Frauen an die Macht

Laut einer Studie sind Frauen die besseren Manager. Leider sind sie in den Schweizer Chefetagen noch immer in der Minderzahl.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2003/03

     

Männer, soweit das Auge reicht! Zwar wird überall von gleichberechtigten, modernen Arbeitsbedingungen gesprochen, doch letztlich herrschen noch immer Männer in den Teppichetagen, und die Branchentreffs werden vom Grau beziehungsweise Schwarz der Anzüge dominiert.



Weiblicher Charme dagegen ist Mangelware. Europaweit sind nur etwa drei Prozent des oberen Managements weiblich; in der Schweiz liegt gemäss Handelsregister der Anteil der unterschriftsberechtigten Frauen bei fünf Prozent. Dabei sind Frauen dem Durchschnitt ihrer männlichen Kollegen überlegen.


Managerinnen sind effektiver

Frauen sind die besseren Chefs. Das ist das Ergebnis einer britischen Studie, für die 3500 Manager befragt wurden. Dieser Untersuchung zufolge schnitten weibliche Führungskräfte in allen Kategorien deutlich besser ab. "Was wirklich heftig ist: Sogar Männer glauben, dass weibliche Chefs besser sind", erklärt Prof. Beverley Alimo-Metcalfe von der Universität Leeds, die Autorin der Studie. Die Männer seien sogar noch begeisterter von weiblichen Vorgesetzten als Frauen.



Am besten schneiden Chefinnen ab, wenn es darum geht, Mitarbeiter zu motivieren, zu inspirieren und Probleme zu lösen. Aber auch in punkto Entscheidungskraft hängen sie ihre männlichen Konkurrenten ab. "Besorgniserregend ist nur, dass die Begeisterung für Frauen gerade auf der höchsten Ebene abzuflachen scheint. Das könnte dadurch erklärt werden, dass es auf diesem Niveau noch zu wenig Frauen gibt, um überhaupt richtig aufzufallen", sagte die Forscherin.




Auch ältere Untersuchungen belegen eindeutig, dass Frauen bei Leistungsbewertungen meist besser wegkommen als ihre männlichen Kollegen. In einer Studie der Hagberg Consulting Group, in der 425 Topmanager bewertet wurden, erhielten Frauen in 42 von 52 gemessenen Fähigkeiten die besseren Noten. Managerinnen sind demgemäss effektiver, qualitätsbewusster und reagieren sensibler auf Trends. Sie würden durchdachtere Entscheidungen treffen und seien eher an einer erfolgreichen Zusammenarbeit interessiert als an ihrer persönlichen Profilierung.




Problemkreis Stutenbissigkeit

Erstaunlicherweise wollen 35 Prozent der Männer, jedoch 50 Prozent der Frauen lieber unter einem männlichen Chef arbeiten. Männliche Führungskräfte sind beliebter, ist das Ergebnis einer Umfrage. Einige weibliche Angestellte würden sogar lieber kündigen, als die Weisungen einer Chefin zu befolgen.



Diese Ansicht kommt nicht von ungefähr. Frauen kommen mit Frauen meist nur solange gut aus, wie sie Gleiche unter Gleichen sind. Dann unterstützen sie einander, tauschen ihre Dienste bei Bedarf und geniessen den kollegialen Klatsch und Tratsch. Sobald es aber um professionellen Aufstieg geht oder eben um das Verhältnis zu einer Vorgesetzten, kommt die Rivalität ins Spiel, die sogenannte Stutenbissigkeit. Während Männer regelrecht aufblühen, wenn sie miteinander in Wettbewerb treten, verwandeln sich Frauen schnell in Feindinnen. Mobbing und Stutenbissigkeit sind die Folgen.





Auf Kinder verzichten

Einer der Hauptgründe für das Frauendefizit in der Kaderebene ist mit Sicherheit die entscheidende Frage: Kind oder Karriere? Spätestens mit 30 Jahren wächst der Wunsch nach Kindern, bei Männern und Frauen gleichermassen. Frauen, die Kinder grossziehen möchten, müssen aber meist auf eine Führungsposition verzichten. Zwar gibt es mittlerweile in vielen Betrieben familienfreundliche Teilzeitangebote - doch die gelten nur für die "normalen" Angestellten. Weibliche Führungskräfte dagegen müssen oft eine Entweder-oder-Entscheidung treffen.




Wer sich fürs Kinderkriegen entscheidet, hat also oft keine andere Wahl, als in die traditionelle Rolle der aufopfernden Hausfrau und Mutter zurückzufallen. Und sind die Kleinen erst aus dem Gröbsten raus, kann sich Frau glücklich schätzen, wenn sie überhaupt nochmals die Chance bekommt, ins Berufsleben zurückzukehren.


Kurzinterview: Männer werden noch immer bevorzugt

Susanne Schroff, Geschäftsführerin, Rotronic



Susanne Schroff ist eine der wenigen weiblichen Chefs in der Schweiz. InfoWeek wollte von der Geschäftsfrau wissen, warum Frauen im Kader noch immer Mangelware sind.



Warum gibt es so wenig weibliche Führungskräfte?

Wenn es um Kaderpositionen geht, werden häufig immer noch Männer gegenüber Frauen bevorzugt. Gerade bei jüngeren Frauen haben viele Vorgesetzte die Befürchtung, sie werden bald Kinder bekommen und aus dem Berufsleben ausscheiden. Dabei gibt es immer mehr Frauen, gerade in Managerpositionen, die, obwohl sie Mutter werden, anschliessend gleich wieder ins Berufsleben einsteigen.



Welche Eigenschaften braucht eine Frau, um erfolgreich zu sein?

Es liegt eher in der männlichen Natur, die eigenen Vorzüge in den Vordergrund zu stellen. Gerade bei Meetings mit mehreren Menschen trauen Frauen sich oft nicht, ihre Ideen zu äussern. Das müssen wir Frauen lernen.



Was empfehlen Sie Frauen, die Karriere machen wollen?

Grundsätzlich dasselbe wie Männern: professionelles Arbeiten. Hinzu kommt das schon oben erwähnte: Frauen müssen sich trauen, ihre Ideen vorzutragen und ihre Leistungen nicht unter den Scheffel zu stellen. Ausserdem sollten Frauen ihre Weiblichkeit nicht verneinen. Typisch weibliche Eigenschaften wie Intuition und Einfühlungsvermögen kommen uns gerade in Führungspositionen zugute.


Kurzinterview: Motivierte Frauen sind gefragt

Roland Köcher, Senior Consultant, Goldwyn Partners Group



Eine Studie besagt, dass Frauen die besseren Manager sind. InfoWeek wollte von Headhunter Roland Köcher wissen, warum das so ist.



Warum gibt es so wenig weibliche Führungskräfte?

Nebst strukturellen und gesellschaftlichen Hindernissen fehlt es bei fähigen Frauen oft an der Bereitschaft beziehungsweise am persönlichen Zutrauen für umfassendere Führungsaufgaben. Frauen wägen einen Karriereschritt zwischen verschiedenen Interessen tendenziell umsichtiger ab. Aus anthropologischer Sicht besteht bei Frauen ein geringeres Bedürfnis an der Erstrebung hierarchischer, absoluter Machtpositionen, sondern mehr der Trieb am Aufbau und der subtilen Steuerung von Netzwerken und Kooperationen sowie einer gemeinsameren Konfliktbewältigung. Das ist ein Umstand, der in einer vernetzteren Welt mit flacheren Hierarchien und der Notwendigkeit zu multiplen Kooperationen vermehrt gefragt ist.



Welche Eigenschaften braucht eine Frau, um erfolgreich zu sein?

Primär die gleichen wie ein Mann: Engagement, Disziplin, Begeisterung, Integrität, Lösungsorientierung, Kommunikationstalent und Kooperationsbereitschaft. Aber sicherlich auch eine gehörige Portion Frustrationstoleranz und Fingerspitzengefühl, um sich in einem teils noch mit Vorurteilen und Ablehnung behafteten Umfeld zu bewegen.



Was empfehlen Sie Frauen, die Karriere machen wollen?

Sie sollten auf ihre Stärken vertrauen und diese weiter ausbauen. Ganz wichtig: Sie müssen Frau bleiben - gerade diese Eigenschaft kann Frauen wertvoll für moderne Führungsaufgaben machen. Dabei sollten Frauen aber nicht zum vermännlichten Terminator mutieren; eine solche Wandlung würde auf Dauer weder von Kunden noch von Kollegen und Mitarbeitern geschätzt, und von der Gesundheit schon gar nicht.



Bevorzugen Sie einen weiblichen oder männlichen Chef?

Das hängt letztlich von der Qualifikation und den spezifischen Charaktereigenschaften der jeweiligen Person ab. Eine rein geschlechtsspezifische Wahl wäre Nonsens. Ich hatte einige sehr gute und modern eingestellte Chefs mit Persönlichkeit, dennoch wäre eine kompetente Frau als Chefin auch interessant. Ich arbeite kundenseitig mit diversen Frauen in Führungspositionen zusammen und habe sehr gute Erfahrungen punkto Professionalität und emotionaler Natürlichkeit gemacht.



Lassen sich Kaderfrauen gut vermitteln?

Als Recruiter konnte ich eine interessante Anzahl kompetenter Frauen in anspruchsvolle Vertriebs- und Führungsfunktionen innerhalb der IT-Branche begleiten. Einige von ihnen konnten mittlerweile auch weitere Funktionsbereiche zum Teil auch auf Euro-Level übernehmen. Unsere Erfahrung: Fähige und motivierte Frauen sind zunehmend gefragt.



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