nutzung von IT zu Effizienzgewinn und Wettbewerbsvorteilen führt.


Die Autoren

Joanna Stefanska, Sustainability Officer, Microsoft Schweiz
Thomas Reitze, Director Public Sector, Microsoft Schweiz



Kommentare
Ich möchte Ihrem Artikel zustimmen, was Hardware Lebenszyklen betrifft. Wir sind ein mittelständiges, aufstrebendes Unternehmen und haben uns auf sogenannte refurbished Hardware spezialisiert. Einerseits aus Kostengründen, andererseits haben uns bei ausgiebiger Recherche die Umweltaspekte der CO2-Einsparung und Ressourceneffizienz absolut überzeugt. Mit einer Garantie von 10 Jahren auf unsere wiederaufbereiteten Geräte kann die Green IT Solution GmbH hierfür sogar Gewähr leisten.
Mittwoch, 8. März 2017, Sailer



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