Geschäftsmässig unterwegs

Welches ist das beste Businessphone? Das Sony Ericsson P1i tritt gegen das Swisscom XPA 1615 und den Nokia Communicator E90 an.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2007/21

     

Flexibilität und Mobilität lauten zwei grosse Schlagwörter unserer Zeit. Wer geht heute noch ohne Handy aus dem Haus? Niemand. Immer häufiger werden unterwegs auch geschäftliche Dinge erledigt. Mit einem «Businessphone», quasi einer Kombination aus Handy und PDA, ist man nicht nur überall erreichbar, man kann auch Mails abrufen (samt Anhängen), Dokumente erstellen, PDFs lesen, über WLAN surfen, Memos aufnehmen, Photos knipsen, Termine vereinbaren und vieles mehr.



Die Swisscom hat soeben ihr Portfolio an solchen Business-Alleskönnern um drei Geräte (Nokia Communicator E90, Sony Ericsson P1i und Swisscom XPA 1615) erweitert, wobei der Telekom-Riese die Smartphones nicht einfach weiterverkauft, sondern mit einem Paket an Software anreichert, das sich bei Inbetriebnahme des Handys automatisch installiert. Dazu gehören unter anderem ein Übersetzungsprogramm (SlovoEd), der SBB-Fahrplan, diverse Modell-spezifische Office-Anwendungen (Textverarbeitung und Tabellenkalkulation), PDF-Viewer, Voice-Dienste und einiges mehr. Wir haben uns diese Telefone einmal genauer angeschaut.


Sony Ericsson P1i

Das kompakteste, leichteste und gleichzeitig auch günstigste Gerät dieses Vergleichstests stammt aus dem Hause Sony Ericsson. Das durchs Band solid verarbeitete P1i kommt zwar wie die beiden Konkurrenten mit einer QWERTZ-Tastatur, verfolgt dabei jedoch einen etwas anderen Ansatz (den man entweder liebt oder auch nicht). Anstatt dass jede Taste mit einem Buchstaben besetzt ist, teilen sich auf dem P1i zwei Buchstaben eine Art Kipptaste. Drückt man beispielsweise die «A/S»-Taste auf der rechten Seite, wird ein «A» getippt, drückt man sie auf der linken Seite, erscheint ein «S».



Das ist zum einen etwas gewöhnungsbedürftig, zum anderen geht’s halt schon recht eng zu auf der Tastatur. Ein Beispiel: Will man etwa ein Ausrufezeichen tippen, muss man zum einen die «ALT»-Taste und gleichzeitig die unmittelbar darüber liegende Taste (genau genommen nur die linke Hälfte der Taste, die rechte Hälfte hat ja eine andere Funktion) drücken, was für Knoten in den Fingern sorgt. Wenn das Gerät auf der Tischplatte liegt und man mit den Zeigefingern tippen kann, dann geht das Schreiben trotz der engen Tastatur unter anderem dank dem angenehmen Druckpunkt erstaunlich flott. Hält man das Smartphone jedoch in den Händen und schreibt mit den Daumen, wird’s teilweise ziemlich mühsam. Alternativ steht immerhin noch die Handschrifterkennung zur Verfügung, welche komfortabel von der Hand geht und beispielsweise diejenige des XPA 1615 schlägt.




Navigiert wird über den Touchscreen und den Stylus, ausserdem besitzt das P1i einen seitlichen Jog-Dial, der zwar einen etwas harten Druckpunkt besitzt, aber im Zusammenspiel mit dem darunter plazierten «Zurück»-Button das einhändige Navigieren erlaubt. Vermisst wird jedoch ein 5-Weg-Navigations-Steuerkreuz, wie man es sich von den meisten Handys gewohnt ist. So bleibt einem nichts anderes übrig, als sich entweder mit dem Jog-Dial – was nicht jedermanns Sache ist – anzufreunden oder aber dauernd den Stylus zur Hand zu nehmen (oder schnell mit dem Finger ins Display zu greifen).
Während das Navigieren in den verschiedenen Menüs weitgehend flott von der Hand geht, wird das P1i beim Aufrufen der eigentlichen Applikationen etwas gar träge. Das XDA 1615 beispielsweise reagiert hier – trotz dem als langsam verschrieenen Windows-OS – deutlich schneller. Bei den entscheidenden Office-Applikationen, sprich Textverarbeitung,



Tabellenkalkulation und Präsentation, steht das P1i dem XDA mit Windows ebenfalls nach. Die Möglichkeiten von Pocket Word, Pocket Excel und Pocket PowerPoint gehen deutlich weiter als die der auf dem Sony-Ericsson-Gerät installierten Quickoffice. Die neuen Office-2007-Files (z.B. docx) können nicht angezeigt werden. Auch gewisse PowerPoint-Präsentationen machten beim Test Probleme und liessen sich nicht anzeigen, und die Bedienung über die ganze Applikation hinweg gesehen ist ziemlich gewöhnungsbedürftig – um nicht zu sagen dürftig. Löblich hingegen ist die Unterstützung von Push-E-Mail. Und auch im Multimedia-Bereich ist das P1i stark, mit MP3-Player, TrackID, UKW-Radio, MusicDJ etc. Zu erwähnen ist zu guter Letzt der Visitenkarten-Scanner. Dieser erlaubt es, ein Foto einer Visitenkarte zu machen, worauf die Applikation die Daten automatisch und erstaunlich zuverlässig unter den Kontakten ablegt und dabei Felder wie Vor- und Nachname, Telefonnummer oder Website und Mail­adresse aufgrund der gescannten Visitenkarte automatisch ausfüllt.


Swisscom XPA 1615

Das Swisscom XPA 1615, ein Handy aus dem Hause HTC, operiert als einziges der drei getesteten Businessphones mit dem Windows Mobile Betriebssystem. Das ist insofern hilfreich, weil man sich als Windows-User nach dem Start ohne grosse Probleme durch die Menus navigiert. Bedient wird das XPA 1615 entweder per Touchscreen mit einem Stift oder mittels 5-Weg-Navigations-Steuerkreuz und zusätzlichen Buttons. Während die Verarbeitung des Handys durchaus gelungen ist und einen stabilen Eindruck hinterlässt, überzeugen das Steuerkreuz und der seitlich angebracht Jog-Dial nicht. Sie fühlen sich recht klapprig und «verwundbar» an. Im Test ist es aufgrund der mangelnden Verabeitung ab und zu vorgekommen, dass man sich deshalb verklickt hat. Die Bedienung funktioniert ansonsten recht flüssig. Interessant ist die Funktion, dass ein Kontextmenü auch durch ein längeres Drücken mit dem Stift aufgerufen werden kann. So wird Copy&Paste, beispielsweise bei Kalendereinträgen, zum Kinderspiel.



Slidet man das Display des XPA 1615 nach links, entdeckt man darunter eine komplette QWERTZ-Tastatur. Bereits beim Herausschieben wechselt das Display automatisch seine Ausrichtung vom Hoch- ins Querformat. Im Gegensatz zum P1i findet man auf dieser Tastatur ein bisschen mehr Platz für seine Finger, jedoch nicht ganz so viel wie beim E90 von Nokia. Jeder Buchstabe hat aber eine eigene Taste, die mit maximal zwei Funktionen belegt ist. Durch eine «Shift»- und «Function»-Taste gelangt man zum gewünschten Zeichen. Auch diese Art der Texteingabe ist am Anfang gewöhnungsbedürftig, doch bereits nach kurzer Zeit liessen sich im Test Texte relativ schnell verfassen. Wem die «Hardware-Tastatur» zu umständlich ist, der kann sich auf dem Display wie beim P1i eine einblenden lassen und mit dem Stift tippen oder auf die Handschrifterkennung zurückgreifen. Im Test stellte sich jedoch heraus, dass mit der eingeblendeten Tastatur insbesondere unterwegs, zum Beispiel im Tram, das Treffen der richtigen Buchstaben eine Kunst sein kann.




Das XPA 1615 verfügt vorinstalliert über Office Mobile mit Word, Excel und PowerPoint, zu dem man bequem über das Startmenu gelangt. Wie sich im Test herausstellte, funktionieren diese Anwendungen tadellos und laufen auch flüssig. Natürlich bieten sie längst nicht alle Features, die man vom Desktop her kennt. Unter anderem verfügt Word für unterwegs nur über drei verschiedene Schriftarten. Mit an Bord ist dafür aber eine Rechtschreibeprüfung, zudem werden die neuen Office-2007-Dateiformate wie .docx unterstützt. Auch PDFs lassen sich, mit dem Adobe Reader, ohne Weiteres betrachten.
Verzichtet werden muss auch beim XPA 1615 nicht auf eine Push-E-Mail-Funktion (integriert in Windows Mobile 6). Im Multime-diabereich kommt der Media Player 10 Mobile zum Einsatz, mit dem sich Musik und Videos abspielen lassen. Das Businessphone beinhaltet wie seine beiden Konkurrenten eine 3-Megapixel-Kamera, allerdings ohne Visitenkarten-Scan-Funktion wie beim P1i oder Barcode-Scnanner wie beim E90. Dafür findet man unter den vielen Anwendungen, die einen ob ihrer Anzahl schon einmal verwirren können, noch den Windows Messenger, den TomTom- Navigator 6 und eine Security-Lösung von F-Secure.


Nokia Communicator E90

Nokia war mit seinem Communicator 9000 noch vor der Jahrtausendwende Pionier im Bereich der Smartphones. Das E90 ist nun die fünfte Generation der Communicator-Plattform, und am Prinzip hat sich wenig geändert. Noch immer besitzt das Gerät ein Aussen- und ein Innendisplay, ist aufklappbar und verbirgt im Innern eine komplette QWERTZ-Tastatur. Und auch wenn das E90 kleiner und kompakter ist als seine Vorgänger, ist es das grösste Gerät in diesem Vergleichstet – ein «Knochen», wie man früher gesagt hätte.



Das Nokia-Gerät unterscheidet sich in einem Punkt wesentlich von seinen Konkurrenten: Es besitzt nämlich keinen Touchscreen. So erwischt man sich nach dem Test von zwei Touchscreen-Handys immer wieder fingernd auf dem Nokia-Display, wobei man sich fragt, warum eigentlich auf ein berührungsempfindliches Display – schliesslich eine angenehme Form des Navigierens – verzichtet wurde. Jedoch muss man anmerken, dass die Navigation auch ohne Touchscreen komfortabel ist. Dabei helfen zum einen eine Menü-Taste, mit der man immer wieder ins Hauptmenü kommt, zum anderen mehrere Quickstart- oder Reiter-Tasten oben an der QWERTZ-Tastatur, welche Direktzugriff auf die wichtigsten Funktionen (Arbeitsplatz, Kontakte, Mitteilungen, Internet etc.) bieten. Ebenfalls löblich zu erwähnen ist die Geschwindigkeit, mit der man navigieren kann und mit der auch Programme gestartet werden.




Trotz der (mehr oder weniger) gleichen Plattform wie beim Sony Ericsson geht die Arbeit mit dem E90 deutlich flotter von der Hand. Auch der Umgang mit QuickOffice ist angenehmer als mit dem P1i, jedoch nach wie vor nicht so komfortabel wie mit Office beim Windows-basierten XPA 1615. Wie das P1i ist auch der Communicator überdies nicht in der Lage, Office-2007-Dokumente anzuzeigen. Die Softwareausstattung ist üppiger als beim Sony-Ericsson-Konkurrenten und vergleichbar mit dem XPA 1615. Auffallend dabei ist etwa ein Barcode-Leser, um aus Codes Informationen wie Internet-Adressen oder Telefonnummern auszu-lesen, ein Zip-Programm oder ein Flash-Player. Ebenfalls geboten wird zudem eine Navi-Funktion.



Zur Verarbeitung: Hier findet sich gewohnt hohe Nokia-Qualität – nichts wackelt, nichts lottert. Zwei Schwachpunkte haben wir trotzdem gefunden. Wird das Gerät zum Schreiben geöffnet auf die Tastatur gelegt und will man das Display rund 45 Grad abwinkeln, findet sich weit und breit kein Einrastpunkt. Was passiert? Durch die Vibration beim Schreiben klappt das Display irgendwann flach auf die Tischplatte. Der zweite Schwachpunkt liegt in der QWERTZ-Tastatur. Deren Tasten fehlt ein klarer Druckpunkt, zudem muss man relativ kräftig drücken.



Dies ist etwas unverständlich, denn bei den Tasten an der Aussenseite ist der Druckpunkt optimal, innen konnte man das aber nicht umsetzen. Hat man sich an diesen Umstand gewöhnt, geht das Schreiben mit dem E90 aber überaus flott von der Hand. Die Tastatur ist – dank der Grösse des Geräts – halt auch am grosszügigsten. Überdies findet sich eine Taste, um die Tastaturbeleuchtung ein- und auszuschalten – der Akku wird’s danken. Die Qualität der Displays ist lobenswert, und dank der Breite des Innendisplays von 800 Pixeln lassen sich etwa Webseiten in voller Breite anzeigen. So macht Handy-Surfen Spass. Zuletzt noch ein Negativ-Punkt: Mit 1499 Franken kostet der Communicator so viel wie ein ordentliches Notebook.




Drei neue Businessphones von Swisscom im Vergleich


Fazit

Eines gleich vorweg: Alle drei getesteten Handys erfüllen die Ansprüche eines Business-Mobiltelefons zur Zufriedenheit. So dürften bei der Wahl für eines des Geräte wohl persönliche Präferenzen am stärksten zum Tragen kommen. Wer‘s kompakt mag und sich mit dem Tastatur-Konzept anfreunden kann, dürfte mit dem P1i glücklich werden. Wem hingegen die Grösse keine Rolle spielt und wer zudem riesige Displays mag, dem sagt wohl das Nokia-Gerät am meisten zu. Und wer gerne in gewohnter Umgebung arbeitet, wird sein Geld wahrscheinlich ins XPA 1615 mit seinem Windows-OS investieren. Dieses Gerät hat denn auch das Prädikat «Testsieger» erhalten –
nicht weil es die anderen Geräte aussticht, sondern vielmehr, weil das XPA wohl das ausgewogenste aller drei Geräte und ein guter Kompromiss zwischen Grösse, Funktionalität und angenehmer und flinker Bedienung ist.




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