Social Engineers gehen phishen
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2007/17
Phishing stellt ein Konzept für einen Angreifer dar, mit dem er auf einfache Weise eine grosse Zahl von Personen angreifen kann, ohne persönlich in Erscheinung treten zu müssen. Unter anderem deshalb stellt Phishing einen sehr beliebten Weg für Angriffe dar.
Das Konzept ist dabei das gleiche und lässt sich leicht erklären: Der Angreifer gibt sich dem potentiellen Opfer – zumeist per E-Mail – als eine vertrauenswürdige Person oder Organisation aus und versucht, dieses dazu zu bewegen, sensitive oder geheime Daten wie beispielsweise eine PIN oder Benutzernamen und Kennwort preiszugeben.
Dazu wird das potentielle Opfer in der Regel mit einer auf den ersten Blick sinnvollen Begründung angewiesen, eine scheinbar offizielle Webseite aufzurufen. Diese Webseite ist allerdings nur eine möglichst gute Kopie der originalen Webseite, die der Angegriffene vermeintlich aufruft. Dort werden dann die entsprechenden Daten abgefragt, nach erfolgreicher Eingabe erfolgt im Idealfall noch eine Weiterleitung auf die echte Webseite, so dass der Benutzer nicht einmal merkt, dass er zwei verschiedene Webseiten besucht hat.
So simpel dieses Verfahren ist, es steht und fällt mit der Wahrscheinlichkeit, dass ein potentielles Opfer einem Link folgt und eine gefälschte Webseite besucht. Es gibt inzwischen verschiedene Techniken, die solche Angriffe erkennen sollen:
- Die offensichtlichste Frage ist, warum man eine Webseite aufrufen sollte, deren Adresse offensichtlich nicht der gewünschten entspricht. Die einfachste Lösung für den Angreifer ist, einen Link in seine E-Mail zu integrieren, dessen Text eine andere URL anzeigt als die URL, auf die tatsächlich verwiesen wird. Der Anwender glaubt so, Seite A zu besuchen, ruft tatsächlich aber Seite B auf. Sofern er im Webbrowser nicht noch einen Blick auf die Adressleiste wirft, fällt ihm der Unterschied zwischen den beiden Adressen eventuell nicht auf. Allerdings ist ein technischer Schutz gegen diese Art des Angriffs sehr einfach zu implementieren – E-Mail-Programme müssen schlichtweg alle Links blockieren, deren Text von der tatsächlichen URL abweicht.
Nun könnte man sich fragen, wer auf Phishing überhaupt hereinfällt – schliesslich sind solche E-Mails doch eigentlich offensichtlich, ebenso wie Spam in 99,9 Prozent der Fälle sofort als solcher zu identifizieren ist. Doch es gibt Faktoren, die Benutzer immer wieder dazu verleiten, auf solche betrügerischen E-Mails hereinzufallen. Insbesondere gehören dazu: Arglosigkeit, Druck und Eile.
Ein wesentliches Element von Phishing-E-Mails ist, dass sie dem potentiellen Opfer vorgaukeln, dass der Absender in seinem Interesse handeln würde – sei es nun das vermeintliche Kreditinstitut, das aus Sicherheitsgründen den Account des Onlinebanking mit Hilfe von PIN und TAN verifizieren lassen muss, oder angeblich das Auktionshaus Ebay, das eine neue und ganz spezielle Sicherheitsfunktion freischalten will, um das Konto vor Betrügern zu schützen.
Die beiden oben bereits angesprochenen Aspekte Druck und Eile können von einem Angreifer zusätzlich genutzt werden, um einen unbedarften Anwender in die Enge zu treiben und ihn dazu zu veranlassen, eine präparierte Webseite aufzurufen.
Das prinzipielle Verfahren ist dabei so elementar, dass es sogar tagtäglich in der uns umgebenden Werbung eingesetzt wird: «Sensations-Angebot, nur gültig bis zum 31. Dezember 2007! Jetzt zugreifen!» oder ähnliches liest man allerorten. Marketingfachleute wissen, dass solche Slogans funktionieren, da sie die potentiellen Kunden damit locken können, noch ein Schnäppchen zu machen, bevor es vielleicht nicht mehr verfügbar ist. Zu gross ist die Angst vieler Menschen, ein gutes Angebot zu verpassen.
Übrigens – obwohl in diesem Artikel immer wieder die Rede von E-Mails war, die als Kommunikationsmittel für Phishing eingesetzt werden, so geschah dies nur exemplarisch. Phishing kann über fast alle Kommunikationsmedien stattfinden, von der E-Mail über Instant Messaging und Chat bis
hin zu Telefon- und sogar persönlichen Gesprächen. Hier heisst es also, ebenfalls entsprechend wachsam, skeptisch und argwöhnisch zu sein.
Insgesamt lässt sich Phishing – wie alle anderen Angriffe, die auf Social Engineering basieren – durch technische Massnahmen bestenfalls eindämmen, keinesfalls jedoch verhindern. Die einzige Lösung, die effektiv gegen Phishing wirkt, ist das Bewusstmachen der Gefahren, aber auch der Angriffstaktiken. Wer darüber Bescheid weiss und bei der Kommunikation mit Fremden nicht all zu leichtgläubig ist, sondern riskiert, lieber einmal zu vorsichtig zu sein als zu offen, der hat eine gute Basis, sich vor Social-Engineering-Angriffen zu schützen.
Es gibt einige Aspekte, die man als Anwender beachten kann, um die meisten Phishing-Mails als solche zu erkennen. Diese sind:
1. Keine seriöse Firma, sei es ein Kreditinstitut, ein Auktionshaus oder ein anderes Unternehmen, fordert ihre Kunden auf elektronischem Wege auf, persönliche oder sensitive Daten preiszugeben.
2. Keine seriöse Firma spricht ihre Kunden in der elektronischen Kommunikation mit der Anrede «Sehr geehrter Kunde» oder «Sehr geehrte Damen und Herren» an, solche Anreden sind immer personalisiert.
3. Keine seriöse Firma wickelt Geschäfte im Internet über eine ungesicherte Verbindung ab. Fast alle Firmen, die Sicherheit ernstnehmen, bieten entweder zusätzlich oder ausschliesslich eine HTTPS-gesicherte Verbindung an, sobald es darum geht, persönliche Daten zu übertragen.
4. Keine seriöse Firma schreibt in fehlerhaftem Deutsch. E-Mails, die im grossen Stil an Kunden versendet werden, werden in der Regel etliche Male korrekturgelesen, bevor sie verschickt werden. Sätze wie «Gutes Tag liebe Kunde» weisen auf einen Betrugsversuch hin.
5. Keine seriöse Firma verschickt Sicherheitsupdates per E-Mail. Diese werden – im Idealfall digital signiert – auf einem zentralen Server bereitgestellt, von dem entweder der Anwender oder die Software diese Aktualisierungen herunterladen kann.
Als letzten Punkt gibt es noch eine Kleinigkeit zu erwähnen: Man sollte sich angewöhnen, kritische Adressen per Hand einzugeben, sie nicht als Links in E-Mails anzuklicken und auch nicht als Favoriten abzuspeichern, da beide manipuliert werden können. Gibt man die Adresse statt dessen per Hand ein, so kann man einigermassen sichergehen, tatsächlich auf der Webseite zu landen, die man erreichen wollte.