Das sind die besten Schweizer ERP-Systeme

Die Zufriedenheit bestehender Anwender ist ein wichtiges Auswahl-Kriterium für Business-Software. Die jährliche i2s/Compress-Studie ermittelt die aktuellen Fakten für die Schweiz.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2004/18

     

Wie zufrieden sind die Anwender mit ihrer ERP-Lösung? Erneut wurde von InfoWeek zusammen mit den Experten der Zürcher Beratungs- und Marktforschungsfirma i2s die Befindlichkeit der Anwender von Business-Software am Schweizer Markt ermittelt. Mit einer Stichprobe von 823 installierten Systemen bei 756 verschiedenen Unternehmen konnte die Zahl der Umfrageteilnehmer gegenüber dem Vorjahr (449 Installationen bei 419 Unternehmen) fast verdoppelt werden. Das Ergebnis ist deutlich: Die Zufriedenheit der Anwender mit der sich bei ihnen im Einsatz befindenden Software ist im allgemeinen hoch. Gleichzeitig glänzen einige Namen mit Abwesenheit. Das heisst, dass sie sich nicht der Bewertung stellen können – oder wollen.





Anwenderzufriedenheit nach ERP-Systemen


2004: Konstanz und Qualität prägen den Markt

Wie schon im Vorjahr sind die Anwender im allgemeinen zufrieden mit den von ihnen eingesetzten Systemen. Konstanz und Qualität sind die wichtigsten Faktoren in einem etablierten Markt. Gleichzeitig zeigt sich aber wie schon im Vorjahr eine gewisse Vielfalt, denn insbesondere im Bereich von ERP-Systemen für kleinste sowie kleine bis mittelgrosse Unternehmen (KMU) teilen sich zahlreiche Systeme von verschiedenen Herstellern den Gesamtmarkt. Einzig im Segment von Software für grössere Firmen (ab 250 Mitarbeitende) ist das Angebot beschränkt, und der Markt wird vom Buchhaltungsspezialisten Abacus sowie vom ERP-Allrounder SAP klar dominiert. Erneut plazierten sich auch in diesem Jahr vor allem kleinere Systeme in den vordersten Rängen.
Dieser «Vorsprung der Kleinen» konnte auch bei den jüngst in Deutschland durchgeführten Untersuchungen festgestellt werden. Mit dem Unterschied allerdings, dass sich hier und dort andere Namen an der Spitze wiederfanden. Kleine Anbieter arbeiten meist regional und sind nur selten in mehreren Ländern aktiv. Dafür sind sie extrem kundennah und in aller Regel ausgesprochen flexibel, sowohl bei der Behandlung von Kundenwünschen als auch bei der Lösung von Problemen und Konflikten, die im Zusammenhang mit einem ERP-Projekt durchaus entstehen können.





Die grössten Probleme im Projekt


«Check Out» und «No Show» einiger Anbieter

Einen wesentlichen Verdienst am Erfolg der Studie haben die Anbieter selber. Sie wurden von den Initianten dazu aufgefordert, ihre Kunden zur Teilnahme an der Untersuchung anzuregen. Die Studie wird aktuell von einer Mehrheit der etablierten und marktdominierenden Anbieter unterstützt, auch wenn die zutage geförderten Ergebnisse nicht für alle gleich schmeichelhaft sind. Interessant ist daher primär die Frage, weshalb einige Anbieter völlig fehlen.
Dafür kann es verschiedene Gründe geben. So ist es einigen Anbietern offenbar trotz hohem Engagement nicht gelungen, eine ausreichende Anzahl von Kunden als Teilnehmer für die Untersuchung zu motivieren. Auf Grund der Qualitätsanforderungen an die Datenbasis konnten aus diesem Grund die Systeme von Avista-ERP, B2, Blending, BMS-Handel, iBaan und Sage nicht in die Bewertung einbezogen werden. Neben den «gelisteten» Systemen, die rund zwei Drittel der Teilnehmenden ausmachen, werden die mit einer unausreichenden Datenbasis vertretenen Systeme pauschal als «alle weiteren Systeme gemittelt» in den jeweiligen Portfolios dargestellt. Auffällig ist hier, dass in allen drei bewerteten Grössenportfolios diese Rest-Systeme stets unterdurchschnittlich abschneiden.





Ferner dürften vor allem Anbieter, die im letzten Jahr im linken unteren Quadranten der Bewertung aufgetaucht sind, es in diesem Jahr vorgezogen haben, ihr Produkt und ihre Leistungen nicht mehr durch die eigenen Kunden bewerten zu lassen und damit das Engagement von i2s zu unterstützen. Merkwürdig erscheint in diesem Zusammenhang das völlige Fehlen von Daten zu Axapta, Ramco und den Peoplesoft-Produkten Enterprise und EnterpriseOne – denn für diese existiert in der Schweiz erwiesenermassen ein Kundenstamm. Zu den weiteren grossen Abwesenden zählen aber auch Oracle mit seiner E-Business-Suite, SAP mit Business One sowie Semiramis. Hier muss man sich also die durchaus berechtigte Frage stellen, ob in der Schweiz tatsächlich ein Kundenstamm besteht, wie dies in zahlreichen Aussagen des Marketings immer wieder versichert wird.




Zufriedenheit mit ERP-Systemen im Bereich von Unternehmen mit bis zu 50 Mitarbeitenden



Zufriedenheit mit ERP-Systemen im Bereich von Unternehmen mit 51 bis zu 250 Mitarbeitenden



Zufriedenheit mit ERP-Systemen im Bereich von Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitenden


Bewertung in neuen Vergleichsgruppen

Der «Sieg der Zwerge» gegen die grossen und globalen Anbieter hat im vergangenen Jahr zu Kritik geführt: Wie kann man grosse und internationale Anbieter zusammen mit kleinen und regional ausgerichteten in einen Topf werfen? Problematisch erschien den Kritikern in dieser Hinsicht vor allem der Umstand, dass grössere Anwenderunternehmen die von ihnen genutzten Systeme im Schnitt deutlich kritischer beurteilen als dies kleine Anwender tun. Um hier einen besseren Überblick und eine höhere Repräsentanz zu erreichen, wurden die teilnehmenden Anwenderfirmen in drei Vergleichsgruppen (engl. «Peer Groups») eingeteilt, die aufgrund ihrer Unternehmensgrösse basierend auf der Mitarbeiterzahl ermittelt wurden. Die drei daraus resultierenden Portfolios werden von InfoWeek nun erstmals und exklusiv veröffentlicht. Die Darstellung der Ergebnisse erfolgt dabei als Abweichung zu den durchschnittlichen Zufriedenheitswerten innerhalb der Gruppe. So wird es heuer zum ersten Mal möglich, einen konkreten Vergleich innerhalb einer von der Unternehmensgrösse her vergleichbaren Datenbasis anzustellen.




Ziele bei der Eiinführung von Business-Software


«Best Practices» und «Worst Practices»

Was machen die Anbieter gut, was machen sie schlecht? Auch hier fördert die Studie viel Interessantes zutage. So weisen die beiden Tosca-Anwender Franziska Isler von Interhockey und Heinz Kaufmann von Simon Keller übereinstimmend auf die hohe Qualität der Berater ihres Anbieters hin. Ein gutes Problemverständnis, Branchen-Know-how sowie eine rasche Reaktionszeit seien insbesondere für KMU sehr wichtig, meint Isler. Anton Nideröst von Emil Stecher weist darauf hin, dass bei dem von ihm verwendeten System Steps Business Solutions die Masken so einfach und übersichtlich gestaltet seien, dass sich sämtliche Buchungen unter dem Einsatz von lediglich zwei Masken durchführen liessen.
Kritisch beurteilt wurden Personalwechsel seitens des Anbieters oder – wie Markus Höchli von Argolite moniert – der grosse Aufwand für gewisse Einstellungen, etwa in der Belegsteuerung. In vielen Fällen sorgen aber auch die Kosten für anhaltende Bauchschmerzen. Dieser Punkt taucht insbesondere bei SAP immer wieder auf. Ärger schaffen auch Release-Wechsel, die ohne irgendeinen betriebsinternen Grund nur durchgeführt werden müssen, weil der Anbieter den Kunden dazu «zwingt».


Keine Zeit der Kunden für die nötige Projektarbeit

Schlechte Bewertungen haben meistens eine komplexe Historie, die nicht immer einfach zu erklären ist. Oft wurde etwa beklagt, dass im eigenen Unternehmen der Aufwand und die Komplexität unterschätzt wurden, dass während der Implementierung Mitarbeiter des Projektteams ausgetauscht werden mussten und dass es an internen Ressourcen fehlte. So wird von weit mehr als der Hälfte der befragten Unternehmen ein zu knapper Zeitplan als eines der grössten Probleme im Projekt erkannt, direkt gefolgt vom Problem der Datenmigration. Gerade hier liegen die Vorstellungen vieler Anwender denn auch noch immer falsch: Technisch gesehen ist die Datenmigration heute zwar nur noch ein kleines Übel, als aufwendig erweist sich aber der interne Aufwand zur Bereinigung der Datenbestände. Dieser kann auch bei kleineren Unternehmen schnell einmal im Bereich von mehreren Personenjahren zu liegen kommen und wird während der Projektplanung kaum ernsthaft berücksichtigt, geschweige denn kalkuliert.
In vielen Fällen wurden auch der Aufwand für die Schulung der eigenen Mitarbeiter und die durchzuführenden organisatorischen Anpassungen – was man gemeinhin als Change-Management bezeichnet – unterschätzt.




Die wichtigsten Schweizer ERP-Hersteller nach Zielmarktgrösse





Die wichtigsten Schweizer ERP-Hersteller nach Zielmarktgrösse (Fortsetzung)


Business-Ziele stehen im Vordergrund

In den vergangenen Jahren wurde immer wieder diskutiert, ob ERP-Projekte eher den IT- oder den Business-Projekten zuzuordnen sind. Betrachtet man dabei die Ziele, die bei ERP-Einführungsprojekten in der Schweiz verfolgt werden, fällt die Antwort klar aus: ERP-Projekte sind eindeutig Business-Projekte. Deshalb müssen sie sich künftig immer mehr an Business-Zielen messen lassen. Der Weg dorthin ist aber noch weit. In den meisten Unternehmen werden die anfänglich definierten Ziele kaum quantifiziert – von einer exakten Erfolgsmessung ganz zu schweigen.


Die Köpfe hinter der Studie

Die Studie wurde von der Zürcher Beratungs- und Marktforschungs-Firma Intelligent Systems Solutions (i2s) in Zusammenarbeit mit den IT-Publikationen des Fachverlags Compress erstellt. i2s beschäftigt sich seit vielen Jahren mit dem Markt für Standardsoftware und konzentriert sich dabei insbesondere auf den Bereich von ERP-Systemen. i2s ist Teil des Kompetenznetzwerks IT-Matchmaker.com und führt regelmässig Marktstudien in den Bereichen ERP-Anwendung und -Einführung durch. Die Ergebnisse ihrer Research-Arbeit stellt i2s auf der Knowledge-Page www.changebox.info der Öffentlichkeit vor. Dort können verschiedene Informationen heruntergeladen werden. Hinter der Studie selbst steht ein interdisziplinäres Team, bestehend aus Beat Ottiger, Diplompsychologe und Web-Enthusiast, Valesko Wild, lic. oec. HSG mit internationaler Projekterfahrung, und Eric Scherer, Dr. sc. techn.
ETH und Strategieexperte im ERP-Umfeld.


Noch mehr Ergebnisse für Neugierige

Die Ergebnisse der kompletten ERP-Zufriedenheits-Untersuchung liegen in der Form eines ausführlichen Berichtes mit einem Umfang von ungefähr 100 Seiten vor. Dieser kann über die Web-adresse www.changebox.info/erpstudie bestellt werden und kostet als PDF-Datei 275 Franken und in der gedruckten Ausgabe 350 Franken (Preise zzgl. Mehrwertsteuer).


ERP-Zufriedenheit – eine Initiative für den gesamten deutschsprachigen Raum

Untersuchungen mittels Fragebögen haben Hochkonjunktur. Und gerade im Bereich von ERP werden viele Anwender von Studenten und anderen selbsternannten Propheten mit Fragebögen überhäuft. Die im Jahr 2003 von der Zürcher i2s lancierte Initiative «Anwender-Zufriedenheit ERP/Business Software» möchte hier einen Kontrapunkt setzen. Denn das erklärte Ziel ist es, neben den auf Funktionalität ausgerichteten Marktspiegeln und den weitgehend am Börsenmarkt orientierten Aussagen der Finanz- und Business-Analysten einen genauen Blick in das «Labor» der alltäglichen, betrieblichen Praxis zu werfen.





Ein zentrales Element der Initiative ist deshalb die länderübergreifende Durchführung. Die Studie wurde ebenfalls in Deutschland durchgeführt und ist für das Jahr 2005 auch in Österreich geplant. Wichtig ist auch die Kontinuität. Aus diesem Grund soll die Studie jährlich durchgeführt werden und so innert nützlicher Frist eine Langzeitanalyse erlauben. Ein weiterer Faktor ist Professionalität. Die Initianten sind selber Teil des grössten Netzwerks für ERP-Spezialisten (IT-Matchmaker.com) und verfügen teilweise über mehr als 15 Jahre Erfahrung aus zahlreichen Projekten. Grossgeschrieben werden soll aber auch die Unabhängigkeit. Die i2s-Studie wird allein aus den Einnahmen aus dem Verkauf des Berichtes finanziert. Ein Sponsoring durch Anbieter ist mit Bestimmtheit ausgeschlossen.






Von Anfang an war klar, dass der Begriff «Zufriedenheit» auch ein hohes Mass an Subjektivität beinhaltet und daher von einigen Anbietern und Anwendern als inhaltslos betrachtet werden könnte. Dennoch erlaubt die Studie einen Blick in die Praxis und ermöglicht eine Perspektive, die ungleich weiter ist, als wenn für einen Kaufentscheid alleine die auf Hochglanz polierten Referenzen der Anbieter zu Rate genommen werden. Durch die grosse Teilnehmerzahl von gesamthaft schon weit über 2000 Unternehmen erhalten die erhobenen Daten ihre Validität, die man zwar anzweifeln,
aber nicht vollständig negieren
kann.




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