Wege in die Informatik

Informatik steht aktuell nicht zuoberst den Berufswünschen junger Leute. Das ist schade, weil die Informatik glänzende Perspektiven bietet. Auf den folgenden Seiten zeigen wir dies auf und gehen auf die möglichen Wege in die Informatik ein.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2008/08

     

Dass der Schweizer Informatik Fachleute fehlen, weiss man inzwischen. Dass die Schweizer Informatik international ein gutes Image hat, ist schon weniger bekannt. Aber fast niemand weiss, dass viele Informatiker/-innen geniale Produkte entwickeln.


So nutzen beispielsweise alle zwanzig Top-Autokonzerne eine Schweizer Software, um die Blechumformung von Autokarosserien zu simulieren und zu steuern. Schweizer Informatiker haben dazu beigetragen, dass die Kunden unkompliziert in Online-Shops wie LeShop ihre Bestellung aufgeben können. Schweizer Informatikprodukte sind überall gegenwärtig, im sehr effizienten Swiss Banking, in der Chemie, im Verkehr, in der Produktionssteuerung, in Gebäudeüberwachungs- und Steuerungssystemen. Die Liste ist noch lange nicht zu Ende.



Viele internationale Firmen haben in den letzten Jahren einen Forschungs- oder Produktionssitz in der Schweiz eingerichtet oder werden es in Kürze tun: Google, Microsoft, Swift Europa, SAP, Yahoo, um nur einige der letzten zu nennen. Der Job der Informatikerin/des Informatikers in der Schweiz wird immer häufiger zu einem Forschungs-, Entwicklungs- und Innovationsberuf. Zur Entwicklung von neuen Produkten, Geschäftsprozessen und Produktionssteuerungsprozessen, zu welcher auch die Rechenzentrumssteuerung gehört, sei es bei einer Bank oder einem Produktionsbetrieb. Entsprechend sind gut ausgebildete Leute gefragt.


Das Informatik-Bildungskonzept soll diese für die Zukunft sichern. Das Konzept stützt sich auf das neue schweizerische Bildungsgesetz und basiert zudem auf den Erfahrungen von bis zu 125 Jahren in verschiedenen Berufen. Dazu gehören die Hochschulbildung, aber auch die duale Grundbildung mit Anschluss an die Fachhochschulen und die höhere Berufsbildung.
Jetzt braucht es das Engagement der Firmen für die Umsetzung des Konzepts und das Interesse der jungen Leute, den Weg der Informatik einzuschlagen, sich entsprechend zu bilden und auch die höhere Berufsbildung nicht zu vernachlässigen. Das System garantiert den Erwerb eines langlebigen Konzeptwissens, im Gegensatz zu den auf kurzlebige Produkte ausgerichteten Firmenlehrgängen.



Bildungskonzept: Grund- und Weiterbildung


Mit fundierter Ausbildung Karriere machen

Informatikerinnen und Informatiker sind aktiv beteiligt in der Gestaltung von Produkten und Prozessen oder in der Installation und Wartung von Systemen. Dazu braucht es gut ausgebildete, innovative, teamfähige Leute mit der notwendigen Begeisterung für die faszinierenden Möglichkeiten der Informatik sowie hohen Sozialkompetenzen, Geschäftsinteresse und Kundenverständnis.


Wer erfolgreich sein will, muss in Bildung investieren. Dass die Informatik immer komplexer wird und die Anforderungen rasch steigen, ist nicht zu bestreiten. Entsprechend steigen die Anforderungen an die Skills laufend. Weiterbildung ist also eine Investition in den Erfolg von morgen. Das gilt für die Unternehmungen, damit sie morgen Fachleute in der dann nötigen Qualität haben, wie für die Betroffenen selbst, damit sie marktfähig bleiben. Aber wer Karriere machen möchte, dem wird mehr als das Minimum verlangt.


Der Weg zum erfolgreichen Informatik-Profi

Es gibt verschiedene Wege in die Informatik, sowohl in Grund- und Weiterbildung wie im Hochschulstudium. Für einen nachhaltigen Erfolg ist eine gute Basis die Grundvoraussetzung. Hier die wichtigsten Wege in die Informatik.



Grundbildung:

- 4-jährige Lehre in einem Betrieb. Abschluss mit eidg. Fähigkeitszeugnis Informatikerin, Informatiker mit oder ohne Berufsmatur

- oder 2-jährige Zweitausbildung (schulische und praktische Ausbildung) für Berufsumsteiger und Absolventen einer Matura

- oder 4-jährige Informatikmittelschule (3 Jahre Schule, 1 Jahr Praktikum in einem Betrieb) oder ähnliche Modelle in Privatschulen



Hochschulbildung:

- Gymnasium 4 (6) Jahre, Abschluss mit Matura, anschliessend Informatik-Studium an ETH oder Universität, Abschluss mit Masterdiplom

oder

- nach Berufslehre und Berufsmatura Fachhochschulstudium: Bachelor in 3 Jahren Vollzeitstudium oder in 4 bis 4½ -jährigem Teilzeitstudium (3 Tage Betrieb, 2 Tage Schule pro Woche). Anschliessendes Studium mit Masterabschluss möglich



Höhere Berufsbildung:

- Höhere Fachschule und eidg. anerkanntem Abschluss

- oder Berufsprüfung mit eidg. Fachausweis

- gefolgt von der höheren Fachprüfung mit eidg. Diplom


Bewährte duale Berufsbildung auch in der Informatik

Die duale Berufsbildung setzt auf die drei Lernorte Berufsfachschule, überbetriebliche Kurse und Bildung in beruflicher Praxis im Learning by Doing im Lehrbetrieb. Im produktiven Einsatz in den Betrieben machen die Lernenden Erfahrungen mit konkreten Aufträgen und aktueller Technologie. Lehrbetriebe investieren in die Ausbildung, haben aber auch einen Nutzen aus der produktiven Arbeit der jungen Leute. Betriebe, die auf Grund ihres Geschäftsmodells eventuell nicht die ganze Breite der Ausbildung abdecken können, bieten eine Ausbildung im Lehrverbund mit anderen Partnern an.



Berufslehre oder Informatikmittelschule als notwendige Basis



Eine solide Grundbildung bildet das Fundament für Arbeitsmarktfähigkeit und Weiterbildung sowohl für einsteigende Jugendliche, wie für umsteigende Berufsleute. In der Berufsfachschule oder Informatikmittelschule wird das Konzeptwissen erworben. Handlungsorientierter Modulunterricht führt zu den nötigen Kompetenzen. In der Praxis des Lehr- oder Praktikumsbetriebs werden die notwendigen Fertigkeiten, Methoden und Kompetenzen eingeübt und vertieft. Im Laufe der Grundbildung werden die künftigen Ingenieure gezielt auf die hohen Anforderungen des Berufes vorbereitet. Die Berufsmaturitätsschule während der Grundausbildung schafft die Voraussetzungen für den späteren Eintritt in eine Fachhochschule. Der Abschluss mit eidg. Fähigkeitszeugnis belegt die Qualifikation als Fachperson.


Die Berufslehre dauert vier Jahre mit zwei Tagen Schule und drei Tagen Betrieb pro Woche, unterrichtet werden 1200 bis 1400 Lektionen Informatik. Die Informatikmittelschule (IMS) lehrt Informatik in Vollzeit (drei Jahre) sowie ein Jahr Praktikum als Applikationsentwickler/-in. Für Berufsumsteiger gibt es je nach Vorbildung verschiedene Wege zum eidg. Fähigkeitszeugnis: einen zweijährigen Umsteiger-Lehrgang (zwei Jahre) für Erwachsene aus diversen Berufen oder einen verkürzten Lehrgang (zwei Jahre) für Maturanden, auch als Lehre angeboten. Das Anerkennungsverfahren für die Gleichwertigkeit der Bildung für erfahrene Informatiker/innen ohne Abschluss setzt mindestens fünf Jahre Berufspraxis in der Informatik, das Mindestalter 25 Jahre und Kompetenzen auf Niveau Lehrabschluss voraus.


Höhere Berufsbildung

Bedürfnisgerechte Berufsprüfungen (Fachausweis)

Die höhere Berufsbildung baut auf dem gleichen Modulkonzept auf wie die Grundbildung. Ziel der Ausbildung ist eine höhere Kompetenz für die Arbeit in umfassenden Projekten. Im Vordergrund stehen Konzeptarbeit und Projektmanagement. Die Berufsprüfung (eidg. Fachausweis) ist in zwei Richtungen möglich: Development und Services. Zulassungsvoraussetzung zu Abschlussprüfungen sind neben zwei erfolgreich bestandenen Modulabschlüssen je nach Vorbildung zwischen zwei bis sechs Praxisjahre.




Höhere Fachprüfung: Informatikerin/Informatiker mit
eidgenössischem Diplom

Die höchste Stufe des dualen Systems wird mit dem eidg. Diplom erreicht. Die höhere Fachprüfung attestiert vor allem Kompetenzen im IT-Management. Das eidg. Diplom kann in 2 Richtungen abgeschlossen werden: Business Solutions oder Service & Technology Solutions. Die Abschlussprüfung wird in der Regel 1 - 2 Jahre nach der Berufsprüfung gemacht oder auf direktem Weg, sofern die Zulassungsbedingungen (z.Bsp. Abschluss einer höheren Fachschule, einer Fachhochschule oder einer Hochschule plus mindestens 2 Jahre Berufspraxis in der Informatik, plus 2 Modulabschlüsse) erfüllt sind.



Studium an höheren Fachschulen

Das Studium an einer höheren Fachschule umfasst neben Informatik und Projektleitungsunterricht auch Betriebswirtschaft und andere Fächer. Es bestehen Angebote staatlicher Schulen und Privatschulen für technische Informatik oder Wirtschaftsinformatik. Dauer: drei Jahre, 1600 Lektionen.


Das Hochschul-Informatikstudium

Fachhochschule

Absolventen der Grundbildung mit Berufsmaturität können prüfungsfrei ein Studium an einer Fachhochschule aufnehmen und nach drei Jahren Vollzeitstudium mit dem Bachelor-Diplom abschliessen. Solche Informatikingenieure sind in der Wirtschaft gesucht! Nach dem Bachelor-Abschluss ist ein Anschlussstudium mit Masterdiplom möglich. Das Studium wird in einer technischen Richtung oder in Wirtschaftsinformatik angeboten. Dauer: drei Jahre, ca. 3900 Lektionen. Berufsbegleitend: vier bis viereinhalb Jahre (Bachelor), je nach Studienform.




Studium an ETH oder Universität

Wer gerne und gut theoretisch lernt, beginnt seinen Berufsweg mit dem Gymnasium und öffnet mit der Maturität den Zugang zu den universitären Hochschulen. Das Studium dauert vier Jahre, an der ETH mit eher technischem Profil, an einer Universität als Wirtschaftsinformatiker. Das Studium führt zum Bachelor-Diplom und in einer zweiten Stufe zum Master.


Der Autor

Afred Breu, Präsident der ZLI – Zürcher Lehrmeister-
vereinigung Informatik




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