Der Virus feiert Geburtstag
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2007/14
Der Juli 2007 markiert in der Geschichte der Computerviren ein Jubiläum: Vor 25 Jahren wurde der erste grosse Computervirus «in freier Wildbahn» entdeckt. Im Juli 1982 begann sich der Virus «Elk Cloner» auf Apple-II-Systemen zu verbreiten. Geschrieben wurde «Elk Cloner» von einem High-School-Studenten in Pittsburgh, der sich Rich Skrenta nannte und eigentlich bloss einen Jux machen wollte. Und da der Virus bloss dazu gedacht war, Skrentas Kommilitonen zu ärgern, hielt sich auch sein Schadenspotential in Grenzen: «Elk Cloner» infizierte zwar das Betriebssystem und kopierte sich selber auf Floppy Disks, zeigte ansonsten aber bloss ein, zwei poetische Verse an.
Im Jahr 1986 betraten dann die ersten Viren für IBM-PCs die Szene. Ganz ähnlich wie beim «Elk Cloner» wurden auch diese Viren von Teenagern programmiert, die nach Ruhm in der Hacker-Szene suchten. Sie wurden über Floppy Disks verteilt und waren allesamt nicht destruktiv. Über weite Teile der 80er Jahre blieb es bei diesen Grund-Charakteristika für Computerviren: Die Bedrohung und der mögliche Schaden waren minimal, Epidemien (noch im kleinen Sinne) waren selten.
Erst 1988 hat sich die Virenlandschaft zu ändern begonnen – dann aber gleich radikal. Das Internet, damals noch in den Kinderschuhen, setzte für die Hacker neue Grenzen und die Latte für die Suche nach Ruhm signifikant höher. Der berüchtigte «Morris»-Wurm war einer der ersten, der sich weitgehend über das Internet verbreitete und dabei weltweit massive Systemausfälle verursachte.
Seither haben sich die Bedrohungen für die Sicherheit von Rechnern in verschiedenen Erscheinungsformen weiterentwickelt. So haben etwa in EXE-Dateien eingebettete Viren zu den in Office-Dokumenten versteckten Makro-Viren geführt, begünstigt nicht zuletzt durch die hohe Popularität und weite Verbreitung von Microsofts Office. Die Makro-Viren wiederum sind die Vorläufer der Schädlinge, die sich ab den späten 90ern direkt per E-Mail verbreiteten.
Ein Beispiel dafür ist etwa «Melissa», eine verheerende Kombination von Virus und Wurm. Als einer der ersten Schädlinge durchforstete «Melissa» die Adressbücher von Outlook und sandte eine Nachricht mit einem infizierten Attachment an einige oder alle darin enthaltenen Adressen. Sobald der Empfänger das angehängte Dokument öffnete, wiederholte sich der Prozess.
Heute erinnert die Viren-Landschaft kaum mehr an ihre Wurzeln, an die Suche nach Ruhm in der Hacker-Szene. Die modernen Cyber-Kriminellen lassen sich nur noch durch Profite motivieren, und sie machen intensiven Gebrauch vom Internet als Medium für ihre unheilstiftenden Aktivitäten. Besonders populär sind derzeit etwa die Vermischung verschiedener Angriffstechniken, die zu einer wahren Flut von verschiedenen, schwer zu erkennenden Varianten führt, aber auch gezielte und regionale Angriffe. Derartige webbasierende Bedrohungen, zu denen Spyware und Phishing ebenso gehören wie Rootkits und Botnets, eröffnen ein gewaltiges Schadenpotential, wie beispielsweise
- Identitätsdiebstahl
Rainer Link ist Senior Security Specialist Anti-Malware bei Trend Micro.