Wege aus dem Postfach-Chaos
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2008/01
E-Mails sind heutzutage aus Unternehmen nicht mehr wegzudenken. Die Vorteile des digitalen Geschäftsbriefs sind dabei unbestritten. Die elektronische Mail hat jedoch auch ihre Schattenseiten: Überlaufende Postfächer und damit ein zunehmend fehlender Überblick über die tatsächlich relevanten Informationen sind die Folgen. Gefährlich kann das insbesondere dann werden, wenn sich ein Grossteil des vorhandenen Unternehmenswissens ausschliesslich im E-Mail-System befindet, wie das in vielen Organisationen der Fall ist. Aktuellen Studien zufolge werden von den zahlreichen eingehenden Geschäftsnachrichten derzeit nur etwa 14 Prozent archiviert.
Doch der Druck auf die Unternehmen wächst – nicht zuletzt aufgrund der aktuellen Gesetzeslage. So sind Firmen nach dem Obligationenrecht (OR) von 2002 gesetzlich dazu verpflichtet, elektronische Daten wie E-Mails für zehn Jahre revisionssicher aufzubewahren. Die Geschäftsbücherverordnung (GeBüV) regelt dabei die Grundsätze für die ordnungsgemässe Aufbewahrung und welche Informationsträger hierfür zulässig sind. Hinzu kommt der steigende Verlust an Informationen, der die Unternehmen dazu treibt, sich nach einer passenden Lösung umzusehen. Denn durch die zunehmende Anzahl an E-Mails lassen sich wichtige Nachrichten kaum mehr von den unwichtigen unterscheiden. Gefragt ist hier eine passende Strategie, um die Masse an elektronischen Nachrichten zu bewältigen und gleichzeitig den zunehmend strengen gesetzlichen Anforderungen zur Mail-Archivierung nachzukommen.
Im Gegensatz zur Verwaltung eingehender Dokumente gestaltet sich das Management von E-Mails sehr viel komplexer. Das kommt zum einen von der schieren Menge der täglich eingehenden E-Mails. Zum anderen sind E-Mail-Nachrichten in der Regel sehr viel facettenreicher: Spam ist von Nicht-Spam zu unterscheiden, Viren-Mails von harmlosen Nachrichten, interne Mails von externen. Obwohl E-Mail-Management-Lösungen den manuellen Aufwand erheblich minimieren, können sie daher das kritische Auge des Anwenders niemals vollständig ersetzen. Dennoch gibt es Möglichkeiten, bestimmte Abläufe zu automatisieren und damit den Benutzer zu entlasten.
Derzeit lassen sich zwei Ansätze zur E-Mail-Archivierung unterscheiden: Die automatische, Server-basierte, und die manuelle, Client-basierte, Methode. Beim Server-basierten Ansatz verarbeitet ein Proxy-Server sämtliche ein- und ausgehenden E-Mails und sendet sie entsprechend an die nächste Komponente weiter. Dabei arbeitet der Proxy-Server entweder vor oder hinter dem Mail-Server. Befindet er sich dahinter, lassen sich alle eingehenden E-Mails vor der Archivierung auf Viren und Spam überprüfen und gegebenenfalls ausfiltern.
Die Archivierung von E-Mails ist ein erster Schritt, um der Flut an Informationen Herr zu werden, und hilft, den gesetzlichen Anforderungen nachzukommen. Es gibt jedoch auch Möglichkeiten, elektronische Nachrichten ähnlich wie Dokumente zu verwalten. Dabei lassen sich die E-Mails automatisch sortieren und in den entsprechenden Ordnern ablegen.
Je nach Definition richtet sich die Zuweisung der Nachrichten nach Absender- oder Empfängeradresse, bestimmten Begriffen in der Betreffzeile oder in der Anhangdatei. Darüber hinaus erkennt die Software die Kopfdaten der E-Mail (Header) sowie den Inhalt (Body) der Nachricht. So lässt sich eine E-Mail, die in der Betreffzeile den Begriff «Rechnung» enthält, regelgesteuert dem Rechnungsordner im Dokumenten-Management-System zuweisen. Oder alle Nachrichten eines bestimmten Kunden werden automatisch im jeweiligen Kundenordner abgelegt.
Auch Kombinationen sind möglich, bei denen sowohl Absender als auch bestimmte Begriffe in der Betreffzeile berücksichtigt werden. E-Mails, die sich beispielsweise aufgrund einer unbekannten Absenderadresse nicht zuordnen lassen, werden in einem speziellen Verzeichnis gesammelt. Der Anwender kann darauf zugreifen und die Nachrichten manuell sortieren. Denkbar ist zudem, Anhänge separat von der eigentlichen Nachricht zu verwalten und zu archivieren. Um gesetzeskonform zu bleiben, ist jedoch das archivierte Original gleichzeitig ebenfalls aufzubewahren.
Beim Client-basierten Ansatz bestimmt der Anwender selbst, welche Nachricht er wann und wie archivieren möchte. Einige Lösungen bieten beispielsweise spezielle Plug-ins mit zusätzlichen Schaltflächen für E-Mail-Programme an. Der Anwender wählt dabei zunächst die zu archivierende Nachricht aus und klickt dann auf die Schaltfläche. Das hat den Vorteil, dass sich die E-Mails flexibel archivieren lassen – birgt jedoch auch die Gefahr, dass wichtige Nachrichten versehentlich gelöscht werden. Darüber hinaus haben Plug-ins den Nachteil, dass sie immer nur mit bestimmten Mail-Clients funktionieren und daher nicht in jedem Unternehmen eingesetzt werden können. Gerade bei weniger gängigen Mail-Clients kommt es bei Plug-ins häufig zu Inkompatibilitäten.
Mittlerweile gibt es eine Reihe von Möglichkeiten, um die tägliche Flut an E-Mails in den Griff zu bekommen. Welcher Ansatz der Richtige ist, hängt von den individuellen Gegebenheiten ab. In den meisten Fällen empfiehlt es sich, beide Ansätze – sowohl die manuelle Client- als auch die Server-basierte Archivierung – ins Auge zu fassen und gegebenenfalls zu kombinieren.
Für die Archivierung von E-Mails gibt es verschiedene Möglichkeiten, die jeweils eigene Vor- und Nachteile bieten.
Automatische Server-basierte Methode
Sämtliche ein- und ausgehenden E-Mails werden von einem Proxy-Server verarbeitet. Der Proxy-Server fängt die Nachrichten auf und leitet sie an die nächste Komponente weiter. Befindet er sich hinter dem Mail-Server, lassen sich alle eingehenden E-Mails vor der Archivierung auf Viren und Spam überprüfen und gegebenenfalls ausfiltern. Befindet er sich davor, werden alle E-Mails archiviert.
Manueller Client-basierter Ansatz
Der Anwender leitet die zu archivierenden E-Mails an eine bestimmte Mail-Adresse weiter. Die darin abgelegten E-Mails werden durch den sogenannten SmartPOP E-Mail-Client automatisch archiviert (vgl. Grafik links).
Timo Bast ist Projektleiter bei ArcFlow (www.arcflow.de)